Zur Zukunft Europas
Der französische Schriftsteller Jean Raspail publizierte im Jahr 1973 einen bemerkenswerten Roman mit dem Titel „Das Heerlager der Heiligen“, der 2015 erstmals vollständig übersetzt im deutschen Sprachraum erschien.[1]Er beschreibt die Entscheidung einer Million extrem verarmter Menschen Indiens, eine unbewaffnete Armada am Ganges aufzustellen, um ein reiches westliches Land zu erobern. Allein die unvorstellbare Anzahl fanatischer Eroberer versetzt die Welt in Angst und Schrecken, nur die Europäer sehen diesem Spektakel mit einer höchst neurotischen Angstlust zu. Die Odyssee findet letztlich ihr Ziel an der Côte d´Azur. Die Eliten Frankreichs verfallen schon Wochen vor dem Eintreffen der barbarischen Invasoren in ekstatische Verzückung: Die Medien schalten sich gleich und beginnen eine unerbittliche Indoktrination der Massen, die jegliche Kritik unterbindet. Die Aussätzigen der Dritten Welt werden als Erlöser der westlichen Kultur gepriesen, die politische Linke und die Kirchen stehen an vorderster Front des Kampfes gegen die französische Kultur. In den Schulen wird der „Rassismus“ der westlichen Zivilisation mit allen Mitteln bekämpft, um eine „Willkommenskultur“ zu erzeugen.
Der Präsident der Republik schreckt davor zurück, das Militär einzusetzen, um die Grenzen des Landes zu sichern. Er fürchtet, dass die anderen westlichen Regierungen ein militärisches Vorgehen gegen die „Verdammten dieser Erde“ (Franz Fanon) missbilligen würden und setzt damit Frankreich wehrlos den Horden der kulturellen Zerstörung aus. Die Armee der grand nation löst sich nach und nach auf, letztlich stoßen die Invasoren auf keinerlei Widerstand. Je näher sich die Flotte dem Festland nähert, umso mehr Menschen fliehen in die nördlichen Landesteile. Raspail erklärt dieses irrationale Verhalten der französischen Eliten und die kollektive demütige Hinnahme der Eroberung als Verfall des „allgemeinen Denkvermögens“: „Denn niemand war imstande, die bittere Wahrheit zu erkennen, auch wenn sie ihm unmissverständlich ins Gesicht starrte. Keinem einzigen kam der auf der Hand liegende Gedanke, dass die Gangesflotte der weißen Welt das erste Gefecht in einem gnadenlosen Rassenkrieg geliefert hatte und dass nun nichts mehr den Triumph ihrer Schwäche aufhalten konnte. Von nun an würde sie kein Pardon mehr geben.“[2]
Im Jahr 1973 mag dieser Roman als futuristische Apokalypse des globalen Konfliktes zwischen den reichen westlichen Staaten und den verarmten Gesellschaften der sog. dritten Welt gesehen worden sein. Aus heutiger Sicht liest er sich wie ein geniales Drehbuch der Flutung Europas mit Migranten aus dem Nahen Osten und Nordafrika. Wir sind natürlich nicht mit einem „Rassenkrieg“ konfrontiert, sondern mit einer drohenden islamischen Apokalypse Europas.
Der französische Schriftsteller Renaud Camus beschreibt diese Invasion muslimischer Migranten zu Recht als den großen ethnisch-religiösen „Austausch“: „…als ethnische und kulturelle Substitution, als demographische Überschwemmung, als Gegen-Kolonisation, als Eroberung Europas.“[3] Die reziproken demographischen Entwicklungen der indigenen und der eingewanderten Populationen sowie die anhaltende Flut neuer Migranten verändern viele europäische Gesellschaften irreversibel, d.h. die Einwanderung erfolgt nicht nach Maßgabe einer Integration, sondern stellt eine systemische koloniale Eroberung dar.
Die militärische Kolonialisierung durch die Europäer führte verständlicherweise zum antikolonialen Kampf, zu Befreiungskriegen gegen die Okkupanten. Die heutigen Kolonialisten überschwemmen Europa hingegen als Opfer des Imperialismus und des Rassismus, d.h. als legitime Avantgarde der Zerstörung der europäischen Zivilisation. Die europäischen Eliten rufen jedoch zu keinem antikolonialen Kampf aus, sondern verfallen in eine hysterische Begeisterung angesichts ihres kulturellen und nationalen Suizids. Der europäische Selbsthass entspringt jedoch nicht nur dem schlechten Gewissen im Hinblick auf die koloniale Vergangenheit, sondern trägt geradezu pathologische Züge. Renaud Camus umschreibt diese Aspekte als die „Zweite Karriere des Adolf Hitler“.[4] Diese „Gutmenschen“ sind vom „Faschismus“ offensichtlich derart traumatisiert, dass sie jegliche nationale und kulturelle Identität zerstören müssen, um scheinbar einen Rückfall in die dunklen Zeiten Europas zu verhindern. Leider übersehen sie in ihrer Verblendung, dass sie denselben „Faschismus“ wie ihre Väter und Großväter unterstützen – nur in seiner islamischen Variante. Nicht nur der radikale Islam, sondern auch der orthodoxe vertritt einen extremen Judenhass, der direkt aus dem Koran stammt: Die Juden haben Gottes Bund gebrochen, die Propheten getötet, sie lügen und haben Gottes Wort verfälscht, sie sind vertragsbrüchig, nehmen Wucher, rauben Geld, sie glauben nicht an das Jenseits, wegen ihres Ungehorsams hat Gott Affen und Schweine aus ihnen gemacht.[5] Der Islamwissenschaftler Manfred Schlapp beschreibt Allahs Strafe für Juden und andere Ungläubige drastisch: „Für derartige Unholde hat Allah sieben Höllen geschaffen, in denen sie wie Hähnchen auf Spieße gesteckt und in der Höllenglut geröstet werden. Im Speziellen ist diese höllische Grillstation für Juden, Christen und Polytheisten reserviert. Mögen sie auch im Diesseits heil davon gekommen sein, der jenseitigen Strafe entrinnen sie nicht!“[6]
Doch sämtliche kritische Hinweise über die Unvereinbarkeit des orthodoxen Islam mit Demokratie und Menschenrechten fruchtet bei den Vertretern der „Fremdenliebe“ nichts. In ihrer neurotischen Fixierung auf die Vergangenheit kreieren sie ein Weltbild, in dem alles Fremde einen positiven Wert darstellt. Das Eigene wird radikal abgewertet und soll letztendlich ausgelöscht werden: Aus dem neurotischen Selbsthass entsteht eine unbewusste Selbstvernichtungsphantasie. In dieser quasi-religiösen Kollektivneurose nimmt der Migrant den Status des Unantastbaren ein, dessen empirische Erscheinung nicht thematisiert werden darf. Die Rollen sind eindeutig definiert: Die Migranten werden zu neuen Heilsbringern stilisiert, an denen die Vernichtung der europäischen Juden gesühnt werden soll. Jede kritische Hinterfragung der fehlgeschlagenen Integration, sei es die Integrationswilligkeit von Migranten oder die Frage nach dem Gewaltpotential der islamischen Religion, gibt diesen sinnlosen Akt einer von niemandem eingeforderten Wiedergutmachung sofort der Lächerlichkeit preis.
Vor diesem Hintergrund einer wahnwitzigen Gesellschaftspolitik können die muslimischen Einwanderer und die islamischen Organisationen ihr Ziel einer umfassenden Islamisierung relativ einfach erreichen. Das Ziel des Islam ist universalistisch: Mit den Mitteln des Djihad soll der Islam zur globalen Herrschaft gelangen, andere Religionen müssen zumindest unterdrückt werden, letztlich muss jedoch die gesamte Welt islamisch werden. Einen dauerhaften Frieden zwischen der Welt des Islam und den Ungläubigen kann es nicht geben. Der Islamwissenschaftler Bassam Tibi charakterisiert den politischen Islam folgendermaßen: „Der vom Islam angestrebte Weltfriede gilt als höchstes Ziel, das natürlich die weltweite Verbreitung des Islam voraussetzt. Das bedeutet, dass ein Ende des Krieges erst dann möglich sein wird, wenn die gesamte Menschheit zum Islam konvertiert ist oder sich seiner Dominanz als geschützte Minderheit unterworfen hat. Der islamische Weltfriede ähnelt in seiner Eschatologie der marxistischen Lehre vom Frieden in der klassenlosen Gesellschaft.“[7] In der islamischen Theologie wird die Eroberung der nicht-muslimischen Welt durch Migration als die Hidschra bezeichnet, deren historisches Vorbild die Auswanderung des Propheten und seiner Anhänger von Mekka nach Medina samt der Durchsetzung des Islam in Medina ist.
Die gegenwärtige islamische Masseneinwanderung nach Europa verdankt sich der Selbstzerstörung der islamischen Zivilisation in Nordafrika und im Nahen Osten. Die überwiegende Mehrzahl der Migranten sind Männer zwischen 20 und 40 Jahren, die nur die Vorhut eines kommenden Familiennachzugs darstellen. So werden aus anderthalb Millionen Zuwanderern nach Deutschland im Jahr 2015 mittelfristig sieben bis acht Millionen Migranten. Langfristig wird sich das Gesicht Europas radikal verändern: Viele indigene Europäer werden die Erfahrung machen, dass sie auf eigenem Boden zur Minderheit geworden sind: „Es könnte nämlich sein, dass in ein bis zwei Generationen, wenn die Minderheiten die alteingesessenen Deutschen, Holländer oder Franzosen zumindest in einigen Teilen dieser Länder zahlenmäßig überrundet haben, sinnvolle Integrationsdiskussionen nicht mehr möglich sind; denn wer Minderheit im eigenen Land geworden ist, kann von der Mehrheit nicht mehr ohne weiteres verlangen, dass sie sich dem eigenen Lebensstil anpasst, dass sie die Sprache lernt und die alten Gesetze akzeptiert. Dann müssen sich die Alteingesessenen in die veränderte Gesellschaft integrieren.“[8]
Im Ergebnis wird es zu einer unvorstellbaren Migration kommen: Hamed Abdel-Samad prophezeit eine düstere Vision für Europa: „Der Untergang der islamischen Welt bedeutet, dass die Migrationswellen Richtung Europa zunehmen. Entweder wird man den Neuzugewanderten die Pforten öffnen müssen oder sie im Mittelmeer ertrinken lassen … Junge Muslime, die vor Armut und Terrorismus flüchten, werden auch die Konflikte ihrer Heimatländer mit nach Europa tragen. Europa stellt für sie zwar eine Hoffnung in der Krise dar, doch befreien können sie sich nicht von ihren alten Feindbildern. Sie werden in einen Kontinent einwandern, den sie innerlich verachten und für ihre Misere verantwortlich machen … Die privatisierte Gewalt, die im Untergang ihrer Staaten entstanden ist, wird sich somit nach Europa auslagern … Sollte die islamische Welt tatsächlich untergehen, könnte sich auch Spenglers Prophezeiung über den Untergang des Abendlandes bewahrheiten.“[9]
Die Europäische Union hat in dieser europäischen Flüchtlingskatastrophe wieder einmal grandios versagt: Weder ist sie in der Lage, die Außengrenzen entsprechend dem Vertrag von Schengen zu schützen, noch kann sie die territoriale Zuordnung der Migranten nach den Dubliner Verträgen durchsetzen. Da die Asylgesetze weitgehend durch die Europäische Union geregelt sind, verlieren viele EU-Staaten ihren territorialen Schutz und somit ihre Fähigkeit, im Ernstfall ihre Souveränität im Fall einer Masseninvasion zu verteidigen.
Das Monster EU (Hans-Magnus Enzensberger) wird in den Augen vieler europäischer Bürger weiter an Legitimation verlieren und auf lange Sicht seinen schleichenden Tod erleben. Damit dürfte die letzte Utopie Europas zu Grabe getragen werden: Aus dem multikulturellen Traum wird vielmehr ein islamischer Albtraum, Europa droht weitgehend eine kontinentale Libanonisierung: eine ethisch-religiöse Zerstückelung, die an die Zeit des dreißigjährigen Krieges (1618-1648) erinnert.
Nur wenige Staaten in Europa können sich der Islamisierung weitgehend entziehen. Es sind vor allem Länder, die bis zum Zusammenbruch des Kommunismus von der Globalisierung nicht betroffen waren und deshalb auch keine islamische Zuwanderung verzeichneten. Diese mitteleuropäischen Nationen könnten aus den Fehlern der EU lernen und eine neue europäische Gemeinschaft bilden. Den Kern dieses neuen Zusammenschlusses würden die Staaten der Visegrád-Gruppe bilden: In Visegrád wurde am 15. Februar 1991 das Abkommen von den damaligen Gründerstaaten Polen, Ungarn und der Tschechoslowakei beschlossen, um die Voraussetzungen zu schaffen, nach dem Zusammenbruchs des Kommunismus enger zusammenzuarbeiten. Es blieben jedoch nur hehre Absichten, in der politischen Realität hatte die Integration in die EU für alle diese Staaten höchste Priorität. Erst in der Flüchtlingskrise besinnt sich die Staatengruppe auf ihre gemeinsamen Interessen: die Verhinderung einer Islamisierung.
Diese mittlerweile vier Staaten – nach Teilung zwischen Tschechien und der Slowakei im Jahr 1992 – weisen einen sehr geringen Anteil von Muslimen in ihren Bevölkerungen auf und bieten die Voraussetzung, die alte Mitteleuropa-Idee unter geänderten Voraussetzungen neu zu beleben. Diese Gruppe könnte um Österreich, Slowenien und die baltischen Staaten – Estland, Lettland und Litauen – erweitert werden. Darüber hinaus wäre auch ein Anschluss der deutschen Freistaaten Bayern und Sachsen vorstellbar, wo in einschlägigen Kreisen eine Sezession von Deutschland schon heute thematisiert wird.
Diese Nationen könnten Kern eines wieder erstarkenden Europas sein, das sich auf seine historischen, kulturellen, religiösen und philosophischen Grundlagen besinnt und seinen drohenden Untergang ernsthaft versucht aufzuhalten. Wie weit dieses mitteleuropäische Modell für andere Regionen Europas ein Vorbild sein könnte, sei dahingestellt: Die Zukunft eines abendländischen Europas dürfte jedoch in der Sezession liegen.
(05.12.2015/31.08.2016)
Anmerkungen:
[1] Raspail, Jean, Das Heerlager der Heiligen, Schnellroda 2015.
[2] Ders., S. 190.
[3] Camus, R., Révoltez-vous, im Selbstverlag 2015 erschienen. Deutsche Übersetzung von Matin Lichtmesz. Deutsche Ausgabe in Vorbereitung des Verlags Antaios, Ms. S. 1.
[4] Ders. S. 5.
[5] Vgl. Ley, M., Selbstmord des Abendlandes. Die Islamisierung Europas, Osnabrück 2015, S. 92.
[6] Schlapp, M., Islam heisst nicht Salam, Zürich 2015, S. 278.
[7] Tibi, B.: Kreuzzug und Djihad, München 1999, S. 80.
[8] Ders., S. 224.
[9] Abdel-Samad, H.: Der Untergang der islamischen Welt, München 2010, S. 230.