Der Schreibtischtäter
Kritische Anmerkung zu einem postmodernen Kreuzritter
Karl Theodor zu Guttenberg hat massiv und hemmungslos plagiiert und seinen Doktortitel mittels betrügerischer Täuschung erschlichen. Dafür musste er zwangsläufig zurücktreten.
Patrick Bahners hat Schlimmeres getan. Er hat eine üble demagogische Hetzschrift verfasst, in der er nach der „Haltet-den-Dieb“-Methode Kritik an einer zutiefst reaktionären Weltanschauung und Herrschaftsideologie wie dem Islam als „Panikmache“ verleumdet. Was er liefert ist ein geschlossenes System von wahnhaften Ressentiments gegen eine gut begründete kritische Einstellung, welche die unzähligen Gewalttaten und -absichten von „streng gläubigen“ Muslimen mit der Konstitution von deren religiöser Leitideologie in Verbindung bringt.
Aus der Froschperspektive seines Genres hat Bahners sich die medial unmittelbar fassbare Islamkritik und einige vermeintliche und tatsächliche Vertreter herausgepickt, über die er im Stile eines Opus-Dei-Eiferers herfällt. (Dass er Bassam Tibi und Hans-Peter Raddatz in einem Abschnitt behandelt, zeigt bereits hinreichend, wie wenig er von der Materie versteht.)
Thilo Sarrazin und Henryk M. Broder haben ihm geantwortet. Die kritisch-gesellschaftswissenschaftliche Islamanalyse liegt außerhalb der feuilletonistischen Verarbeitungschancen, und so muss ich mich nicht näher mit Bahners halbgarem Schund auseinandersetzen.
Worauf es mir ankommt ist etwas anderes als Bahners Kaskade der aggressiven Missverständnisse: Es geht um das öffentlich-mediale Klima, das Islamkritikhasser wie Bahners und Konsorten mit ihren Aufrufen zum Dschihad erzeugen, indem sie nicht nur den islamophil-„antirassistischen“ Straßenmob befeuern, sondern indirekt den offenen und verdeckten Islamisten apologetischen Flankenschutz geben und verkappte Legitimation verleihen. Von der Redaktionstube der FAZ bis zum Frankfurter Flughafen ist nicht nur die räumliche, sondern auch die ideologische Entfernung überschaubar.
Monika Maron hat den Kern von Bahners aufklärungsfeindlicher Hasspredigt getroffen:
„Da zitiert er seine bevorzugte Feindin Necla Kelek mit der Frage, ob wir keine Deutschen, Türken, sondern zuerst Christen, Juden oder Muslime seien; keine Bürger, sondern Gläubige oder Ungläubige? Und Bahners antwortet: ‚Ein Christ müsste antworteten: Ja, ich bin zuerst Christ und dann Deutscher oder Türke. Denn als Christ bin ich um meine ewige Seligkeit besorgt, als Bürger kümmere ich mich um die vorletzten Dinge.’ Den Satz ‚Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen’ kann er nicht preisgeben.“(Das ist Sayyid Qutb auf christlich und liefert die ideologische Basis für Bahners Kumpanei mit dem orthodoxen Islam!)
Genau diese These aber negiert in absoluter Form die Grundsubstanz des echten Aufklärungshumanismus: Diese besteht nämlich darin, dass der höherwertigen Bindung an eine nicht verifizierbare überirdische Instanz, der noch dazu eine (legitimationsideologisch missbräuchliche) allgemeinverbindliche Gesetzestafel angedichtet wird, in soziokultureller und rechtlich-normativer Hinsicht die Wurzel gezogen wird.
Demgegenüber ist uneingeschränkte „Religionsfreiheit“ eben kein „Wert“ der Aufklärung, sondern das Ergebnis einer postjakobinischen (reaktionären) Aufweichung und Verwässerung – insbesondere in Deutschland aufgrund der Schwäche der dortigen adelsunterworfenen Bourgeoisie. Die „Toleranz“ der revolutionär siegreichen Aufklärung beinhaltete tatsächlich nichts anderes als die (leicht abschätzige) Erduldung eines „gebrochenen“, domestizierten und privatisierten Glaubens im Sinne des Artikels 10 der Erklärung der Menschen- und Bürgerechte von 1789:
„Niemand soll wegen seiner Anschauungen, selbst religiöser Art, belangt werden, solange deren Äußerung nicht die durch das Gesetz begründete öffentliche Ordnung stört.“ (Hervorhebung von mir, H. K.)
Anschauungen religiöser Art bilden demnach den äußersten Rand des gerade noch Tolerablen. Zudem wird ein klarer einschränkender Duldungsvorbehalt ausgesprochen: Die „Anschauungen religiöser Art“ müssen sich den geltenden Gesetzen/Menschenrechten unterwerfen. Dieses neue (umgewälzte) Dominanzverhältnis, das sich zu einem Kernstück der europäischen Moderne verallgemeinert hat, drückt sich dann konsequent aus in der Trennung von religiöser Weltanschauung, Staat/Politik, Recht und Privatsphäre. Das läuft natürlich auf eine Dezentrierung und Entmachtung der religiösen Weltanschauungsgemeinschaften einschließlich ihrer Instanzen hinaus und provoziert deren konterrevolutionären Widerstand bis hin zum Feuilletonchef der FAZ.
Wohin man Bahners als späten Antiaufklärer, verhinderten Inquisitor und katholisch-islamophilen Fälscher zu einem ernüchternden Abenteueraufenthalt schicken sollte, ist nicht das Dschungelcamp, sondern jener Ort, von dem der SPIEGEL 9/28.2.2011, S.54ff. berichtete:
Überschrift: Ohne Gott und ohne Fusel (Messwein, H.K.)
„Der Clash der Religionen ist einer der großen Konflikte unseres Jahrzehnts. Mitten in Afrika, im äthiopischen Dorf Awra Amba, herrscht Friede. Christen und Muslime haben dem Glauben abgeschworen, um zusammen glücklich zu werden – und es klappt.“
Allerdings sind auch Bahners Schützlinge nicht weit entfernt:
Der in der Nähe sein Unwesen treibende Imam Mohammed Mota urteilt sehr aufschlussreich über das gottlose Dorf:
„Dort leben Ungläubige, und seiner Meinung nach ist der Koran eindeutig, wenn es um die Frage geht, was mit Ungläubigen zu geschehen habe: ‚Man muss sie umbringen, aber im Moment ist uns das hier nicht möglich, wir sind nicht an der Macht.’ Wenn sich das eines Tages ändern sollte, würde dem Wunsch Allahs Genüge getan werden, sagt er. Dann wünscht Mota einen guten Tag, wäscht sich die Füße, Hände, verschwindet in der Moschee.“
Soviel zum Bahnersschen Verbrüderungsthema: „Man muss Gott/Allah mehr gehorchen als den Menschen.“
Als fundamentalistischer Kreuzritter wider die Aufklärung ist Bahners um seine „ewige Seeligkeit“ besorgt. Was einen modernen Europäer demgegenüber aber ernsthaft Sorge bereiten sollte, ist die bislang noch unzureichende Abwehr- und Notwehrbereitschaft der „Konfessionslosen“
Einen gewissen Trost findet man dann als „Ungläubiger“ aber doch noch in der Abschlusspassage des Spiegel-Artikels. Sie lautet:
„Ein Mann löst sich aus dem Schatten eines Baumes. Er begleitet Nuru (so heißt der Gründer der gottlosen Gemeinschaft, H. K.), sobald er das Dorf verlässt. Der Mann ist Nurus Leibwächter. Er trägt ein Gewehr.“
Nachtrag
Wie vor ihm schon der pseudolinke Islamkritikhasser und KONKRET-Autor Kay Sokolowsky hat mittlerweile auch Patrick Bahners der „Islamischen Zeitung“ ein Interview gegeben. Dieses Organ, das gewissermaßen als „Deutsche Nationalzeitung“ der Islamapologetik und Konvertitenszene fungiert, wird herausgegeben von dem Radikalkonvertiten Abu Bakr Rieger. Von Rieger, ursprünglich Mitkatholik von Bahners, ist bekannt, dass er auf einer Veranstaltung zu Ehren des Islamisten Cemaleddin Kaplan den anwesenden Glaubensbrüdern und -schwestern Folgendes erklärte:
„Wie die Türken haben wir Deutschen in der Geschichte schon oft für eine gute Sache gekämpft, obwohl ich zugeben muss, dass meine Großväter bei unserem gemeinsamen Hauptfeind nicht ganz gründlich waren.“
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,508870,00.html
Nach bekannt werden dieser Aussage musste Rieger von seiner Funktion als Zweiter Vorsitzender des Islamrates zurücktreten. (Der Islamrat ist eine Organisation, zu der mit Milli Görüs auch der größte islamistische Verband in Deutschland gehört und die trotz ihrer menschenrechtsfeindlichen Ideologie lange Zeit an der staatlichen Islamkonferenz teilnehmen durfte.)
Angesichts der aktuell bestehenden Kräfteverhältnisse in Deutschland distanziert sich die Islamische Zeitung zwar von Terrorismus und Selbstmordattentaten, ist tatsächlich aber ideologisch fest eingebettet in die Al-Murabitun-Bewegung (in Wehrklöstern stationierte Gotteskrieger), deren krude Lehren von Antijudaismus, salafistischer Islamauslegung und naziähnlicher Hetze gegen das „jüdisch beherrschte Finanzkapital“ geprägt sind.
Zur islamo-nazistischen Position Riegers, die sich hinter einer formal „moderaten“ Fassade verbirgt, vgl.:
http://europenews.dk/de/node/17595
Während in den auf diesem Themengebiet weitgehend gleichgeschalteten Mainstream-Medien ein groß angelegtes Manipulationsmanöver mit dem Schlüsselcode „Islamkritik=Rechtspopulismus“ läuft, hat sich de facto längst eine obskure Querfront von Islamapologeten gebildet, die von fundamentalistischen Rechtskatholiken wie Bahners über grüne und halblinke Multikulturalisten bis hin zu poststalinistischen Antimarxisten wie Sokolowsky oder einem aus der Haft entlassenen Stasi-Führungsoffizier reicht. Dass sich diese Leute ungeniert von der deutschen Islamistenszene funktionalisieren lassen, hat bezeichnenderweise bisher noch kaum einen journalistischen Wächter der politischen Korrektheit und Kontaktreinheit gestört.