Gangs of New York – die Ziele der neoliberalen Migrationspolitik
Überalterung und Bevölkerungsrückgang in Europa. Sozialer und demographischer Druck in den muslimischen Ländern. Multikulturalismus und Asylkrise. War die „Willkommenspolitik“ wirklich eine einsame Entscheidung der Kanzlerin in Berlin? Was sind die Konzepte der kapitalistischen Eliten zu diesen Fragen?
In der medialen Darstellung ist auf die plötzliche „Flüchtlingswelle“ von 2015 eine Welle der Hilfsbereitschaft ausgebrochen, an deren Spitze sich eine humanitär motivierte Angela Merkel gesetzt hat. Tatsächlich werden in transatlantischen Netzwerken, exklusiven EU-Seilschaften und superreichen Stiftungen schon seit Jahren Pläne für eine verstärkte Migration nach Europa gewälzt. Öffentlich argumentiert mit Demographie und angeblichen ökonomischen Vorteilen geht es im Hintergrund um grundsätzliche Perspektiven der EU und um Interessen der herrschenden Kapitalist/inn/enklasse. Wichtig dabei ist auch der Vergleich mit und die Verbindung zu den USA.
Insbesondere in den 1980er Jahren diskutierten Marxist/inn/en die Frage, warum sich in den USA (trotz heftigster Arbeitskämpfe) keine Arbeiter/innen/bewegung und kein Sozialstaat wie in Europa entwickelt hatten. Als Antworten wurden verschiedene Aspekte formuliert. Darunter war die in Europa stärkere Frontstellung zur Sowjetunion und die damit verbundene Notwendigkeit für die Kapitalist/inn/enklasse, die hiesigen Arbeiter/innen/n nicht zur sehr in Richtung Revolution zu drängen. Als weiterer Aspekt wurde die lange immer weitere verschobene Siedlungsgrenze („Frontier“) genannt, also die Möglichkeit der USA, sozialen und demographischen Druck in das „freie“ Land im Westen abzulassen. Als wichtiges Argument wurde auch die immer wieder erneuerte und nachhaltige ethnische Fragmentierung der US-Gesellschaft vorgebracht, die eine stabile Solidarität der Lohnabhängigen erschwert beziehungsweise verhindert hätte.
Transatlantische Netzwerke
Das letztgenannte Argument dieser Diskussion lohnt es, im Hinterkopf zu behalten, wenn wir die aktuelle demographische Situation und die Zuwanderungspolitik in Europa betrachten. Das gilt umso mehr angesichts der Tatsache, dass die USA nicht nur seit 1945 die Führungsmacht in der NATO und kapitalistische Hegemonialmacht sind, sondern dass sie auch das seit den 1980er Jahren vorherrschende kapitalistische Modell des Neoliberalismus federführend vorangetrieben haben. Und schließlich sind die führenden Kapitalist/inn/en, Politiker/innen, Militärs und Medienmacher Deutschlands und der EU ganz eng mit ihresgleichen in den USA vernetzt.
Einige dieser Netzwerke seien hier genannt, nämlich die Atlantik-Brücke beziehungsweise das American Council on Germany, die Trilaterale Kommission, der European Round Table of Industrialists und das Atlantic Council. In sämtlichen dieser Strukturen sitzen Vertreter/innen von Großkonzernen mit Politiker/innen und teilweise auch NATO-Leuten und Chefitäten von Medienkonzernen zusammen. Sie beraten dort – Details werden in der Regel nicht öffentlich – kaum über Tagespolitik, sondern über strategische Fragen und grundlegende Ausrichtungen der großen imperialistischen Mächte.
Beginnen wir mit der Atlantik-Brücke, gegründet 1952 zur festen Bindung der BRD an USA und NATO. In ihrer Selbstdarstellung heißt es: „Die Atlantik-Brücke ist ein gemeinnütziger, privater und überparteilicher Verein, der das Ziel hat, eine Brücke zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten zu schlagen. (…) Zielgruppe sind deutsche und amerikanische Entscheidungsträger aus Wirtschaft, Politik, den Streitkräften, der Wissenschaft, den Medien und der Kultur, die bei der Atlantik-Brücke einen Rahmen für vertrauliche Gespräche finden, aber auch Nachwuchsführungskräfte, die auf den ‚Young Leaders‘-Konferenzen Netzwerke schmieden und den transatlantischen Dialog in der kommenden Generation lebendig halten. (…) Die rund 500 Mitglieder der Atlantik-Brücke kommen vorwiegend aus der Wirtschaft, der Politik, der Wissenschaft und den Medien. Die Mitgliedschaft erfolgt auf Einladung.“ Zu diesem erlauchten Kreis um den Vorsitzenden Friedrich Merz (CDU) gehören unter anderen Bundeskanzlerin Angela Merkel, Vertreter von SPD, FDP und Grünen (nämlich Katrin Göring-Eck-hardt, auf die wir bei unserem Thema noch stoßen werden), Spitzenmanager/inn/en der Bundesbank, der Deutschen Bank, der Daimler AG, der Audi AG, von Thyssen-Krupp, von Airbus, von Hewlett-Packard, Goldman Sachs und General Electric, US-Botschafter in Deutschland, Vertreter der deutschen Gewerkschaften und Figuren wie Wolfgang Ischinger (Organisator der „Sicherheitskonferenz“ in München), Kai Diekmann vom Springer-Medienkonzern oder Sonja Lahnstein-Kandel, die praktischerweise gleich IWF, Weltbank und die berüchtigte Bertelsmann-Stiftung vertritt, mit der wir uns hier noch auseinander setzen werden. Das American Council on Germany ist das Pendant zur Atlantik Brücke auf der anderen Seite des Atlantiks, umfasst etwa 800 Personen von beiden Seiten des Atlantiks und hat enge Beziehungen zum Council of Foreign Relations, einer privaten „Denkfabrik“, die eine herausragende Funktion bei der Ausarbeitung der US-Außenpolitik einnimmt.
Die Trilaterale Kommission wurde 1973 auf Initiative von David Rockefeller gegründet. Sie versteht sich als private, politikberatende Denkfabrik mit dem Ziel einer verbesserten Zusammenarbeit der Führungskräfte der Wirtschaftsblöcke Westeuropa, Nordamerika und Japan. Sie wird finanziert durch Mittel aus Stiftungen, Unternehmen und privaten Zuwendungen. Fünf Mal im Jahr werden jeweils dreitägige Meetings abgehalten. Der Vorsitzende des europäischen Teils ist Jean-Claude Trichet, der ehemalige Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB). Insgesamt besteht die Kommission aus etwa 400 sehr einflussreichen Mitgliedern: deutsche Kapital-Vertreter von Deutsche Bank, Commerzbank, Daimler AG, BMW, Henkel, EON, Thyssen-Krupp oder der Deutschen Bahn, zusätzlich Friedrich Merz von der Atlantik-Brücke sowie der SPD-Vertreter in der Atlantik-Brücke, natürlich auch der erwähnte Ischinger als NATO-Mann oder ein Vertreter der Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ). Berühmte Mitglieder der Kommission waren auch schillernde Figuren wie Robert McNamara (Präsident von Ford, der Weltbank und US-Verteidigungs-minister) und Strategen der US-Welthegemonie wie Zbigniew Brzezinski, Henry Kissinger und Paul Wolfowitz. Heute sehr umtriebig in der Kommission ist auch Peter Sutherland, ehemals EU-Kommissar für Wettbewerb, Generaldirektor der Welthandelsorganisation (WTO) und Aufsichtsratsvorsitzender von Goldman Sachs, mit dem wir in diesem Beitrag noch zu tun haben werden.
Der European Round Table of Industrialists (ERT) wurde 1983 gegründet und umfasst 50 führende Manager/innen der größten Konzerne Westeuropas, die dazu eingeladen werden. Aus Österreich ist das lediglich der Chef der VoestAlpine, aus der Schweiz Manager von ABB, Nestle und Hofmann-La Roche, aus Deutschland von BASF, Bosch, Deutsche Telekom, Thyssen-Krupp, Siemens, SAP, BMW, adidas und EON. Ziel ist es, Europa im Sinne der großen Konzerne zu gestalten, nationale Vetos abzuschaffen etc. Dabei will sich der ERT nicht mit Details befassen, sondern die zentrale Ausrichtung „mitbestimmen“ und dazu mit EU-Kommission und EU-Parlament in „engem Kontakt stehen“. Der ERT ist damit eine der wichtigsten Lobby-Strukturen in der EU.
Das Atlantic Council wurde 1961 in Washington gegründet. In dieser „Denkfabrik“, die letztlich ein PR-Apparat ist, ist die transatlantische Elite versammelt, zu den Beratern gehör(t)en Spitzenbanker Josef Ackermann, die Chefs der Rüstungskonzerne Lockhead Martin und EADS, der „Medienzar“ Rupert Murdoch und berüchtigte Figuren wie der erwähnte Zbigniew Brzezinski. Zu den Hauptsponsoren des Councils zählen Airbus, Chevron, die Deutsche Bank und Lockhead Martin, außerdem der globale „Vermögensverwalter“ Blackstone, der Waffenhersteller Raytheon und Coca Cola. Dazu kommen Gelder von Stiftungen wie Bertelsmann, Carnegie und Rockefeller sowie die Regierungen der USA, Kanadas, Großbritanniens, Kuwaits und der Vereinigten Arabischen Emirate. Weitere Gelder fließen dem Council von der NATO und der EU-Kommission zu. Wer das Council leitet, steigt danach häufig direkt in die US-Regierung auf. Das Council koordiniert, wie Mathias Bröckers und Paul Schreyer in „Wir sind die Guten“ ausführen, den öffentlichen Konsens, der beinhaltet, dass Freihandel, Globalisierung und ihre Ausdehnung gut sind und (auch militärisch unterstützt) ausgeweitet werden müssen. Ziel ist es, die intellektuelle Hegemonie in diesen Fragen zu erhalten. Dazu werden ununterbrochen Konferenzen und Gespräche mit Politiker/inne/n, Militärs, „Experten“ und Journalist/inn/en organisiert, um die Interessen der Sponsoren zur herrschenden Meinung zu machen. Das Council bietet dabei auch „Hilfsstellung“ für Journalist/inn/en, indem es zu diversen Themen zitierfähige „Experten“ vermittelt, oftmals ehemalige US-Botschafter, ehemalige NATO-Mitarbeiter oder Vertreter CIA-naher „NGOs“. Beim Council darf die deutsche Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen stolz eine Antrittsrede oder Merkel eine Laudatio halten. Das Council vergibt jährlich Auszeichnungen an Figuren, die sich um die Ziele der transatlantischen Elite verdient gemacht haben – so zum Beispiel 2014 an den scheidenden EU-Präsidenten Jose Manuel Barroso, der die Auszeichnung dankbar als „Oskar der Außenpolitik“ bezeichnete. Im Fall des Atlantic Council ist ein privater Lobbyverein vollständig mit der Politik verschmolzen.
Veröffentlichte Meinung und US-Modell
Diese Netzwerke haben entscheidenden Einfluss auf die veröffentlichte Meinung. Für Deutschland hat Uwe Krüger in seiner Dissertation ein Meinungskartell identifiziert, das von den Journalisten von vier „Qualitätszeitungen“ bestimmt wird: Josef Joffe (Die Zeit), der auch in der Atlantic Brücke, dem American Council on Germany und in der Goldman-Sachs-Stiftung aktiv ist; Klaus-Dieter Frankenberger (FAZ), Mitglied der Trilateralen Kommission und Referent beim American Council on Germany; Stefan Kornelius (Süddeutsche Zeitung), Moderator und Referent beim American Council on Germany und im Präsidium einer „Deutschen Atlantischen Gesellschaft“, die ihre Aufgabe ganz offen darin sieht, die Bestrebungen der NATO „zu unterstützen“; und Michael Stürmer (Welt), der enge Kontakte zu einer Open Society Foundation des US-Multimilliardärs George Soros, der die US- und NATO-Politik in Osteuropa ebenso ideologisch unterstützt wie Multikulturalismus und Massenzuwanderung, sowie zum Bundesnachrichtendienst und zu einem ehemaligen US-Botschafter hat.
Die gemeinsame Linie dieser Herrschaften ist die, dass man in einer gefährlichen Welt mit neuartigen Bedrohungen lebe, gegen die der Westen weltweit vorgehen müsse, wozu zwingend ein starkes Bündnis mit den USA und verstärkte Aufrüstung in Deutschland gehören; leider müsse das skeptische Volk von all dem erst noch überzeugt werden. Und die BILD-Zeitung, die laut dem ehemaligen SPD-Minister Andreas von Bülow von der CIA mit sieben Millionen Dollar gegründet wurde, hat überhaupt gleich im Redaktionsstatut als Grundsatz festgeschrieben: „Die Unterstützung des transatlantischen Bündnisses und die Solidarität in der freiheitlichen Wertegemeinschaft mit den Vereinigten Staaten von Amerika.“
Auf das Aufzeigen dieser Netzwerke und Seilschaften kontern ihre medialen Adjutanten, bis hinein in die so genannte „Linke“, routinemäßig mit dem Vorwurf „Verschwörungstheorie“. Das ist eine NLP-mäßige Reaktion. Es wird so versucht, die Sache auf eine andere Ebene zu bringen und der eigentlichen Frage auszuweichen. Aber diese Reaktion zeigt letztlich die inhaltliche Schwäche ihrer Proponent-/inn/en. Sie müssen empört Staub aufwirbeln, um die Sicht auf die Fakten zu verstellen. Dagegen, wer mit wem in den transatlantischen Netzwerken zusammensitzt und wie sich das in der veröffentlichten Meinung widerspiegelt, haben sie keine Argumente. Oder was denken diese Leute, was im Atlantic Council, in der Trilateralen Kommission, im ERT und in der Atlantik-Brücke diskutiert wird? Trinken diese „Entscheidungsträger“ dort nur Tee, um sich gemeinsam zu entspannen? Wohl kaum.
Höchstwahrscheinlich wird dort nicht über konkrete Gesetzesentwürfe oder andere Details der Tagespolitik gesprochen, sondern über grundsätzliche Fragen imperialistischer Politik. Im Vordergrund stehen vermutlich, soweit man verschiedenen Berichten entnehmen kann, die weitere Forcierung des Neoliberalismus, die Stärkung der offensiven Politik der NATO gegenüber Russland und China und die ideologische Absicherung von all dem. Dabei geht es auch um Klassenkampf, nämlich von dem von oben, wie nämlich die neoliberale Deregulierung immer mehr gegen die Lohnabhängigen durchgesetzt werden kann.
Keine Frage, dass die transatlantischen „Entscheidungsträger“ schon vor 2015 so grundsätzliche Fragen wie die demographische Entwicklung Europas und die Zuwanderungspolitik besprochen haben und das sicherlich auch in Kombination mit der Durchsetzung der neoliberalen Deregulierung. Und da sie „Transatlantiker“ sind, werden sie definitiv soweit denken können, die Situation in Europa mit der in den USA zu vergleichen.
Was das US-Modell betrifft, sind sich Sozialwissenschaftler/innen heute weitgehend einig, dass die ethnische Fragmentierung entscheidende Auswirkungen auf die sozialen Verhältnisse hat. Britta Grell und Christian Lamert fassen 2013 in ihrer Einführung „Sozialpolitik in den USA“ zusammen: „Die ethnische Fragmentierung und insbesondere der Rassismus haben so verhindert, dass ein breiter gesellschaftlicher Konsens für einen ausgebauten Wohlfahrtsstaat entstehen konnte. (…) Insbesondere die Zersplitterung der Arbeiterschaft in unterschiedliche Migrantengruppen und Communities hat nach Ansicht vieler Historiker dazu geführt, dass von der Arbeiterbewegung der USA kein bedeutender sozialrevolutionärer Druck ausgegangen ist. (…) So konnte die Arbeiterklasse kein Gegengewicht zum dominanten Prinzip des Individualismus auf-bauen, weil das Proletariat in den USA im Gegensatz zu vielen europäischen Ländern kein homogenes Ganzes bildet, sondern in streng voneinander getrennte ethnische und religiöse Gruppen zerfiel. Das hatte auch weitreichende Konsequenzen für den Aufbau sozialer Sicherungssysteme.“
Wie ist nun die US-Bevölkerung ethnisch strukturiert? Von den 309 Millionen Einwohner/inne/n der USA (Zensus 2010) sind 53 Millionen Hispanics (stammen also aus verschiedenen lateinamerikanischen Ländern – 17 Prozent) und 39 Millionen Afroamerikaner/innen (13 Prozent); beide Gruppen leben relativ stark separiert. Während die „Indianer“ mit knapp 1 Prozent und die Juden/Jüdinnen mit gut 2 Prozent numerisch keine Rolle spielen, hat die Einwanderung aus asiatischen Ländern zuletzt immer mehr, auf aktuell etwa 6 Prozent, zugenommen und es sind wachsende chinesische, indische und arabische, hinduistische und muslimische Communities entstanden. Was die Bevölkerungsgruppen betrifft, die ihre Wurzeln in Europa habe, so sind diejenigen, die aus Italien (17 Millionen oder 6 Prozent), dem Balkan oder aus Osteuropa stammen, nicht wirklich in die weiße Mehrheitsbevölkerung integriert, sondern sie bleiben vergleichsweise stark unter sich; das gilt abgeschwächt auch für die Ir/inn/en (36 Millionen). Im Gegensetz zur Legende vom Melting Pot (Schmelztiegel) leben die Ethnien in Wirklichkeit weitgehend nebeneinander, wie der Historiker und Präsidentenberater Arthur Schlesinger in seinem bekannten Buch „The Disuniting of America – Reflections on a Multicultural Society“ bereits 1991 beklagte und darin auch von einer Entwicklung in Richtung einer multitribalen Gesellschaft sprach. Am ehesten hat sich eine einheitliche US-amerikanische Bevölkerung noch aus denjenigen formiert, deren Vorfahren aus England (27 Millionen), Deutschland (50 Millionen), Skandinavien (10 Millionen) und den Niederlanden (3 Millionen) stammen, wobei Skandinavischstämmige nebenbei immer stolz auf ihre Herkunft waren, die Deutschstämmigen ihre Herkunft seit dem Ersten Weltkrieg oft versteckten, sich aber seit 1990 wieder verstärkt dazu bekennen.
Beim Versuch, den Neoliberalismus immer mehr durchzusetzen, die Welt und Europa nach den Interessen der großen Konzerne zu gestalten und dabei den „freien Markt“ von sozialen und nationalstaatlichen Schranken zu befreien, muss für die Herrschaften, die in „Denkfabriken“, Lobbyvereinen und Netzwerken zusammensitzen, dieses US-Modell als Perspektive für Europa sehr verlockend sein. Angesichts von sinkenden Geburtenraten und Bevölkerungsrückgang in Europa brauchen die Strategen der herrschenden Klasse nur noch 1 und 1 zusammenzählen. Sie haben aktuell die Chance, durch die „richtige“ Einwanderung nach Europa die ethnische Zusammensetzung der Bevölkerung nachhaltig zu verändern, und sie arbeiten daran.
Die Pro-Migrationsagenda der EU
Bereits 2005 hat die EU einen „Gesamtansatz für Migration und Mobilität“ beschlossen, der eine ver-stärkte legale Migration nach Europa ermöglichen sollte und im Zuge dessen auch mit etlichen Ländern (etwa mit Marokko, Tunesien, Äthiopien…) so genannte „Mobilitätspartnerschaften“ abgeschlossen wurden. Gleichzeitig nahm die illegale Migration via Nordafrika zu. In einem vertraulichen internen Bericht von Europol und Frontex war schon 2010 davon die Rede, dass jährlich 900.000 Migrant/inn/en illegal in die EU kamen (insgesamt hatte die EU – laut einem Bericht der EU-Kommission aus dem Jahr 2015 – von 2003 bis 2014 eine Nettozuwanderung von etwa 1,8 Millionen pro Jahr). Als es 2013 vor Lampedusa zu dem Unglück mit etwa 390 Toten kam, reagierte Italien mit der Rettungsmission Mare Nostrum, die pro Monat 9,3 Millionen Euro kostete und durch die 2014 etwa 150.000 Migrant/inn/en nach Europa gebracht wurden. Ersetzt wurde Mare Nostrum schließlich durch die EU-Operation Triton. Offiziell auch zur Schlepperbekämpfung gedacht, war sie – da die Schlepper ja nicht in den Booten saßen – de facto eine Operation zur Abwicklung illegaler Einwanderung. Eine Analyse des italienischen Militärs konstatierte Ende 2014 bitter, dass die Operation nur „die nordafrikanischen Schlepper mästet“.
Allein der größte Schleuserring um Ermias Ghermay, dem vor allem Äthiopier, Ägypter und Tunesier angehören, soll bis Sommer 2015 etwa 270.000 Personen nach Europa gebracht haben, die durchschnittlich über 6.000 Euro dafür bezahlten. Die Schlepper kooperieren in Libyen mit islamistischen Milizen und auch der „Islamische Staat“, soll (nachdem ihm die russische Luftwaffe die Erdölexporte in die Türkei zusammengebombt hat) laut „Time“ daran gewesen beteiligt sein und bis zu 323 Millionen Dollar daran verdient haben. Voraussetzung dafür war natürlich französisch-britisch-amerikanische Militärintervention in Libyen 2011 und die dadurch herbeigeführte Zerstörung der libyschen Staatlichkeit. Obwohl die EU mit Eurosur dann seit 2013 ein 244 Millionen teures und sehr modernes Grenzüberwachungssystem zur Verfügung hatte, wurde nichts gegen großangelegte Schlepperei und illegale Einwanderung getan und waren 2015 angeblich alle sehr überrascht von den Migrationsströmen zu Wasser und zu Land.
Die afrikanische Bevölkerung wächst jährlich um 3 Prozent und wird sich bis 2050 auf 2,4 Milliarden verdoppeln, allein die muslimische Bevölkerung Nordafrikas wird bis dahin um 130 Millionen wachsen. Dieses demographische Problem wird durch die ungleiche und kombinierte Entwicklung des Kapitalismus noch verschärft; die mehr oder weniger erzwungenen Freihandelsabkommen mit der EU ruinieren die Landwirtschaft vieler afrikanischer Länder, und die Fischereiabkommen zerstören die Existenzgrundlage viele Fischer. Und seit 1995 (Barcelona-Prozess) setzt die EU im Zuge ihrer kapitalistischen Expansionspolitik auf die Schaffung eines gemeinsamen Wirtschaftsraums mit den südlichen Anrainerstaaten des Mittelmeers. Zusätzlich zu Freihandel und politischer Verbindung in dieser euro-mediterranen Zone geht es perspektivisch um Freizügigkeit bei Dienstleistungen und Personenmobilität. Der erwähnte Peter Sutherland (Ex-EU-Kommission, Goldman-Sachs, WTO, UNO, Trilaterale Kommission) schrieb im Sommer 2012 gemeinsam mit EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström einen Artikel, in dem ganz offen gesagt wird, dass die EU schon 2011 (arabischer Frühling) den Nordafrikanern ihre Türen hätten öffnen müssen.
Eine Vorreiterrolle hatte die britische Regierung von Tony Blair gespielt. Von 1997 bis 2010 sollen etwa 2,3 Millionen Migrant/inn/en nach Großbritannien gekommen sein. Wie der Telegraph-Journalist in seiner Blair-Biographie berichtet, habe Blair seine Minister/innen und Beamt/inn/en angewiesen, über das Thema Immigration zu schweigen, nicht einmal über die „Vorteile der Einwanderung“ solle diskutiert werden – offensichtlich sollte eine öffentliche Debatte verhindert werden. Schon 1999 wurden 350.000 Asylwerber(innen), die keine ausreichenden Asylgründe hatten, kurzerhand als Wirtschafts-migranten anerkannt. Barbara Roche, Ministerin für Asyl und Einwanderung, sagte zu einem leitenden Beamten ganz offen: „Asylwerber sollten in Großbritannien bleiben dürfen. Die Rückführung dauert zu lange und ist emotional.“ Und der Leiter der Einwanderungsbehörde erinnert sich, dass Roche noch mehr Migrant/inn/en nach Großbritannien holen wollte. „Sie wollte, dass wir die Vorteile einer multikulturellen Gesellschaft sehen.“ Und auch 2016, angesichts der Asylkrise, sagte Blair: „Einwanderung ist gut für ein Land. Sie bringt frische Energie und verjüngt die Arbeitskräfte.“ Er blieb bei seiner Linie, war sie doch seit Jahren die Leitlinie des kapitalistischen Establishments.
Bereits 2008 beschäftigte sich das EU-Parlament in Hintergrundpapieren mit dem Bevölkerungsrückgang der Union und fürchtete einen Rückgang des Wirtschaftswachstums, ein Schrumpfen der Ökonomie und wohl der Gewinne der Konzerne. Das Gewicht des EU-Bocks in der Welt würde – so die Angst der EU-Eliten – sinken und deshalb seien (laut EU-Kommission) bis 2050 „rund 56 Millionen Arbeitsmigranten notwendig“. Allerdings fürchtete sie, wie ganz offen eingeräumt wurde, den Widerstand der europäischen Bevölkerung gegen solche Pläne. Die unkontrollierten Migrationsströme von 2015 waren wohl der Versuch der EU, einen Durchbruch Richtung einheitlicher Einwanderungspolitik zu erzwingen. Das akkordierte und systematische politische und mediale Flüchtlingsnarrativ, das Mitleid und Hilfsbereitschaft instrumentalisierte, war wohl der Rammbock, um die Widerstände der Bevölkerung zu brechen.
Dass es bei diesen Ziele der EU-Eliten wirklich um den „drohenden“ Bevölkerungsrückgang geht, ist unglaubwürdig. Wenn das so wäre, hätten sie sich seit Jahrzehnten für eine finanzielle Förderung von Familien und die bessere Vereinbarkeit von Beruf und Kindern stark machen können. Vielmehr arbeiten diverse „Vordenker“ und „Entscheidungsträger“ schon seit längerem auf eine stärkere „Integration“ der EU in Richtung Bundesstaat hin. Der deutsche Präsident Joachim Gauck sprach sich Anfang 2013 für eine forcierte innere Vereinheitlichung aus, die neben Ökonomie, Außen- und Verteidigungspolitik auch Migration und Demographie umfassen solle; das Ziel sei eine „europäische Res publica“, also eine europäische Republik. Seine Einflüstererin war in dieser Frage eine gewisse Ulrike Guerot, die ihn auf Staatsbesuchen begleitete und 2016 das Buch „Warum Europa eine Republik werden muss!“ verfasst hat.
Guerot bewegt sich seit langem in US-amerikanischen oder transatlantischen Netzwerken, war Funktionärin der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik, dann Mitarbeiterin beim German Marshall Fund of the United States, einer US-Stiftung zur Förderung der transatlantischen Beziehungen und von 2007 bis 2013 Leiterin des European Council on Foreign Relations (ECFR), in dem der politisch umtriebige Großspekulant und Multimilliardär George Soros (auf den wir noch zu sprechen kommen werden) nicht nur einen Sitz hat, sondern auch Gelder zur Verfügung stellt und in dem neben vielen anderen sozialdemokratischen, christdemokratischen und grünen Politiker/innen auch der neue österreichische Kanzler Sebastian Kurz Mitglied ist. In Bezug auf die Migrationspolitik arbeitet Guerot eng mit der Open Society Initiative for Europa von George Soros zusammen. Als Lohn für ihre Verdienste um die herrschende Klasse bekam Guerot schließlich im Frühjahr 2016 einen Lehrstuhl an der Donau-Universität Krems zugeschanzt. Für Guerot ist „die Überwindung der Nationalstaaten des eigentliche Ziel der europäischen Integration“. Im Mai 2015 sagte sie auf einer Veranstaltung von re:publika, einer Plattform von Vertreter/inne/n der Migrationsagenda: „Wir haben uns etwas ganz Großes vorgenommen – nämlich den kompletten Umbau von Europa. Die Vereinigten Staaten von Europa – das war gestern. Europäische Republik – das ist morgen!“ Das „wir“ bei Guerot ist offenbar eine globale Elite, gesponsert wird re:publika jedenfalls von Daimler AG, comdirekt bank AG, Spiegel online, Microsoft, IBM, Sony, Deutsche Bank, Konrad-Adenauer-Stiftung (= CDU), Deutsche Telekom, Google, WWF, Hewlett-Packard, ARD, Vodafone etc. Die Damen und Herren planen da also ohne jegliche demokratische Legitimation den Komplettumbau Europas … und dafür ist Massenmigration ein Instrument. Interessantes Detail am Rande: Ulrike Lunacek, Vizepräsidentin des EU-Parlaments und Spitzenkandidatin der österreichischen Grünen, antwortete in einer TV-Diskussion im September 2017 auf den Vorwurf von Norbert Hofer von der FPÖ, sie sei für Vereinigte Staaten von Europa, dass sie vielmehr für eine „europäische Republik“ eintrete – das EU-Establishment besitzt hier also bereits ein gemeinsames „Wording“.
Aber Guerot hat noch ein anderes Leitmotiv: Sie trommelt, im Einklang mit den transatlantischen Netzwerken, dafür, dass Deutschland in der Welt „mehr Verantwortung übernimmt“, was immer militärische Interventionen im Schlepptau der USA bedeutet. In Bezug auf Merkels Öffnung der Grenzen schrieb Guerot im britischen Telegraph: „Es gibt da auch einen größeren Zusammenhang. Merkel versucht, Deutschland dazu zu bewegen, eine größere Verantwortung in und für internationale Angelegenheiten zu übernehmen.“ Und sie fügte in arrogantem und autoritärem Ton hinzu: „Einer riesigen Zahl von Flüchtlingen in einer anscheinend unkontrollierten Weise zu erlauben, ins Land zu kommen, war keine schlechte Methode für Merkel, selbst dem vollkommen mit Scheuklappen gehenden Wähler zu demonstrieren, dass Deutschland sich mehr um globale Probleme kümmern muss, wenn es nicht die Konsequenzen zu Hause erleiden will.“
Da sich aber die uneinsichtige europäische Bevölkerung vom unkontrollierten Massenzuzug immer weniger begeistert zeigte, mussten die „Entscheidungsträger/innen“ reagieren und zumindest den Eindruck erwecken, als würden sie etwas ändern. Auf Anregung von Merkel wurden NATO-Schiffe an die griechisch-türkische Grenze gebracht, angeblich um Schlepper zu bekämpfen, tatsächlich wohl eher um mehr militärische Präsenz nahe des russischen Stützpunktes in Syrien zu zeigen. Als dann die österreichische Regierung (unter dem Druck der immer mehr erstarkenden FPÖ) gemeinsam mit den Balkanländern die bisherige Route am Westbalkan mehr oder weniger schloss, antworteten die Schlepper mit Flugtransfers aus der Türkei nach Ägypten oder Tunesien, um dann von Libyen nach Italien zu gelangen, oder über den Ostbalkan (um etwa 10.000 Euro von der Türkei bis Österreich). Offenbar um den Zustrom nicht abreißen zu lassen, setzten Merkel und die EU-Führung um Jean-Claude Juncker den so genannten Merkel-Erdogan-Plan um: jährlich drei Milliarden für die Türkei, Visaerleichterungen für Türk/inn/en, jährlich 200.000 Syrer/innen aus der Türkei in die EU. Dafür sollte die Türkei die Grenze künftig rigoros überwachen und illegal Eingereiste zurücknehmen.
Verfasst wurde der Plan nicht etwa von einer Regierungsstelle, sondern vom Österreicher Gerald Knaus von der Europäischen Stabilitätsinitiative (ESI). Diese „Denkfabrik“ wird finanziert von der Soros-Stiftung, der Rockefeller-Stiftung, der Robert-Bosch-Stiftung, der King-Baudouin-Stiftung, der ERSTE-Stiftung, dem German Marshall Fund of the United States, dem deutschen Außenministerium, der EU-Kommission und einem United States Institute of Peace (dessen Chef Stephan Hadley ironischerweise Berater von George W. Bush während des Irak-Krieges war). Zuvor war Knaus bei der International Crisis Group, die durch Spenden westlicher Außenministerien und der US-Stiftungen von Soros, Carnegie und Rockefeller unterhalten wird und die seit Jahren NATO-Militärinterventionen im Namen der Humanität ideologisch propagiert. Knaus war außerdem Referent des US-Außenministeriums in Washington und ist, wie Guerot, Mitglied beim European Council on Foreign Relations. Während im Titel des Knaus-Merkel-Deals mit der Türkei groß von „Mitleid“ die Rede ist, werden auf der vorletzten Seite die Motive der transatlantischen Netzwerke deutlich: Die Türkei muss als NATO-Staat gestützt werden und EU-freundlich gehalten werden, um Richtung Krim, Kaukasus und Syrien dem verhassten Russland entgegenzutreten. Und in Hinblick auf die europäische Innenpolitik: Das Aufkommen einer antimuslimischen und prorussischen Ausrichtung muss unbedingt verhindert werden.
Ursprünglich, im September 2015, hatte Knaus die Übernahme von jährlich 500.000 Syrer/innen aus der Türkei vorgeschlagen; diese Zahl konnte Merkel der Bevölkerung offenbar nicht zumuten. Knaus berichtete aber im März 2016 der österreichischen Tageszeitung „Die Presse“ von einem zweiten geheimen Deal mit der Türkei, wonach eine „Koalition der Willigen“ zusätzlich 330.000 Syrer/innen übernehmen werde. Und in einem Interview mit „Der Welt“ erläuterte Knaus, dass Politiker besser keine Gesamtzahlen, sondern nur „von einem täglichen Kontingente von ein paar hundert Personen“ sprechen sollte. Die so für dumm verkaufte Öffentlichkeit soll natürlich auch nicht mitdenken, dass zu den 200.000 vereinbarten Personen weiterhin illegale Einreisen über den Balkan, über Libyen, über Marokko etc. kommen, außerdem Familiennachzug. Keine Frage, dass Merkel, Junker und ihre Masterminds die jährliche Nettozuwanderung von 1,8 Millionen zumindest halten wollen.
Immerhin hat der einflussreichen US-amerikanische Militär- und Geostratege Thomas Barnett bereits 2004 gefordert, Europa solle mittels einer „globalen Transaktionsstrategie“ bis 2050 jährlich 1,5 Millionen Zuwanderer aus der Peripherie aufnehmen, um die Globalisierung in den kommenden Jahrzehnten abzusichern. In derselben Logik hatte im September 2015 Ian Lesser vom German Marshall Fund of the United States die US-Wünsche an Europa so zusammengefasst: „Eine erfolgreiche Integration von Flüchtlingen aus Syrien und anderen Ländern und ein Europa, das stärker an den Multikulturalismus gewöhnt ist, würde den Vereinigten Staaten ähnlicher sehen und könnte eine Triebkraft für die transatlantische Angleichung sein.“ Die NATO soll seiner Meinung nach um den Wirtschaftszusammenschluss TTIP ergänzt werden.
Und der Harvard-Politikwissenschaftler Yascha Mounk sagte im Februar 2018 der ARD auf die Frage, warum das „Grundvertrauen in die etablierte Politik so zurückgegangen“ sei, weil „wir ein historisch einzigartiges Experiment wagen, und zwar eine monoethnische, monokulturelle Demokratie in eine multiethnische zu verwandeln. Das kann klappen. Das wird, glaube ich, auch klappen. Aber dabei kommt es natürlich auch zu vielen Verwerfungen.“ Mounk gehört zu den elitären transatlantischen Zirkeln und schreibt für deren Medien, etwa für Financial Times, Foreign Affairs und Die ZEIT. Das lässt in etwa erahnen, wen Mounk mit „wir“ meint, welche Netzwerke dieses Experiment mit den europäischen Bevölkerungen „wagen“. Und natürlich haben die globalistischen Eliten, die schamlos über Demokratie heucheln, die betroffenen Bevölkerungen niemals gefragt, ob sie an diesem Experiment als Versuchspersonen teilnehmen und die „Verwerfungen“ in Kauf nehmen wollen.
Mit TTIP und Massenzuwanderung soll die verbliebene Souveränität europäischer Nationalstaaten aufgebrochen werden, um den Zugriff des Kapitals und kapitalistische Globalisierung auf alle Ebenen auszudehnen. Das globale Großkapital und die bürokratischen EU-Eliten wollen eine stärkere Vereinheitlichung der EU in Richtung Bundesstaat und sehen dabei die nationalen Identitäten als Hindernis. Um die EU-weiten Durchgriffsmöglichkeiten zu steigern, setzt das Establishment in Brüssel darauf, die europäischen Völker im ethnischen Sinne aufzulösen, um etwaige Widerstandszentren gegen die EU-Technokratie bereits im Ansatz zu zerschlagen. Die Umwandlung von kulturell relativ homogenen europäischen Völkern in heterogene Bevölkerungen funktioniert dabei in erster Linie durch Massenzuwanderung aus dem afrikanischen und vor allem islamischen Raum. Das Ziel sind offensichtlich atomisierte Individuen, die keine (ethnischen) Solidaritätsstrukturen mehr besitzen und so leichter kapitalistisch ausgebeutet und technokratisch-bürokratisch beherrscht werden können.
Die Pro-Migrationsagenda der UNO
Das herrschende kapitalistische Weltsystem, in dem die globalen Konzerne und Finanzkapitalist/inn/en die Hauptnutznießer und die beschriebenen Netzwerke ihre Handlanger sind, sorgt dafür, dass etwa drei Milliarden Menschen so arm, schwach oder krank sind, dass für sie eine Flucht in bessere Weltgegenden unmöglich ist. Das gilt auch für 4-5 Millionen Syrer/innen, die in den Nachbarländern (Jordanien, Libanon, Ägypten, Türkei) dahinvegetieren und nichts mehr haben. Unter ihnen sind die Hälfte Kinder und hunderttausende Frauen, die alleine oder nur mit ihren Kindern dort sind und die ohne männlichen Schutz schlimmster Ausbeutung ausgesetzt sind, ständig bedroht sind und wie Aussätzige behandelt werden. Im Sommer 2015 musste das Welternährungsprogramm des UNHCR in diesen Lagern die Essensrationen streichen, weil die laut UNHCR-Chef Antonio Guterres nötigen 1,3 Milliarden Dollar nicht aufzubringen waren (jede Bankenrettung hat ein x-Faches gekostet!). Aus demselben Grund mussten im Irak 184 Kliniken geschlossen werden, wodurch drei Millionen Iraker/innen, natürlich vor allem die ärmsten, keine medizinische Versorgung mehr hatten.
Vergleiche sprechen hier Bände, etwa der mit den Milliardenprofiten der Banken und Konzerne und den Milliarden in den superreichen Stiftungen. Zig Milliarden werden in der EU aber auch für die Versorgung der überwiegend jungen männlichen Asylwerber aufgewendet, die überdurchschnittlich gesund sind, hauptsächlich aus der Mittelschicht stammen und die tausenden Euro für die Schleusung nach Europa aufbringen konnten. Natürlich trifft das nicht auf alle zu, in manchen Fällen konnten sich auch Leute aus der Arbeiter/innen/klasse und Familien nach Europa durchschlagen, manchmal tatsächlich in Flucht vor politischer oder religiöser Verfolgung. Mitgefühl mit Fluchtschicksalen ist nicht nur menschlich, sondern auch richtig, sollte aber nicht den Blick auf die soziale Hauptcharakteristik, auf die allgemeinen Zusammenhänge und die Interessen der herrschenden Klasse verstellen. Letztere arbeitet mit der Instrumentalisierung von Mitgefühl gezielt auf der emotionalen Ebene, um ein Begreifen der Zusammenhänge zu verhindern.
Diese Zusammenhänge erschließen sich aber immer wieder auch aus öffentlichen Angaben. So sagte der deutsche Entwicklungsminister Gerd Müller im Juni 2017, dass in Deutschland pro Jahr 30 Milliarden Euro für die Versorgung von einer Million Flüchtlinge ausgegeben werden. Bereits im Frühjahr 2016 hatte er angemerkt, dass ein im Irak eingesetzter Euro den 30-fachen Effekt habe wie in Deutschland. Das bedeutet, dass mit den 30 Milliarden Euro aus der deutschen Staatskassa im Irak oder Syrien 30 Millionen Menschen versorgt werden könnten, in Afrika wohl noch deutlich mehr (und zwar auch wirklich die Ärmsten). Diese Vergleiche machen jedenfalls deutlich, dass es den Herrschenden nicht um Mitleid und Hilfe geht, sondern um andere Dinge.
Und die UNO ist Teil davon. Bereits im März 2000 forderte die UNO-Abteilung für Bevölkerungsfragen, dass Europa jährlich 1,5 Millionen außereuropäische Migrant/inn/en aufnehmen solle, um den Bevölkerungsrückgang auszugleichen; die Rede war dabei ganz offen von einer „replacement migration“, also einer Ersetzungsmigration. Der UN-Generalsekretär Ban Ki-moon schrieb dann 2007 in der Berliner Zeitung, dass die Globalisierung in Phasen erfolge, die erste sei der freie Fluss von Kapital und Waren gewesen, die aktuelle zweite das Zeitalter der Mobilität; und diese verstärkte Migration sei eine Chance für mehr Wohlstand für alle. Ob das angesichts der kapitalistischen Deregulierung und des welt-weiten Arbeitsmarkt-Wettbewerbs nach unten von Ban Ki-moon zynisch gemeint ist oder ob er das wirklich denkt, ist nicht weiter wichtig. Er unterstützt eine Linie, die von einem anderen UN-Funktionär maßgeblich mitgeprägt wird, nämlich dem UN-Sondergesandten für Migration Peter Sutherland … wir erinnern uns, der Ex-EU-Kommissar und Goldman-Sachs-Manager, Mitglied der Trilateralen Kommission und des europäischen Industriellenverbundes ERT. Sutherland hatte 1995 das allgemeine Zoll- und Handelsabkommen GATT in die WTO verwandelt, er war der erste Chef der WTO und kann als Pate der globalen ökonomischen Liberalisierung gelten.
Schon 2008 hielt Sutherland, damals noch als Goldman-Sachs-Manager, eine Rede vor der London School of Economics, in der er ausführte, dass angesichts der Geburtenrate in Europa eine massiv verstärkte Einwanderung unumgänglich sei, vor allem aus Afrika, die das größte demographische Potential habe. Notwendig seien dazu rasche Einbindung der Migrant/inn/en in den politischen und Arbeitsprozess, Multikulturalismus und verstärkte Antidiskriminierungsgesetze, während nationale Identitäten ein Hindernis seien. Und im Juni 2012 erklärte Sutherland vor dem britischen House of Lords, dass Migration „ein entscheidender Motor für das Wirtschaftswachstum“ sei und der künftige Wohlstand vieler EU-Staaten davon abhänge, dass sie multikultureller würden – soweit konform mit dem Mainstream in diversen transatlantischen Netzwerken und in der EU-Führungsclique. Offenherzig ging dieser Vordenker des globalen Kapitalismus aber noch einen Schritt weiter: Die EU solle die ethnische Homogenität der europäischen Staaten „nach besten Kräften untergraben“.
Ende September 2015, als die „Flüchtlingswelle“ in die EU am Höhepunkt war, hatte Sutherland einen Auftritt bei der einflussreichen US-Denkfabrik Council of Foreign Relations (CFR). Anwesend waren NGO-Vertreter, so genannte „Premium“-Medienleute und Politiker/innen. Ein weiterer Redner war William Lacey Swing, ehemaliger US-Botschafter in sechs Ländern und nun Chef der International Organization for Migration (IOM), der nach eigenen Angaben „führenden zwischenstaatlichen Organisation im Bereich Migration“, bei der 162 Staaten Mitglied sind, die über 9.000 Mitarbeiter/innen hat und über 400 Büros unterhält. Der größte Finanzier der IOM ist Deutschland (66 Millionen von 2010 bis 2013). Gefördert werden damit Migrationsprojekte, etwa die Integration von Migrant/inn/en in der EU durch den Einsatz von deren religiösen Führern. Während die IOM früher stärker Rückkehrerprogramme unterstützte, ist sie unter Swing ganz auf die Migrationspolitik des Großkapitals eingeschwenkt, bei der es humanitär getarnt um die freie Bewegung und weltweite Verfügbarkeit von Menschen im Sinne der WTO geht. Dass davon alle profitieren, wie Swing behauptet, ist natürlich ein schlechter Witz. 2014 verfügten die reichsten 85 Menschen über so viel Reichtum wie die ärmere Hälfte der Weltbevölkerung – und diesen Superreichen arbeiten Leute wie Swing und Sutherland zu.
Auf der erwähnten Veranstaltung redeten Swing und Sutherland Klartext. Swing sprach sich für eine weltweite Bewegungsfreiheit für alle aus, klagte über das „toxische öffentliche Narrativ über Migration“ und richtete sich ganz unverblümt an die Vertreter/innen großer Medienkonzerne, in dieser Sache verstärkt tätig zu werden. Die Argumente gegen die globale Migration seien keine ernstzunehmenden Argumente, sondern immer nur „Ängste“, die die Medien sozusagen wie Psychotherapeuten betrachten und therapieren müssten. Sutherland fügte hinzu, jeder „Idiot“ und „Nichtidiot“, der „mir sagt, dass ich dazu entschlossen wäre, die Homogenität der Völker zu zerstören, hat verdammt nochmal absolut recht! Genau das habe ich vor! (Applaus, Gelächter) Wenn ich es morgen tun könnte, würde ich sie zerstören, meine eigene eingeschlossen.“
Im Anschluss gab er Journalisten, die wie Volkschüler den großen Sutherland nach Rat fragten, Tipps, wie man die störrische Bevölkerung am besten im Sinne der Migrationsagenda manipulieren könne, nämlich mit einer Mischung von Argumentation und Emotion. In diesem Kontext soll sich Sutherland auch mehrmals enthusiastisch auf den großen emotionalen Erfolg des Fotos des toten kleinen Flüchtlingsbuben Aylan Kurdi an einem türkischen Strand bezogen haben. Vermutlich wurde der Körper des Kindes vorsätzlich für die Fotoshoots am Strand drapiert, jedenfalls aber von Sutherlands medialen Handlangern gnadenlos für ihre Migrationspolitik instrumentalisiert. Sutherland und Swing spürten aber offenbar auch bereits, dass ihre Ziele von der Bevölkerung nicht so leicht übernommen werden. Swing warnte, dass man die „Debatte über Identität“ ändern müsse, weil „wir“ sonst verlieren. Sutherland appellierte abschließend an die Medien und dass es darum geht, „eine Geschichte zu verkaufen, an die wir alle glauben können.“ Er und seine Mitstreiter müssten „öffentlich aufstehen und wir müssen kämpfen.“
Obwohl Sutherland, Soros, Merkel und Juncker wissen, dass sie noch nicht gewonnen und ihre „global governance“ noch nicht fest etabliert haben, sind sie dabei, Fakten zu schaffen: mit der jährlichen Zuwanderung von 1,8 Millionen in die EU seit vielen Jahren, mit dem Migrationsschub 2015/16 und mit weiteren Plänen. So forderte Sutherland in einem Interview Anfang Oktober 2015 eine Einwanderung nach Deutschland von mindestens einer Million pro Jahr und plädierte dafür, „Erinnerungen und Bilder unseres eigenen Landes abzuschaffen.“
Wie sehr für ihn Massenmigration, Abschaffung von nationalen Identitäten und EU-Integration zusammenhängen, zeigt ein Bericht, den er selbst über ein Treffen mit Merkel Mitte November 2015 gab. Die beiden, die sich in den letzten zehn Jahren regelmäßig getroffen haben, standen angesichts der „Flüchtlingskrise“ in Malta für ein Gruppenbild eines Treffens europäischer und afrikanischer Staatschefs zu Migrationsfragen nebeneinander. Sutherland: „Ich sagte ihr ins Ohr: ‚Sie sind eine Heldin!‘ Sie sah mich erstaunt an und erwiderte: ‚Aber es ist für Europa.‘ Ich sagte: ‚Ich weiß. Eben darum.‘“ Massenmigration ist für Sutherland und Merkel also der Hebel, um nationalstaatliche Hindernisse aufzubrechen und die EU-Integration voranzutreiben.
Das Pro-Migrationsnetzwerk von superreichen Stiftungen und NGOs
In den letzten Jahren ist ein riesiges und unübersichtliches Netzwerk von NGOs entstanden, die sich auf verschiedenen Ebenen für Migration nach Europa einsetzen und die meist von Regierungen und superreichen Stiftungen finanziert werden. Eng verbunden ist das mit der Zivilgesellschaftsideologie, die sich seit einigen Jahrzehnten immer mehr durchgesetzt hat. Diese Ideologie ist, wie die Arbeitsgruppe Marxismus (AGM) in ihrem Text „Die Zivilges.m.b.H. & ihre Teilhaber“ bereits im Jahr 2000 ausführlich und treffend analysiert hat, die passende Begleitung zur Durchsetzung des Neoliberalismus, der Privatisierung von staatlichen sozialen Aufgaben an Caritas & Co., zum Konzept der „eigenverantwortlichen Bürger“, die in „vielfältigen“ NGOs tätig sind, und zur NATO-Politik: „Unabhängig von sicherlich oft anderen subjektiven Absichten von NGO-Aktivist-/inn/en und anderen Zivilgesellschafter/innen ist der zivilgesellschaftliche Diskurs die Ideologie der aktuellen imperialistischen Außenpolitik und ein Instrument der Integration in die individualisierte neoliberale Gesellschaft.“ Seit den 1980er Jahren ist die Zahl der registrierten NGOs nahezu explodiert. Neben dem Sozial- und Gesundheitsbereich, wo NGOs einen riesigen Geschäftszweig darstellen, sind vor allem der Bereich Bildung und Forschung, in dem Konzerne und Stiftungen von Milliardären Ideologie betrieben lassen, und jene NGOs wichtig, die de facto Institutionen sind und über die Staaten und einzelne Großkapitalist/inn/en direkt Politik machen – besonders Außen- und Migrationspolitik. Letzteres wollen wir uns in den nächsten Absätzen ansehen.
Ein Beispiel ist ALDA (Europäische Assoziation für Lokale Demokratie), eine EU-finanzierte NGO, die als Bindeglied zwischen Brüssel, lokalen Behörden und lokalen NGOs dienen soll. Sie hat in etwa 30 Ländern etwa 300 „Partnerorganisationen“, auf die sie durch „Unterstützung“ Einfluss nimmt, und hat sich für den Zeitraum 2015-18 „Migration“ als Schwerpunkt gewählt. Als Grundlage für die Fortsetzung der „Willkommensinitiative“ und ein „effektives Migrationsmanagement“ fördert die „NGO“ ALDA aus Steuergeldern die Toleranz und Akzeptanz der einheimischen Bevölkerung gegenüber Migrant/inn/en und deren Teilnahme am öffentlichen Leben, will Diskriminierung von Migrant/inn/en stärker verfolgen und tritt dafür ein, dass illegaler Grenzübertritt und Aufenthalt nicht strafverfolgt wird.
In Deutschland gibt es außerdem den so genannten „Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Migration und Integration“, der sich dem Multikulturalismus und der Migrationsagenda verschrieben hat, dafür „unabhängige Politikberatung“ betreibt und von Stiftungen unterhalten wird, die massiv für Migration werben, darunter die Bertelsmann-Stiftung, die Stiftung Mercator, die Volkswagen-Stiftung, die Vodafone-Stiftung und die Robert-Bosch-Stiftung. Insgesamt sind die meisten Pro-Migrations-NGOs nicht staatlich, sondern von Großkapitalist/inn/en finanziert, sehr viele sind Teil des Netzwerkes des Hedgefonds-Milliardärs George Soros. Für seine politischen Machenschaften „spendete“ Soros nach eigenen Angaben seit Jahren jährlich etwa eine Milliarde Dollar – mit einer solchen Summe lassen sich hunderte „Vordenker/innen“ und zehntausende NGO-Aktivist/inn/en offen oder de facto kaufen.
Der aus Ungarn stammende US-Bürger Soros ist 1992 mit der Spekulation gegen das britische Pfund, mit der er etwa eine Milliarde Dollar einstreifte, weltberühmt geworden. 1997 löste er mit Spekulationen gegen die thailändische Währung die Asienkrise aus. Mit solchen Spekulationen und seinem Hedgefonds Quantum häufte er bis 2016 etwa 25 Milliarden Euro an. Die Herkunft der Quantum-Gelder ist nicht nachweisbar, da sie „steuerschonend“ auf Curacao und den Cayman-Inseln angelegt sind. Während Soros sein Kapital der Besteuerung und so den Sozialstaaten entzieht, tritt er dann als großzügiger Spender auf und lässt sich von hörigen Medien als „Philanthrop“ feiern.
Seit Jahrzehnten ist Soros nicht nur spekulativ, sondern auch politisch aktiv. In den USA war er in den letzten Jahren ein Hauptfinanzier der führenden Clique der Demokratischen Partei und wurde von manchen gar als deren „Besitzer“ bezeichnet. Vor 1989/90 hat Soros in Osteuropa gemeinsam mit der CIA diverse pro-westliche Oppositionelle unterstützt. Nach dem Zusammenbruch der dortigen bürokratischen Systeme verstärkte Soros, erneut in Kooperation mit westlichen Gemeindiensten und Militärs, seine Intervention: Er finanzierte zahllose rabiat anti-russische NGOs und baute, parallel zu den finanziell ausgebluteten staatlichen Strukturen einen privaten, gut dotierten, von ihm ideologisch gesteuerten und abhängigen Medien- und Forschungssektor auf. Schließlich war sein Netzwerk ein entscheidender Faktor bei den so genannten „Farbrevolutionen“ in Ländern wie Serbien, Georgien oder der Ukraine, wo von Soros, CIA & Co. bezahlte NGOs und so genannte „Aktivisten“ so genannte „spontane Proteste“ auslösten, die dann von ebenso eingekauften Politiker/inne/n und von Intellektuellen und Medienleuten, die von Soros abhängig sind, unterstützt werden, über die transatlantischen Medienkartelle in der westlichen Öffentlichkeit groß rauskommen und schließlich von ein paar Provokateuren eskaliert werden.
In der aktuellen Migrationsagenda der herrschenden Klasse haben Soros und seine Netzwerke ebenso ihre Finger im Spiel. Wichtig dafür ist die von Soros initiierte und finanzierte Kampagnenorganisation Avaaz, die mit Schulungspersonal, der Bezahlung von anti-Assad-Aktivisten und Infrastruktur und einem Medienlobbying massiv an der Destabilisierung Libyens und Syriens beteiligt war und mit einem weltweiten Informationskrieg westliche Militärinterventionen in den beiden Ländern propagierte. Der von USA/Soros, der Türkei und Saudi-Arabien verursachte Bürgerkrieg in Syrien war dann die Grundlage für die „humanitäre Katastrophe“, die „Flüchtlingskrise“ und die Merkelsche „Willkommenspolitik“. Die Zerstörung der staatlichen Strukturen in Libyen (unter anderem durch die westlichen Luftangriffe) wiederum war die Voraussetzung dafür, dass Clanchefs, islamistische Milizen und Schlepperbanden das Land übernehmen und zum Ausgangspunkt einer Massenmigration von Hunderttausenden über die Mittelmeerroute nach Europa wurde. Soros und sein Netzwerk nützen ihre Finanzmittel nicht, um in den betroffenen Ländern Fluchtursachen zu bekämpfen, sondern im Gegenteil schaffen seine ausbeuterischen Spekulationspraktiken und seine Politik die Kriege, Krisen und Fluchtbewegungen – und seine Hilfe gilt dann nicht den Ländern, sondern den Migrant/inn/en, was ein klarer Hinweis auf seine Ziele ist. Soros ist ein Ausdruck der Privatisierung von Politik im neoliberalen Kapitalismus, eine Art Staatsmann ohne staatliche Funktion. Der ehemalige SPÖ-Kanzler Christian Kern sagte auf einer Pressekonferenz im Oktober 2017, er habe „persönlich ein enges Verhältnis mit Herrn Soros“. Und in manchen Ländern wird Soros überhaupt wie ein Präsident empfangen. Bei einem Besuch in der Ukraine soll er eine ganze Reihe von ukrainischen Ministern und den US-Botschafter geradezu zum Rapport vorgeladen haben.
Die zentralste Rolle spielt in Sorosʼ globalem Agieren freilich seine Open Society Foundation (OSF), die wiederum Gelder an hunderte andere NGOs gibt und in etwa 50 Staaten aktiv ist. Neben unzähligen anderen erhalten etwa Amnesty International Soros-Gelder oder das National Council of La Raza, eine Lobbyorganisation, die für die ungehinderte Einwanderung von Hispanics in die USA eintritt. Die OSF selbst betreibt eine International Migration Initiative, die in den letzten Jahren besonders in Europa aktiv ist und es sich zur Aufgabe gemacht hat, die Migrant/inn/en „auf jeder Etappe ihrer Migrationsreise“ zu unterstützen. Über finanziell abhängige NGOs vor Ort wird entsprechender Druck auf die Politik aufgebaut. In den Herkunfts- und Zielländern werden „Trainings- und Orientierungsseminare“ angeboten. Der Zugang der Migrant/inn/en zu Gerichten soll erleichtert werden. Anwälte, die von Soros bezahlt werden, sollen sicherstellen, dass die Asylwerber/innen in Europa bleiben können – offenbar mit Erfolg, denn allein in Deutschland sind mit Hilfe von NGOs etwa 200.000 Berufungsverfahren gegen negative Asylbescheide anhängig, die die Justiz mittlerweile völlig überlasten. Wer einen der zahlreichen Jobs in einer Soros-Migrationsinitiative haben möchte, muss nicht nur für „Multikulturalismus“ und gegen „Islamophobie“ sein, sondern auch geschickt bei der „Vergabe von Spendengeldern für Organisationen der Zivilgesellschaft“, dem „Aufbau von Anhängerschaften“ und der „politischen Lobbyarbeit in ausgewählten europäischen Ländern“.
Ebenfalls ein Ableger des OSF ist PASOS, die für ein Europa der ungehinderten Einwanderung und ohne Grenzen agitiert und in Europa politische Lobbyarbeit betreibt. In einem „Argumentationshandbuch“ gibt die PASOS Ratschläge, wie Regierungsmitglieder, Parteifunktionäre und EU-Strukturen in ihrem Sinne beeinflusst werden können. Gegenüber Gegner/inne/n der Grenzöffnung solle man „sich auf Autoritäten und internationale Reputation berufen“ und „das menschliche Gesicht der Geschichte präsentieren“. Spenden bekommt PASOS, abgesehen von der OSF, auch von der EU, dem EU-Parlament, der NATO und der deutschen Robert-Bosch-Stiftung. Letztere ist seit Jahren voll auf der Migrationslinie von Soros, Sutherland und Merkel, will nicht nur eine „wirkungsvolle Willkommenskultur“ schaffen, sondern auch explizit den Islam in Deutschland fördern. Sie finanziert dazu etwa muslimische Jugendverbände, die ihr zivilgesellschaftliches Engagement „mit dem Islam und ihrem Glauben begründen“, arbeitet dazu mit Moscheegemeinden zusammen und drängt damit junge Leute mit muslimischen Hintergrund geradezu in ihre Religion hinein.
Bereits 2005 hat die OSF, unterstützt von 12 weiteren superreichen Stiftungen, das European Programme for Integration and Migration (EPIM) gegründet. Mit ihren gemeinsamen Stiftungskapital von etwa 40 Milliarden Euro bekämpfen sie natürlich nicht die Fluchtursachen, die von den Großkapitalist/inn/en hinter diesen Stiftungen selbst geschaffen werden, sondern EPIM will „effektive Lobbykoalitionen“ zur Unterstützung von Migration aufbauen und dabei „ein wirkungsvolles Gegengewicht zu staatlichen Institutionen“ bilden – also ein privatkapitalistisches Gegengewicht gegen die (zumindest irgendwie) demokratisch legitimierte Staatlichkeit europäischer Länder und ihren Institutionen. Neben der OSF stehen hinter EPIM etwa die Atlantic Philanthropies von Chuck Feeney (der mit Duty-Free-Shops Milliarden gemacht hat), aus London der Barrow Cadbury Trust, der Princess Diana of Wales Memorial Fund und die OAK Foundation des britischen Milliardärs Alan Parker, die belgische König-Baudouin-Stiftung und die deutsche Robert-Bosch-Stiftung, die 2011-14 auch den EPIM-Vorsitz stellte. EPIM hat 2005-15 über 450 Organisationen in 45 europäischen Staaten und Migrationsherkunftsländern als Partner angeworben und mit Finanzen ausgestattet, offiziell in diesen zehn Jahren mit 7,4 Millionen Euro. Für die politische Linie all dieser „Partner“ sorgt im Detail eine eigens von EPIM eingerichtete „Denkfabrik“, das European Policy Centre (EPC) in Brüssel, das von Soros üppig finanziert wird, aber auch EU-Steuergelder erhält und die EPIM-NGOs mit Materialien, Analysen und Argumenten versorgt. Seit 2005 betreiben die EPIM-Großkapitalist/inn/en also eine migrationsfreundliche Ausrichtung der europäischen Politik – 2015 mit durchschlagendem Erfolg.
Ein EPIM-Kooperationspartner in Deutschland ist PRO ASYL, einer großen NGO, die über 18.000 Mitglieder und ein Budget von 3,4 Millionen Euro (das überwiegend aus Spenden kommt) verfügt, die seit 2001 eine eigene Stiftung betreibt und bestens auch mit den Kirchen vernetzt ist. PRO ASYL will unter anderem den Islam in Deutschland integrieren und fordert, dass Flüchtlinge selbst entscheiden können, in welchem Land sie Asyl bekommen sollen. PRO ASYL tritt für das uneingeschränkte Bleiberecht von allen Asylwerber/inne/n ein; zu diesem Zweck war schon 2014 der Rechtshilfefonds von PRO ASYL mit 325.000 Euro dotiert. Für den Innenausschuss des Deutschen Bundestages gilt PRO ASYL als „sachverständig“, weshalb sein Geschäftsführer über „regelmäßig stattfindende Gespräche“ Einfluss auf die Gesetzgebung hat.
PRO ASYL ist für die unbeschränkte Einreise nach Europa, lehnt Obergrenzen ab und unterstützt folgerichtig das Projekt W2EU (Welcome 2 Europe). W2EU ist eine aktivistische NGO, die Stützpunkte in Nordafrika und Europa betreibt, um zukünftige Asylwerber/innen explizit „auch gegen geltendes Recht“ (wie ein Sprecher von W2EU ausführte) nach Deutschland zu helfen. Während der „Flüchtlings-welle“ 2015 hat W2EU in Griechenland etwa 25.000 Broschüren verteilt hat, in denen den Flüchtlingen und Migrant/inn/en in verschiedenen Sprachen detaillierte Tipps für die illegale Einreise, für heikle Situationen bei Grenzübertritten etc. gegeben wurden, Ratschläge, wie man am besten nach Mitteleuropa durchkommt, mit Landkarten, einer speziellen App und Kontaktmöglichkeiten zu Hilfsorganisationen in diversen Transitländern sowie zu auf Asylrecht spezialisierten Anwälten. W2EU hat so, im Interesse der Geldgeber der reichen Stiftungen, eine beeindruckende Migrationsinfrastruktur für den Weg nach Europa aufgebaut.
Im Dezember 2015 haben PRO ASYL, W2EU und ihre Verbündeten in einem Newsletter gefeiert, dass „die Festung Europa geschleift“ wurde. Vorbereitet haben sie und ihre elitären Hintermänner und -frauen das seit langem. So haben EPIM und andere Stiftungsnetzwerke bereits Anfang November 2014 in Brüssel eine große Veranstaltung abgehalten, deren Titel zugleich Programm war: „EuroPhilantropics: Das Narrativ über Migration ändern – das wirtschaftliche und gesellschaftliche Potential willkommen heißen“. Am Podium saßen neben Marc Richir von der EU-Kommission auch die Soros-Stiftung, die Soros-finanzierte EPIM und die britische Pro-Migration-NGO British Future, die ebenfalls von Soros sowie den bereits erwähnten Stiftungen Barrow Cadbury, Princess Diana und OAK ihre Gelder erhält. Das Ziel war es, der europäischen Politik und Öffentlichkeit eine verstärkte Zuwanderung besser zu verkaufen. Dazu sollen positive „Narrative“ über Migration erfunden und verbreitet werden. Und dabei, so einer der Sprecher bei der Veranstaltung laut offiziellem Bericht, „müssen wir die europäischen Bürger beruhigen und die Skeptiker der Mitte gewinnen, indem man ihnen zusätzlich zu Zahlen und Fakten Erfolgsstorys von Migranten in den Medien präsentiert (viele unserer „unabhängigen“ Medien kommen dem brav und systematisch nach, zuletzt in Wien gemeinsam mit der rot-grünen Stadtregierung die Tageszeitung „heute“ mit „Wir haben es geschafft. Migrantinnen in Wien: Serie in Kooperation mit der Stadt Wien“). Im Klartext heißt das Ganze: Die Elite der herrschenden Klasse bespricht sich, wie man die Bevölkerung am besten im Sinne einer Massenmigration manipuliert. Und da die Oberschicht ohnehin nahezu geschlossen die Migrationsagenda unterstützt und die Arbeiter/innen-/klasse entweder zu sehr mit dem eigenen Überleben beschäftigt oder instinktiv skeptisch ist, geht es Soros, der EU-Kommission und ihren Lakaien vor allem darum, die Mittelschicht für ihre Pläne zu gewinnen.
Das ist weitgehend gelungen. Die Intellektuellen, Künstler/innen, modernen urbanen Kleinunternehmer/innen, Akademiker/innen, Lehrer/innen, besser gestellten Angestellten haben in großer Mehrheit, orchestriert von den Medien, Institutionen und Firmenleitungen, die von Soros, Sutherland und Merkel geforderte „Willkommenskultur“ zelebriert. Nach gelungenem Coup haben sich führende Soros-Leute offen zu ihren Motiven geäußert. Auf der Soros-Website www.georgesoros.com schrieb Mohamed El-Erian den Beitrag „Refugees and Reform in Europe“ und hofft dabei, dass die Flüchtlingskrise der „Katalysator“ sein wird, um eine tiefergehende europäische Vereinigung auf verschiedensten Ebenen durchzuführen. Und die erwähnte Soros-Lobbyorganisation PASOS schrieb bezüglich der EU: „Um die Vision eines einheitlichen Marktes umzusetzen, war es notwendig, eine Reihe von Hindernissen für die freie Bewegung von Gütern, Dienstleistungen, Kapital und Menschen beiseitezuräumen.“
Für Soros und die anderen Großkapitalist/inn/en ist Migration ein gewünschter Zustand, um die uneingeschränkte globale Herrschaft des Finanzkapitals zu etablieren. Wie Kapital und Güter sollen auch Menschen und Dienstleistungen völlig frei fließen können, um – ohne nationalstaatliche Hindernisse oder ethnische Solidargemeinschaften – die welt-weite Ausbeutung der Ware Arbeitskraft zu optimieren. Um diese Ziele durchzusetzen hat Soros, wie Mitte Oktober 2017 bekannt gemacht wurde, 18 Milliarden Dollar, den Großteil seines erspekulierten Vermögens, an seine Stiftung OSF überschrieben. Mit dieser Summe könnte weltweit Millionen Menschen in Armut für eine lange Zeit geholfen werden – aber dafür wird das Geld nicht eingesetzt, weil die ökonomischen und politische Interessen von Soros & Co. andere sind, nämlich die Forcierung der Migration zur Zerstörung der europäischen Nationalstaaten und die globale Deregulierung der Arbeitsmärkte.
Neben diesen allgemeinen Interessen des Großkapitals hat sich rund um Zuwanderung und Asyl längst ein milliardenschwerer Wirtschaftssektor herausgebildet, der ein spezielles Eigeninteresse an Massenzuwanderung hat und von dem wohl in Österreich zehntausende und in Deutschland hunderttausende Menschen materiell abhängig sind. Zu diesem Sektor gehören nicht nur die Schlepperbanden, die mittlerweile mehr lukrieren als die Drogen-Mafia, sondern auch diverse Mitarbeiter/innen der Pro-Migrations-NGOs, Anwälte/innen, Dolmetscher/innen, Vermieter/innen von Unterkünften, Betreuer/innen in Unterkünften und Sozialeinrichtungen. Und auch einige große Pharmakonzerne werden voll absahnen, denn es werden mit der Massenmigration aus Afrika und Südwestasien Millionen neue Patient/inn/en geschaffen, deren medizinische Versorgung von den europäischen Steuerzahler/inne/n finanziert wird. Allein die Medikamente für die Behandlung von Hepatitis C, die besonders aus Nord-afrika mitgebracht wird, werden den deutschen Staat pro Jahr voraussichtlich 3-4 Milliarden Euro kosten.
In Deutschland hat – während im staatlichen Sozial- und Gesundheitssektor Arbeitsplätze abgebaut wurden – die Caritas mittlerweile 617.000 Beschäftigte und die Diakonie 453.000 (und damit deutlich mehr als Daimler-Benz, Siemens oder VW). Ein relevanter Teil dieser Beschäftigten ist in der Asylbranche tätig. Und da gibt es dann ein massives Eigeninteresse dieser NGOS, die aufgebauten Infrastruktur- und Personalkapazitäten zu erhalten. Und das gilt auch für die dort Beschäftigten: Ein ehemaliger Philosophie-Student, der von der an den Unis vorherrschenden Ideologie ohnehin schon auf Zivilgesellschaft und Refugee Welcome getrimmt wurde und der mangels anderer Berufsperspektiven dann einen Job als Betreuer von Asylwerbern ergattert hat, will den nicht verlieren und wird politisch entsprechend agieren. Und ganz nebenbei bieten diverse Pro-Migration-Stiftungen und -NGOs auch Versorgungsposten für ausrangierte Pro-Migration-Politiker; so wurde der ehemalige britische Labour-Außenminister David Miliband zum Chef des Flüchtlingshilfswerks International Rescue Committee (IRC) und erhält dafür pro Jahr 550.000 Euro, fast das Dreifache des britischen Regierungschefs.
Willkommenspolitik a la Bertelsmann und Merkel
Bereits seit etlichen Jahren spricht die herrschende Klasse von demographischen Problemen Europas. Das deutsche Statistische Bundesamt und andere Berechnungen gingen bereits um 2010 davon aus, dass die Bevölkerung Deutschlands, ohne verstärkte Zuwanderung, bis 2050 von den damaligen 82 Millionen auf etwa 70 Millionen zurückgehen würde (bei gleichzeitiger Überalterung) und dann weiter auf etwa 60 Millionen (eine Bevölkerungszahl, die Deutschland auch um 1900 hatte, damals auf deutlich größerem Gebiet). Im Frühjahr 2015 nahm sich dann die Bertelsmann-Stiftung der Sache an.
Diese Stiftung hält über 80 Prozent der Anteile am Bertelsmann-Konzern, für den über 116.000 Menschen arbeiten, der im Bereich Medien, Bildung und Dienstleistungen angesiedelt ist und zu dem unter anderem RTL/VOX, Penguin Random House, Gruner + Jahr, Bertelsmann Printing, eine Beteiligung an Sony und nebenbei etwa 100 Beteiligungen an Start-ups im Digitalbereich gehören. Die Stiftung selbst ist in Gütersloh (Nordrhein-Westfalen) beheimatet und hat 350 Mitarbeiter, die mit ihren Studien nach eigenem Anspruch „Prinzipien unternehmerischen Handelns“ und „Reformprozesse“ fördern. Der politische und gesellschaftliche Einfluss der Bertelsmann-Stiftung wurde in Deutschland wiederholt heftig kritisiert. Beispielsweise propagierte die Stiftung die Privatisierung von Krankenhäusern und ist selbst mit der Rhön-Klinikum-AG verbandelt, die davon profitiert. Rudolf Stumberger identifizierte die Bertelsmann-Stiftung 2007 in seinem Artikel „Die heimliche Regierung aus Gütersloh“ als „treibende Kraft bei Privatisierungen und dem Abbau von sozialen Leistungen“. Harald Schumann schrieb in seinem Text „Macht ohne Mandat“, es sei relativ egal, wer gewählt werde, die Bertelsmann-Stiftung regiere irgendwie immer mit. Und Wolfgang Lieb meinte in „Die Bertelsmann-Stiftung und ihre Verflechtungen“, dass aus privaten Netzwerken und Souffleuren der Macht tatsächliche Machthaber geworden seien. Auch die „Bildungsreform“ in Österreich, die unter anderem Rationalisierung und Entdemokratisierung im Schulwesen bedeutet und die vor dem Sommer 2017 noch schnell von der zerbrochenen SPÖ-ÖVP-Regierung mit Hilfe der Grünen durchgepeitscht wurde, ist zu guten Teilen auf dem Mist von Vorschlägen der Bertelsmann-Stiftung gewachsen.
Diese berüchtigte Stiftung hat nun im März 2015 eine 90-seitige Studie herausgebracht, die den wegweisenden Titel „Zuwanderungsbedarf aus Drittstaaten in Deutschland bis 2050. Szenarien für ein konstantes Erwerbspersonenpotenzial – unter Berücksichtigung der zukünftigen inländischen Erwerbsbeteiligung und der EU-Binnenmobilität“ trägt. Darin wird vorgerechnet, dass ohne Eingriffe die Zahl der Arbeitskräfte in Deutschland von derzeit 45 Millionen auf 29 Millionen sinken würde, also um 16 Millionen. Durch steigende Frauenerwerbstätigkeit und „Rente ab 67“ würden lediglich 1,1 Millionen dazukommen, auch eine „Rente ab 70“ (da zeigen sich auch diese Wünsche des Kapitals!) würde 2050 gerade einmal 2,5 Millionen weitere verfügbare Arbeitskräfte bringen. Aus anderen EU-Ländern, wie etwa Polen oder Rumänien sei, anders als in den letzten Jahren nicht mehr viel Zuzug zu erwarten (nämlich nur noch 42.000 bis 70.000 pro Jahr), da auch dort die Bevölkerung rückläufig sei. Das sei viel zu wenig, um den Arbeitskräfteverlust auszugleichen.
Die Bertelsmann-Vordenker/innen schlussfolgern daraus natürlich nicht, dass etwa die Arbeitszeit deutlich verkürzt oder andere Maßnahmen gesetzt werden müssen, die es Frauen und Männer leichter machen, Arbeit und Kinder unter einen Hut zu kriegen (schließlich hätte besonders die große Mehrheit der Frauen auch in Deutschland und Österreich gerne Kinder, viele Frauen bekommen aber erst spät Kinder, dann nur wenige oder schließlich gar keine, weil sie fürchten in der neoliberalen Konkurrenz- und Ellbogengesellschaft, die die Bertelsmann-Stiftung forciert, beruflich unter die Räder zu kommen) – denn solche Maßnahmen würden ja womöglich auf Kosten von Konzernprofiten gehen oder die Verfügbarkeit und Ausbeutbarkeit der Arbeitskräfte reduzieren; außerdem sind die so genannten DINKs (double income, no kids) aus Sicht des Kapitals vorbildliche Bürger/innen, die Vollzeit und gerne mit Überstunden arbeiten und voll „Party machen“ und konsumieren.
Vor allem aber sind Bevölkerungsrückgang und Alterung weitgehend ein Scheinargument – eines, das etwa auch der islamkritische konservative Politikwissenschaftler Michael Ley bemüht, der beklagt, dass 1995 in Deutschland oder Österreich zwei arbeitende Personen eine/n Pensionisten/in finanzieren mussten, 2050 aber nur noch eine Person eine/n Rentner/in erhalten wird müssen. Das ist keineswegs grundsätzlich ein Problem: Der Reichtum der deutschen oder österreichischen Gesellschaft ist in den letzten Jahrzehnten dermaßen gestiegen und die Produktivität dermaßen hoch, dass es (wenn die Bevölkerung auch unter verbesserten Bedingungen nicht mehr Kinder kriegen will) durchaus möglich wäre, auch mit einem geringeren Anteil an Erwerbstätigen einen steigenden Anteil an Pensionist/inn/en zu versorgen. Entscheidend ist die Arbeitsproduktivität (die in Deutschland von 1991 bis 2011 um 34,8 Prozent je Erwerbstätigenstunde gestiegen ist), also der technische Fortschritt und die gute Qualifikation der Arbeitenden. Und in allen hochentwickelten Ländern tendieren die jeweiligen Völker auch dazu, weniger Kinder zu haben und diese besser auszubilden (und global gesehen ist ein Bevölkerungsrückgang auch wünschenswert). Not-wendig ist bei einer Kombination von Bevölkerungs-rückgang und hoher Arbeitsproduktivität eine Reichtumsverteilung, die Arbeitende und Rentner-/innen leben lässt, während durch den Neoliberalismus der letzten Jahrzehnte der Reichtum immer mehr bei einer kleinen Oberschicht konzentriert wurde.
Dieser Zustand ist für die Ideolog/inn/en im Dienste von Bertelsmann aber klarerweise unantastbar. Und dass ein knappes Angebot an Arbeitskräften zu höheren Löhnen führen könnte, ist für die Kapitalist/inn/enklasse natürlich eine unerträgliche Gefahr. Deshalb kommt die Bertelsmann-Studie zu einer anderen Konsequenz: Mehr Einwanderung muss her! Nämlich bis 2050 in etwa 533.000 pro Jahr nach Deutschland. Und wenn Polen, Rumänien etc. eben nicht mehr als etwa 10 Prozent der „notwendigen“ Zahl hergeben, dann muss der Rest aus außereuropäischen Ländern („Drittstaaten“) kommen, also circa 480.000 pro Jahr. Dass mit einer solchen Massenzuwanderung aus Afrika und dem Nahen Osten das durchschnittliche Qualifikationsniveau der Arbeitskräfte sinken wird, steht für Bertelsmann nicht zur Debatte, stattdessen setzt man auf Propaganda:
Um die halbe Million Migrant/inn/en pro Jahr durchzusetzen, müsse sich Deutschland, wie die Chefs der Bertelsmann-Stiftung Jörg Dräger und Ulrich Kober in ihrem Vorwort fordern, „attraktiver für Zuwanderer aus Nicht-EU-Staaten“ machen, man müsse „den Einwanderern auch langfristige Bleibeperspektiven und zügige Einbürgerung in Aussicht“ stellen und es müsse „eine umfassende Willkommenskultur etabliert werden“. Dabei sei es „von höchster Bedeutung, bei einer Förderung von Zuwanderung die gesamte einheimische Gesellschaft mitzunehmen. “ Die Bertelsmann-Stiftung liegt mit der Propagierung einer „Willkommenskultur“ ganz auf der Linie von Soros, mit dessen Netzwerk sie ja auch verbunden ist und mit dem und Sutherland sie den Ton für die Ausrichtung des politischen und medialen Establishments in Deutschland angegeben hat.
Nur fünf Monate nach Veröffentlichung der Studie hat Merkel mit ihrer berühmten „Wir-schaffen-das“-Rede die „Willkommenskultur“ zur Regierungslinie erklärt und das ausgesprochen, was bei vielen Millionen Menschen (vor allem ohnehin schon auswanderungsbereiten jungen Männern) in Südwestasien und Afrika als Einladung wahrgenommen wurde. Das als einsame Entscheidung von Merkel abzutun oder es auf persönliche Motive Merkels zurückzuführen (siehe Marcus Franz, damals ÖVP, der Merkel „Kompensation“ unterstellte, die „nie geborenen eigenen Söhne werden dazu aus dem Orient geholt“), wäre hochgradig naiv. Sie war, wie wir gesehen haben, in den maßgeblichen Netzwerken der Transatlantiker/innen, der EU, der UNO, der superreichen Stiftungen und Pro-Migration-NGOs weitgehend vorbesprochen und geplant, und dementsprechend wurde diese Politik von CDU/ÖVP, Sozialdemokratie und Grünen geschlossen vorangetrieben und von den etablierten Medien zumindest anfangs weitgehend einhellig und nachdrücklich unterstützt.
Die Strategie des Establishments
Die „Willkommenspolitik“ wurde eben nicht nur von der CDU, der Hauptpartei des deutschen Kapitals, getragen, sondern ebenso von den anderen etablierten Parteien. Martin Schulz, Kanzlerkandidat der SPD, sagte noch 2016: „Was die Flüchtlinge uns bringen, ist wertvoller als Gold.“ Und Katrin Göring-Eckhardt, leitende Funktionärin der Evangelischen Kirche, Fraktionsvorsitzende der Grünen, Mitglied der Atlantik-Brücke und innerhalb der Grünen führende Proponentin des Sozialabbauprogramms Hartz4 und des NATO-Angriffskrieges auf Serbien 1999 schwärmte davon, wie die deutsche Gesellschaft von den Flüchtlingen profitiere – Unternehmen bekämen die benötigten Arbeitskräfte und Deutschland werde „religiöser, bunter, vielfältiger und jünger“; Göring-Eckhardt weiter: „Unser Land wird sich ändern, und zwar drastisch. Und ich freue mich drauf. “
Der Mainstream des Establishments in Politik und Medien argumentier(t)e die Förderung von Zuwanderung nach Deutschland, Österreich und in die EU insgesamt – auf einer Linie mit Sutherland, Soros und Bertelsmann – mit Demographie, Ökonomie und Vielfalt: Es brauche junge Zuwanderer/innen, um den Bevölkerungsrückgang auszugleichen und der Wirtschaft die nötigen Arbeitskräfte zu liefern. In diesem Sinne forderte der damalige ÖVP-Innenminister Wolfgang Sobotka Ende 2016 eine Nettozuwanderung von 50.000 pro Jahr. Auch zur gängigen Argumentation des Mainstreams gehört die These, dass kulturelle Vielfalt die Gesellschaft bereichere und auch der Innovationskraft der Firmen helfe. Sämtlich Argumentationen also, die über den Nutzen für die europäische Gesellschaft der Bevölkerung die Zuwanderung schmackhaft machen will – nicht zufällig ist am Titelbild der Bertelsmann-Studie ein lächelnder, orientalisch aussehender junger Mann zu sehen, der offenbar eine lächelnde, europäisch aussehende alte Frau betreut.
Und auch Reiner Hoffmann und Annelie Buntenbach aus der Führung des Deutschen Gewerkschafts-bundes hoffen, dass „erfolgreich integrierte Flüchtlinge die in 15 Jahren fehlenden sechs Millionen Arbeitskräfte ersetzen“ werden. Selbst bei einer unwahrscheinlichen Beschäftigungsquote der neuen Migranten von 30 Prozent müssten also an die 20 Millionen Migrant/inn/en kommen, von denen 70 Prozent von Sozialstaat finanziert werden müssten. Nach offiziellen Angaben kostet ein Asylwerber im Jahr etwa 13.000 Euro, bei 14 Millionen nicht beschäftigten Flüchtlingen sind das dann über 180 Milliarden Euro, was die deutsche Staatsverschuldung und den Spardruck in anderen Bereichen massiv erhöhen würde. Außerdem ist die Erwartung, dass Einwanderer/innen aus rückständigen, meist tribalen Gesellschaften, die oft mehr oder weniger Analphabeten sind, durch die eine oder andere Ausbildung in relativ kurzer Zeit für den Arbeitsmarkt eines hochentwickelten Industrielandes tauglich gemacht werden können, hochgradig naiv. Angesichts dessen, dass die Mehrheit der Flüchtlinge Ausbildungen bereits in den ersten Monaten wieder abbricht, tritt da bei manchen in der Wirtschaft langsam Ernüchterung ein.
Und auch das Argument der Innovation durch Flüchtlinge scheint reichlich fraglich, weil es sich auf eine unzulässige Verallgemeinerung des US-Wirtschaftsmodells stützt. Die Stärke der US-Ökonomie ist die technische Innovation von Produkten, während der Qualitätsaspekt weniger wichtig ist. Eine innovative Rolle spielen dort auch hochqualifizierte Migrant/inn/en aus Indien, Ostasien oder Europa. In Deutschland (und Österreich) wurden weniger technische Neuerungen erfunden, aber bestehende Produkte, etwa in den Bereichen Automobil, Maschinenbau, Medizintechnik etc., dermaßen perfektioniert, dass sie international oft konkurrenzlos sind. Besonders in Süddeutschland und Österreich und besonders im Bereich Maschinenbau bestehen seit Generationen Spezialfirmen in Kleinstädten, deren Arbeitskräfte in den umliegenden Dörfern wohnen und Produkte von einer Qualität herzustellen, die sie zu Weltmarktführern machen. Dass in diesem Modell afghanische oder afrikanische Migranten eine innovative Rolle spielen werden, ist einigermaßen weltfremd.
Dennoch wird dieses Argument von Politik, „Experten“ und Medien hartnäckig wiederholt – in einer interpretierbaren Weise vom deutschen Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). Er sagte Anfang Juni 2016 nicht nur, „Für uns sind Muslime in Deutschland eine Bereicherung unserer Offenheit und unserer Vielfalt“, sondern auch: „Die Abschottung ist doch das, was uns kaputt machen würde, was uns in Inzucht degenerieren ließe.“ Propagiert Schäuble in der Zuwanderung von Muslimen also nicht nur ökonomische Vorteile, sondern argumentiert er mit rassisch-biologistischen Begriffen? Die Deutschen würden ohne muslimische Zuwanderung biologisch kaputtgehen, sie würden degenerieren? Diese Inzucht-Degenerationsthese wäre angesichts einer Bevölkerung von über 80 Millionen natürlich hochgradig skurril. Und mit der Sorge um eine Art „gesunden Volkskörper“ begäbe sich der Willkommenspolitiker Schäuble auf rassentheoretisches Terrain. Er hätte dann die autoritäre Vorstellung, dass es die Aufgabe von Politik ist, die rassisch-biologische Durchmischung eines Landes zu steuern. Vielleicht hat Schäuble den Begriff Inzucht aber auch kulturell gemeint; dann befände er sich einfach nur in eigenwilliger Weise auf einer Linie mit dem Soros-Bertelsmann-Mainstream.
Flankiert wird dieser Mainstream von Leuten, die zum selben Ergebnis einer Pro-Zuwanderungspolitik kommen, aber anders argumentieren. Ein Beispiel dafür sind akademisch-liberale Stimmen und linke Strömungen (die bis in die Grünen hinein reichen), die – weil sie nicht in Klassen, sondern in Nationen denken – in ihrem Verständnis von Antifaschismus nicht konkret das (deutsche und internationale) Kapital, das die NSDAP finanziert hat, nicht die staatlichen Institutionen, die die NS-Politik mitgetragen und von den „demokratischen“ Westalliierten danach übernommen wurden, nicht die etwa 15 Prozent NSADP-Mitglieder, sondern „die Deutschen“ als kollektiv schuldig für den Nationalsozialismus ansehen. Mit Scheuklappen vor den Augen blenden sie alle fortschrittlichen und Widerstandstraditionen der deutschen Geschichte (von den Bauernkriegen über die Revolution von 1848 bis hin zur Arbeiter/innen/bewegung und dem deutschen Widerstand gegen die Nazis) aus und haben (in einer Art deutscher Autoaggression) einen Hass auf alles Deutsche, auf jegliche deutsche Kultur und insbesondere ein deutsches „Volk“. Diesem Volk wird, wenn es nicht gerade um seine Kollektivschuld geht, von diesen Strömungen oftmals das faktische Bestehen abgesprochen. Selbst Merkel hat im Februar 2017 proklamiert, „das Volk sind alle, die hier leben“. Und etwa zeitgleich sprach ein Gericht in Hamburg den türkischen Unternehmensberater und Aktivisten der Grünen Malik Karabulut, der die Deutschen als „Köterrasse“ bezeichnet hatte, frei, weil „die Deutschen“ als Kollektiv nicht beleidigbar seien. Nach dem Willen der antideutschen Ideologie sollen die Deutschen, als eine Art späte Strafe für die NS-Verbrechen, durch Zuwanderung als ethno-kulturelle Gemeinschaft eliminiert werden. Das gipfelt dann in linken Parolen wie „Ausländer, lasst uns nicht mit den Deutschen allein“ oder „We love Volkstod“. Oder wie der antideutsche, vom deutschen Establishment gefeierte Vorzeige-Journalist Deniz Yücel 2011 in der TAZ schrieb: „Der baldige Abgang der Deutschen ist Völkersterben von seiner schönsten Seite. Mit den Deutschen gehen nur Dinge verloren, die keiner vermissen wird.“ Letztere Strömungen sind wohl vor allem ein deutsches und österreichisches Phänomen, der Mainstream der Pro-Zuwanderungspolitik ist aber die Linie führender Kräfte in der EU.
Zusammengefasst lässt sich sagen, dass es den transatlantischen Eliten in der Migrationsfrage um mehrere Dinge geht: Erstens soll der Bevölkerungsrückgang in einigen EU-Ländern durch junge Zuwanderer ausgeglichen werden. Dabei wird die Mehrheit der Asylwerber/innen und der anderen Migrant/inn/en aus Afrika und Nahost mangels Qualifikation und fehlender Gewöhnung an Arbeits-prozesse in hochentwickelten Industrieländern wohl kaum stabil Teil der Arbeiter/innen/klasse sein. Die am besten qualifizierten (wie etwa einige syrische Ärzte) werden auch hier wieder in die Mittelschicht einsteigen. Eine Minderheit wird kontinuierlich lohnabhängig arbeiten. Ein großer Teil wird sich irgendwo zwischen Sozialhilfe, Gelegenheitsarbeiten, dubiosen Kleinstfirmen und Kriminalität bewegen; sie werden eine Art Ghetto und eine für Islamismus anfällige Unterschicht darstellen. Die meisten werden, anders als von den Eliten versprochen, keineswegs die nötigen Fachkräfte darstellen und kommende Renten finanzieren, sondern im Gegenteil vom Staat, also weitgehend von der arbeitenden Klasse, alimentiert werden müssen. Sie erfüllen dabei aber sehr wohl eine Funktion, nämlich als „Lumpenproletariat“ in manchen Branchen Druck auf die beschäftigten Lohnabhängigen auszuüben. Und die neoliberale Hauptströmung der EU-KapitaIist/inn/enklasse will das genau so. In der Folge wird die europäische Arbeiter/innen/klasse nicht nur die eigenen Rentner/innen und den Reichtum der Kapitalist/inn/en finanzieren müssen, sondern auch eine große unproduktive muslimische Unterschicht.
Zweitens soll – im allgemeinen Interesse des Kapitals und im speziellen Interesse der EU-Technokratie – eine nachhaltige ethnische Spaltung der Bevölkerung aufgebaut und gefestigt werden. Früher die Tschech/inn/en in Wien und die Pol/inn/en im Ruhrgebiet, zuletzt die Serb/inn/en und Kroat/inn/en in Österreich, die Spanier/innen in Frankreich oder die Ir/inn/en in England – sie alle haben sich nach dem Geschmack der herrschenden Klasse zu gut integriert. Sie sind, mit gewissen Eigenheiten, Teile der jeweiligen Gesellschaften geworden, nämlich so weit, dass ein Zusammenhalt und eine Durchmischung mit ihnen möglich ist, dass eine gesellschaftliche Solidarität und auch eine Solidarität der Lohnabhängigen möglich ist. Bei den Türk-/inn/en in Deutschland, den Nordafrikaner/inne/n in Frankreich oder den Pakistaner/inne/n in England, zu denen kulturell eine wesentlich größere Distanz besteht, war das nur bei kleinen Gruppen möglich (meist bei denen, die eine Verbindung zur Arbeiter/innen/bewegung haben). Genau das, eine stabile ethnische Fragmentierung der europäischen Gesellschaften, ist aber das Interesse des Establishments. Und genau deshalb favorisieren sie weitere Zuwanderung aus dem muslimischen Raum. Was sie wollen, sind US-amerikanische Verhältnisse.
Demographische Globalisierung
Der Großteil der Linken ist in den letzten beiden Jahren als begeisterte Cheerleader von Merkel und Sutherland aufgetreten. Mit ihrer Konzentration auf „refugee welcome“ haben sich diese Linken von der arbeitenden Bevölkerung noch weiter entfernt, als sie es ohnehin schon waren. Die wachsende Mehrheit der Arbeiter/innen hingegen steht der forcierten Einwanderungspolitik der Herrschenden und der medialen Begleitpropaganda instinktiv skeptisch gegenüber – sie spüren, dass es sich dabei um einen Frontalangriff auf noch bestehende Errungenschaften handelt. Natürlich gibt es da auch mehr oder weniger bornierte und rassistische Haltungen, aber die Lohnabhängigen fürchten zu Recht soziale Kosten, sozialen Druck und kulturellen Rückschritt durch muslimische Migrant/inn/en. Und da die Linke die Migrationspolitik des Großkapitals unterstützt und Islam und Islamismus verharmlost, können rechte Strömungen das entsprechende Vakuum in der Arbeiter/innen/klasse leicht auffüllen.
Der Unmut in der europäischen Bevölkerung ist dabei seit 2016 derart gestiegen, dass das Establishment darauf reagieren musste, sollte doch verhindert werden, dass einwanderungsfeindliche Parteien wie FPÖ, AfD oder Front National zu sehr anwachsen. Dementsprechend ist die refugee-welcome-Linie mancher Zeitungen aufgeweicht und Boulevard-Blätter wie die Kronenzeitung berichten mittlerweile ausführlich über sexuelle Übergriffe und andere kriminelle Aktivitäten von Asylwerbern. Vor allem aber gaben sich auch Christdemokrat/inn/en und Sozialdemokrat/inn/en zunehmend geläutert und versuchten der antimuslimischen Stimmung in der Bevölkerung in ihren Äußerungen Rechnung zu tragen. Das galt nicht zufällig besonders in Österreich, wo mit der FPÖ eine Anti-Einwanderungspartei besonders stark geworden ist und wo in der Folge seit 2016 Sebastian Kurz (ÖVP) und Hans Peter Doskozil (SPÖ) gegen weitere unkontrollierte Zuwanderung auftraten. Dennoch war und ist die Balkan-Route keineswegs wirklich geschlossen und die Einwanderung aus dem islamischen Raum lief bis zum Sommer 2017 verstärkt über das Mittelmeer. Auch 2016 gab es noch, ebenso wie 2015, 1,3 Millionen Asylanträge in der EU (verglichen mit 625.000 im Jahr 2014 und 430.000 im Jahr 2013); 2017 dürfte die Zuwanderung aus Afrika und Nahost nur etwas geringer ausfallen sein. Und der mit der EU-Techno-kratie bestens vernetzte Großspekulant Soros dürfte einer der Hauptfinanziers der NGO-Schiffe gewesen sein, die die Migrant/inn/en von Nordafrika nach Südeuropa brachten und bringen.
Im Sommer 2017 hat das Establishment dem Druck aus der europäischen Bevölkerung aber dann doch partiell nachgegeben. Vor dem Hintergrund der deutschen Bundestagswahl hat Merkel nicht nur ihre Rhetorik geändert, sondern musste zumindest auch einige Taten folgen lassen – zum Beispiel die Aufrechterhaltung von Kontrollen an den Grenzen und dann vor allem die Vereinbarung mit dem neuen französischen Präsidenten Emmanuel Macron bezüglich der Einwanderung aus Nordafrika. Und auch Italien und Spanien, die angesichts der Androhung von Grenzkontrollen anderer Länder und der Stimmung in der eigenen Bevölkerung unter Druck waren, setzten seit August 2017 auf eine restriktivere Politik im Mittelmeer. So wurden die Pro-Migrations-NGOs gezwungen, sich von italienischen Behörden überwachen zu lassen, um ihre mutmaßliche Kooperation mit Schleppern vor der libyschen Küste abzustellen, was prompt zur Aufgabe einiger NGO-Schiffe führte.
Es kann aber kein Zweifel daran bestehen, dass diese demonstrativen Maßnahmen und die geänderte Rhetorik zu guten Teilen zur Beruhigung des Publikums auf den billigen Plätzen gedacht sind. Die Regierungen wollen zeigen, dass sie wieder die Kontrolle über die Entwicklung herstellen. Nachdem mit der massiv erhöhten Zuwanderung 2015-17 zwar Fakten geschaffen wurden, gleichzeitig aber auch Friktionen zwischen den verschiedenen EU-Staaten und innerhalb der Länder gewachsen sind, setzen die Regierungen nun auf Konsolidierung. Die illegale Einwanderung wird vorerst gebremst werden, um Chaos und Unmut wieder in den Griff zu kriegen, gleichzeitig werden legale Zuwanderung aus dem islamischen Raum sowie Familiennachzug verstärkt werden. Durch diese vermehrt geordneten Formen werden die Zuwanderungszahlen 2017, 2018 etc. wohl etwas, aber nicht dramatisch unter den Zahlen von 2015/16 liegen.
Unter dem Druck des Aufstieges der AfD in Deutschland, der Bildung der neuen Regierung in Italien mit dem Lega-Innenminister Matteo Salvini und der generellen Stimmung im Großteil der europäischen Bevölkerung musste das globalistisch-multikulturalistische EU-Establishment im Juni/Juli 2018 weitere formale Zugeständnisse machen. Auf einem EU-Gipfel stimmte Merkel dem stärkeren Schutz der EU-Außengrenzen und anderen Einschränkungen zu, allerdings handelt es sich dabei um Absichtserklärungen, deren Umsetzung wohl Jahre dauern wird (wenn es überhaupt dazu kommt); bis dahin werden in Deutschland wohl weiter Tatsachen geschaffen, mit jährlich etwa 200.000 neuen Asylanträgen plus Familiennachzug plus illegale Einwanderung aus verschiedensten Richtung. Auch das Zugeständnis der möglichen Abweisung von bereits in anderen EU-Staaten registrierten Asylwerbern, das Horst Seehofer (CSU) angesichts der bayrischen Wahlen bei Merkel erreicht hat, wird wohl kaum eine Änderung bringen, denn dann werden sich eben kaum mehr Migranten in anderen Ländern registrieren lassen beziehungsweise werden sie in noch größerem Ausmaß ihre Pässe wegwerfen und mit Fantasienamen in Deutschland Asyl beantragen. Und vor allem hat sich an den grundsätzlichen Zielen der herrschenden Klasse und ihrer politischen Handlanger, nämlich neoliberale Deregulierung und europäische Integration durch ethnische Fragmentierung mittels Zuwanderung, nichts geändert.
Wie sieht es angesichts der Stimmung in der Mehrheit der europäischen Bevölkerung nun in der Propaganda des Establishments aus? Die Herrschaften machen sich durchaus Gedanken über die Lage. Eine großangelegte Studie des Chatham House befragte in zehn europäischen Ländern jeweils etwa 1.000 einfache Einwohner/innen (repräsentativ nach Alter, Geschlecht etc.) und führte Interviews mit insgesamt 1.823 Mitgliedern der „Elite“ (Politiker/innen, Unternehmer/innen, Manager/innen, führen-de Journalist/inn/en etc.) zum Thema. 56 Prozent der normalen Bevölkerung waren für einen völligen Stopp der Einwanderung aus muslimischen Ländern, von der Elite nur 32 Prozent (und ziemlich idente Ergebnisse gab es zu den Fragen von Vereinbarkeit von islamischem und europäischem Lebensstil bzw. ob Zuwanderer eine Belastung für den Sozialstaat sind). Die Studienautoren ziehen aus den Ergebnissen die Konsequenz, dass die „Führer der EU-Institutionen“ größere Anstrengungen unternehmen müssen, um die Kluft zwischen ihren Haltungen und denen ihrer Bürger/innen zu überwinden.
Und auch die Bertelsmann-Stiftung macht sich Sorgen. In der neuen Studie „Willkommenskultur im ‚Stresstest‘“ von April 2017 zeigen sich die Autoren zwar zufrieden, dass eine Mehrheit weiterhin der Aussage zustimmt, dass kulturelle Vielfalt ein Gewinn sei. Weniger zufrieden sind sie damit, dass die Bereitschaft zur Aufnahme weiterer Flüchtlinge sinkt, dass die „Vorteile von Einwanderung“ immer weniger wahrgenommen würden, dass nur noch ein Drittel die „Einwanderung von Fachkräften“ für nötig hält, dass 79 Prozent der Meinung sind, dass Zuwanderung ein Belastung für den Sozialstaat ist, und 72 Prozent, dass sie zu „Konflikten zwischen Einheimischen und Einwanderern“ führt. Und die Schlussfolgerung der Bertelsmann-Stiftung: „Es ist nicht selbstverständlich, dass sich die bisherige Willkommenskultur auch in den nächsten Jahren noch als robust erweist, zumal ausländerkritische Einstellungen mittlerweile stärker politisch organisiert sind als noch in den vergangenen Jahrzehnten. Die Warnsignale sind ernst zu nehmen: Jetzt sind die Weichen zu stellen, damit Deutschland auch in Zukunft eine offene Gesellschaft für Einwanderung und Vielfalt bleibt.“
Ein solches Ernstnehmen der Warnsignale bedeutet vor allem eine rhetorische Berücksichtigung der „Ängste“ der Bevölkerung, wie das paternalistisch und herablassend von Seiten des politischen und medialen Establishments dann stets heißt. In der praktischen Politik haben wir aber höchstens eine zeitweilige Reduktion der Zuwanderung aus dem islamischen Raum, aber keine Änderung der Grundlinie. Diese ist und bleibt das Vorantreiben einer demographischen Globalisierung, die den ungehinderten Verkehr von Kapital und Waren durch eine kapitalkonforme Verschiebung von Arbeitskräften ergänzen soll. Verstärkter Lohndruck durch die Präsenz von deklassierten Unterschichten und eine nachhaltige ethnische Fragmentierung der Bevölkerung sollen die Durchsetzung des Neoliberalismus in Europa vollenden. Das Vorbild des US-Modells und tribalistische Konflikte a la „Gangs of New York“ (Film von Martin Scorsese) sollen eine Solidarität der Bevölkerung gegen die Zumutungen der globalistisch-kapitalistischen Ausbeutung verunmöglichen.
Der Großteil der „Linken“ in den Grünen, der Sozialdemokratie und der studentischen linken Szene sind in den letzten Jahren als Anhängsel der Zuwanderungspolitik des Establishments aufgetreten und manchmal sogar als Speerspitze davon; sie haben sich, völlig abgehoben von der Arbeiter/innen-/klasse, in diesen Fragen massiv verrannt. Im Gegensatz dazu ist es die Aufgabe einer marxistischen Analyse, die oben beschrieben Realitäten wahrzunehmen und einzuschätzen. Das ist die Grundlage, um überhaupt erst eine Politik im Sinne der Lohnabhängigen zu entwickeln. Bevor man dann zu konkreten Schlussfolgerungen kommt, wird es aber auch notwendig sein, noch einige andere Fragen aufzuwerfen und möglichst zu klären, etwa folgende: Was bedeuten perspektivisch Zuwanderung und „Islamisierung“ auf verschiedenen Ebenen? Was ist der soziale und politische Charakter des Islamismus? Was sind die Konsequenzen der intensivierten Zuwanderung für die Theorie der nationalen Frage und des Selbstbestimmungsrechts? Diese und andere Fragen müssen allerdings eigenen Artikeln vorbehalten bleiben.
(verfasst im Juni und Juli 2017, einige spätere Ergänzungen und Aktualisierungen)
Erschienen in: Marxismus gegen Islamisierung (MAGIS): Von einer schonungslosen Lageeinschätzung zu einer Neuausrichtung der Arbeiterinnenbewegung. Osnabrück. 2018. S. 13 – 56.