Bat Ye’or: Europa und das kommende Kalifat – Der Islam und die Radikalisierung der Demokratie
Übersetzung, Hintergründe und Kommentierung von Hans-Peter Raddatz
Duncker & Humblot Berlin 2013. 228 Seiten. Paperback. 24,90 €
ISBN 978-3-428-13831-9 (Print)
Während große Teile der Bevölkerung in Europa dem Islam und der durch ihn bestimmten Herrschaftskultur aus guten Gründen kritisch und ablehnend gegenüberstehen, folgen die herrschenden und tonangebenden Kräfte in Wirtschaft, Politik und Medien einem dezidiert proislamischen Kurs. Wesentliche Ausdrucksformen dieser umfassend spürbaren Ausrichtung sind a) die enge Interessenabstimmung mit islamischen Führungsinstanzen auf supranationaler Ebene, b) die Gewährleistung und Absicherung mehrdimensionaler Islamisierungsprozesse in den westlichen Zuwanderungsländern sowie c) die systematische Diskriminierung und mediale Ausgrenzung islamkritischer Positionen.
Was aber sind nun die näheren Hintergründe, Triebkräfte, situativen Zusammenhänge und institutionellen Verwirklichungsmechanismen dieser westlich-islamischen Herrschaftsallianz hinter dem Rücken und auf Kosten der europäischen Bevölkerung?
Dieser Frage geht die unter dem Pseudonym Bat Ye’or (Tochter des Nils) schreibende, in Ägypten geborene und in der Schweiz lebende jüdische Autorin engagiert und anhand einer sorgfältigen Sichtung eines umfangreichen Dokumentenmaterials nach.
Strategischer Ausgangspunkt: Das Streben des Islam nach universeller Weltherrschaft
Von zentraler Bedeutung sowohl für das Begreifen der islamischen Globalpolitik als auch für die Absurdität der westlichen proislamischen Verhaltensweise ist die Herausarbeitung des universellen Herrschaftsstrebens als Grundinhalt und bestimmender Wesenszug des authentischen Islam. So akzeptiert der Islam keine Gleichberechtigung von Muslimen und Nichtmuslimen, sondern duldet Letztere bestenfalls im Status des unterworfenen tributpflichtigen Schutzbefohlenen (Dhimmi), sofern es sich um Besitzer heiliger Bücher (Christen, Juden und wenige andere) handelt. Nichtbesitzern heiliger Bücher wie Polytheisten und Religionsfreie wird dagegen schlichtweg das Existenzrecht bestritten.
Bat Ye’or, die zuvor Bücher über den Dhimmistatus veröffentlicht hat, rückt folgerichtig das Djihad-Konzept ins Zentrum der Analyse islamischer Herrschaftspolitik und stellt ein wenig übertreibend fest, „dass die Djihad-Ideologie der Welteroberung, angetrieben von Milliarden Petrodollars sowie erleichtert durch die Nachgiebigkeit europäischer Regierungen und die Rivalität zwischen den Westmächten, nun in jedem Winkel der Welt in voller Blüte steht.“ (S. 4).
In Anlehnung an Bassam Tibi unterstreicht sie, dass es zwischen Muslimen und Nichtmuslimen keinen wirklichen dauerhaften Frieden geben kann, da Frieden mit Nichtmuslimen aus islamischer Perspektive immer Unterwerfung oder Konversion voraussetzt und insofern nur ein „islamischer Diktatfrieden“ möglich ist. Im Grunde nämlich ist die pure Existenz von Nichtmuslimen ein zu überwindender gotteslästerlicher Frevel.
Da die islamische Offenbarung die Muslime unumstößlich dazu verpflichtet, die Allah gehörende Erde zu islamisieren, geht deshalb niemals von ihnen eine kriegerische oder aggressive Handlung aus (da sie doch nur den göttlichen Auftrag erfüllen!). Vielmehr sind es grundsätzlich die Nichtmuslime, die aggressiv und kriegerisch handeln, indem sie die von Allah befohlene Islamisierung der Welt verhindern wollen und sich den göttlich verpflichteten Muslimen widersetzen. In dieser Sichtweise ist der Djihad nichts weiter als die geheiligte Rückeroberung von Gebieten, die den wahren Gläubigen gehören und von Nichtmuslimen widerrechtlich besetzt sind. „Insofern qualifiziert die Wiederaneignung von Land, das in jedem Falle dem Islam gehört, den Djihad zu einem defensiven, gerechten und legalen Krieg der Muslime, da er den Willen Allahs wiederherstellt und durch die Unterwerfung und Erniedrigung der Nichtmuslime den Frieden bringt.“ (S. 7)
Die OIC als aktuelles Instrument der islamischen Herrschaftsstrategie
Als zentrale und repräsentative Institution, die den globalen Herrschaftsanspruch des Islam in der Gegenwart vertritt, fokussiert Bat Ye’or die Organisation für Islamische Zusammenarbeit (OIC), der 56 Staaten mit islamischer Staatsreligion bzw. muslimischer Mehrheitsbevölkerung angehören. Die OIC wurde 1969 in Rabat (Marokko) als Reaktion auf die Eroberung Jerusalems durch Israel im Sechstagekrieg von 1967 und damit auf den Verlust des Hoheitsrechts über die Al-Aqsa-Moschee gegründet. Bis zur angestrebten Rückeroberung Jerusalems und der Al-Aqsa-Moschee befindet sich der Sitz der OIC in der saudi-arabischen Stadt Dschidda. Ebenso wie die 1962 in Mekka gegründete Islamische Weltliga mit zahlreichen Unterorganisationen[1] unterliegt auch die OIC dem ausschlaggebenden Einfluss Saudi-Arabiens und des dort vorherrschenden strikt-dogmatischen Islamverständnisses.
Bat Ye’or rekapituliert eine ganze Reihe von Dokumenten diverser OIC-Konferenzen sowie Reden des ehemaligen, aus der Türkei stammenden OIC-Generalsekretärs Ihsanoglu (2005-2013) und entwirft so ein umfassendes Bild der aktuellen Zielsetzungen und Vorgehensweisen der islamischen Herrschaftsstrategie. Dabei lassen sich folgende zentralen Aspekte erkennen:
- Gemäß der Kairoer Erklärung der Menschenrechte der OIC vom August 1990, die sämtliche normativen Festlegungen unter Schariavorbehalt stellt und damit im diametralen Gegensatz zum säkularen Ethik- und Rechtsverständnis steht, forderte die Islamische Weltliga 2000 auf einem Symposium in Rom die Weltöffentlichkeit dazu auf, die von Allah im Koran verfügten Gesetze sowie die Scharia als verbindliche Grundlage der Menschenrechte anzuerkennen und zu respektieren. Demnach hätten die Menschenrechte ihre wahren Wurzeln im islamischen Recht. Allah sei beides: Quelle der Menschenrechte und Ursprung des Maßstabs, an dem das Verhalten des Menschen gemessen werden sollt; die Würde des Menschen wäre folglich ein Vermächtnis Allahs. Die Menschheit wird aufgefordert, den Willen Allahs umzusetzen.
Unter der Voraussetzung, dass der Westen den Islam als „Gründer der Menschenrechte und Herrscher über die Werte der Gerechtigkeit und Gleichheit unter allen Lebewesen“ anerkennt, bot der OIC-Generalsekretär Ihsanoglu in einer Rede vor dem Straßburger Europaparlament am 4. Oktober 2005 der EU einen „offenen und kritischen Dialog“ mit dem Ziel an, einen Pakt der Versöhnung zu schließen. Folgerichtig beinhaltet die Umsetzung eines solchen Pakts in der Sicht der OIC nichts weiter als die islamgerechte Umgestaltung der westlichen Länder, wobei der „offene und kritische Dialog“ als konkrete Umsetzung dieser Umgestaltung begriffen wird: Die islamische Seite stellt Forderungen, die westliche Seite erfüllt sie.
- Ein hervorstechendes Ziel der OIC ist die Herstellung eines unkritisch-proislamischen Klimas in der westlichen Öffentlichkeit, den Medien, im Bildungssystem etc. So werden die westlichen Länder dazu aufgefordert, kritische Aussagen über den Islam und die Muslime aus den Lehrplänen zu entfernen. Zugleich soll die Verherrlichung der islamischen Zivilisation dem Westen als Leitbild oktroyiert werden. So wird zum Beispiel in einer Liste von Empfehlungen des OIC-Gipfeltreffens in Mekka vom Dezember 2005 gefordert, „die westliche Führerschaft aufzuklären über a) die positive Rolle des Islam im Aufstieg der modernen Zivilisation und b) über deren moralische Verpflichtung, die sozio-ökonomische Entwicklung des Südens zu fördern“ (S. 55). Ebenso soll die Vorstellung vom friedlichen Djihad in seinen zahlreichen Dimensionen gefördert werden, während der Westen dazu angehalten wird, jegliche Verbindung zwischen Islam und Terrorismus zu leugnen. Insgesamt geht es der OIC darum, „ein glänzendes, gleichwohl ausgewogenes Bild der wahren Werte und Prinzipien des Islam durch alle zu Gebote stehenden Mittel und Kanäle zu fördern“ (…) und „die positiven Seiten der Scharia zu propagieren“ (S. 55f.).
Generell soll der Medienbereich im Westen gemäß den Wünschen der OIC systematisch im Interesse einer proislamischen Berichterstattung und respektvollen Darstellung des Islam gleichgeschaltet und zu einer promuslimischen Dienstleistungsagentur umfunktioniert werden, um „die Universalität der Lehren und Werte des Islam weltweit zu verbreiten.“ (S. 56)
- Die proislamische Umgestaltung der westlichen Öffentlichkeit erfordert zwangsläufig die systematische Zurückdrängung und Unterdrückung islamkritischer Einstellungen und Artikulationen. Dementsprechend besteht eine Haupttätigkeit der OIC-Akteure darin, auf Konferenzen, internationalen Foren, Kommissionssitzungen etc. unablässig die Ausrottung von Islamkritik zu fordern, die im Stile einer groß angelegten globalen Demagogiekampagne mit „Islamophobie“ und „Rassismus“ gleichgesetzt wird. So betonten die Oberhäupter der OIC-Staaten auf der dritten außerordentlichen Sitzung des Islamischen Gipfels in Mekka am 7./8. Dezember 2005 die Notwendigkeit, die Islamophobie „zu bekämpfen und auszurotten als ein Verfahren, das die Qualität des gegenseitigen Verstehens zwischen den verschiedenen Kulturen verbessert“. (S. 49). In diesem Sinne werden die westlichen Staaten angestachelt, „Gesetze gegen die Islamophobie zu erlassen sowie zu ihrer Bekämpfung bildungstechnische und mediale Kanäle nutzbar zu machen“ (ebd.).
Wie Bat Ye’or hervorhebt, besteht die demagogische und im Endeffekt gemeingefährliche Hybris der OIC-initiierten und gesteuerten Kampagne gegen „Islamophobie“ auch darin, den 11. September von seiner islamischen Motivationsbasis und Verantwortung zu trennen und in ein Symbol der Islamophobie umzuformen, das die Muslime als Opfer des Westens kennzeichnet („Haltet-den-Dieb-Methode“).
Im zweiten Observationsbericht der OIC über Islamophobie wird unverhohlen eine verordnete Schönfärbung des Islam (als einer moralischen und fortschrittlichen Kraft, die Europa über ein Jahrtausend zivilisatorisch geformt habe) in Schulen und allen sonstigen Bildungseinrichtungen als Strategie gegen die phobische Islamfeindlichkeit gefordert. Gerügt wird in diesem Kontext die finanzielle und politische Verweigerungshaltung westlicher Institutionen gegenüber dieser ideologischen Initiative. In kolossaler Selbstgerechtigkeit wird anderseits jegliche selbst erzeugte kritische Ablehnung des Islam „islamophobisiert“ – eine diskursive Provokation, die angesichts der umfassenden und vielfältigen globalen Gewaltagenda islamischer Akteure eine eigenständige Quelle der Erzeugung, Verfestigung und massenhaften Verankerung islamkritischer Einstellungen in nichtmuslimischen Ländern darstellt.
Der Bericht zielt darüber hinaus explizit ab auf die umfassende Gewinnung und Instrumentalisierung westlicher Regierungsinstitutionen, Medien, Parteien, Journalisten, „Islamwissenschaftler“ etc. als willfährige Bündnispartner im Kampf gegen „Islamophobie“ und setzt damit unverhohlen auf die ja durchaus sehr erfolgreiche Rekrutierung proislamischer Quislinge in Europa – ein Modell, das bereits von den nach Weltherrschaft strebenden Nazis erfolgreich praktiziert wurde.
Demgegenüber stellt Bat Ye’or fest: „Die Islamophobie, wie sie der Bericht anprangert, kann als legitimer Widerstand in bestimmten Kreisen Europas gegen den demographischen und kulturellen Imperialismus der OIC in ihren Ländern gewertet werden, der sich wiederum mit der stillschweigenden Billigung der einheimischen Regierungen vollzieht. Diese gegenseitige Beeinflussung geht mit politischem Druck einher und ersetzt den demokratischen Prozess durch Autoritarismus“ (S. 145).
- Ein weiterer zentraler Aspekt der OIC-Agenda ist der Einsatz für die Bewahrung der islamischen Identität und damit gegen die normative Integration der muslimischen Einwanderer in die westliche Gesellschaftsordnung und Wertekultur. Schon auf der zweiten OIC-Konferenz in Lahore 1974 sprach sich der damalige Generalsekretär al-Tuhami dafür aus, „die Söhne unserer gegenwärtigen Generation gegen die blinde, sinnlose Einschränkung durch die Methoden, Bräuche und Konzepte der Nichtmuslime“ zu schützen und „die Flut von Verwirrung und Verderbnis einzudämmen“, die von der nichtmuslimischen Lebensumwelt ausgeht. (S. 68)
In ihrem Text „Strategie islamischer Kulturaktion im Westen“, verabschiedet im November 2000 in Doha, stellt die OIC explizit fest, „dass die islamischen Diaspora-Gemeinden einen Teil der islamischen Nation bilden“ (S. 67). Um diese herrschaftsstrategische Abteilung der westlichen Gemeinden zu stärken, werden unermüdliche Islamaktivitäten in den Bereichen Erziehung und Kultur gefordert, denn „die Bewahrung der Identität erfordert eine rechtsgültige islamische Erziehung. Ebenso verlangt sie nach sorgfältig ausgearbeiteten Programmen hinsichtlich Bildung, Führung und Sozialfürsorge. … Daher sollten die Muslime in Europa einen einheitlichen Plan für die Zukunft der dortigen islamischen Präsenz entwerfen. Diese Strategie sollte sich darauf ausrichten, den Muslimen der Diaspora die erforderlichen Bedingungen zu schaffen, um die Schlüsselpositionen in den Gastgebergesellschaften zu besetzten – ökonomisch, kulturell, politisch, informationell. Dies sind die Hauptgründe gewesen, die eine Strategie der islamischen Kulturaktion erfordern, speziell zugeschnitten auf die Muslimgemeinden im Westen.“ (S. 70; Hervorhebung vom Rezensenten)
- Nicht zuletzt bildet eine ausgeprägte Judenfeindlichkeit und Israelfeindschaft einen Wesenskern der OIC-Politik. Mit Bezug auf zwei Bände umfassende Protokolle von Konferenzen in Rabat (1993 und 2002) und Amman (2004) gelangt Bat Ye’or zu dem Schluss, dass diese „ein Monument des Hasses und antijüdischer Agitation“ darstellten, „das die nationalsozialistische Literatur hinter sich lässt, mit Sätzen wie ‚Juden sind die Feinde Allahs, die Feinde des Glaubens und die Feinde der Anbetung Allahs‘“. (S. 116). Der Übersetzer Hans-Peter Raddatz merkt hierzu an: „Die Formulierung ‚Feinde Allahs und des Glaubens‘ mag für sich allein gesehen noch nicht über die Menschenverachtung der Nazi-Doktrin hinausgehen, doch ist es nach Auskunft der Autorin die zweibändige Massierung der Androhung von Gewalt und Vernichtung, die keinen Vergleich mit den Praktiken des Dritten Reichs zu scheuen braucht. Die Aussage lässt insofern die Nazis hinter sich, als sie von einer ‚Kulturorganisation‘ kommt, die mit der Vernichtung Israels die Shoa vollenden will.“ (S. 117)
Islamische Infiltration der europäischen Institutionen und Herausbildung eines Netzwerks der EU-OIC-Kollaboration
Eine zentrale Realisierungsebene der von der OIC verfolgten Herrschaftsstrategie ist die Einflussnahme auf europäische Institutionen im Rahmen der Herausbildung eines verzweigten Systems der europäisch-islamischen Interessenkoordination. Die Autorin konstatiert hier als Voraussetzung für diese abgehobene und in abgeschotteten Gremien vollzogene Kollaboration die Auflösung des Europas der Aufklärung in einer totalitären EU. Während Artikel 6 des Maastricht-Vertrages die EU auf die Wahrung der Menschenrechte und der Grundfreiheiten verpflichtet, widerspricht diesem Gebot die gesamte Politik der Umgestaltung der europäischen Gesellschaften in aufgezwungene und ideologisch-repressiv kontrollierte proislamische Gebilde. Kennzeichnend für diese postdemokratische Transformation ist die Verschmelzung von „politischer Korrektheit“ und Islamophilie bzw. Islamapologetik in Form eines medialen Gleichschaltungs- und Verleumdungspopulismus, der Islamkritik als umfassendes Feindbild inszeniert[2].
Als historisch überliefertes und anknüpfungsfähiges Modell der europäisch-islamischen bzw. euro-arabischen Zusammenarbeit diente die Reaktivierung nazi-faschistisch-islamischer Netzwerke. Im Zentrum stand hier die Kollaboration Hitlerdeutschlands mit dem Mufti von Jerusalem, Amin al-Husseini, und die Aufstellung muslimischer SS-Divisionen[3].
Bat Ye’or verweist hier u. a. auf folgende Zusammenhänge:
- Die Alimentierung pro-palästinensischer Demonstrationen der 1960er Jahre in Europa, Libanon und Kairo durch Regierungskreise und die katholische Linke in Frankreich. (S. 16)
- Die Reaktivierung gewachsener Beziehungen zwischen europäischen Gehilfen des Naziregimes und ihren arabischen Netzwerken. So gelang es Said Ramadan, dem Schwiegersohn des Gründers der Muslimbruderschaft (MB) Hassan al Banna, mit Hilfe der CIA „die Münchner Moschee unter seine Kontrolle zu bringen und zum MB-Zentrum für ganz Europa zu machen[4].“ (S. 17).
- Im Oktober 1968 wurde der ehemalige SS-Offizier der militärischen Abwehr, Paul Dickopf, „mit der Hilfe der Arabo-Nazi-Achse und den Stimmen der arabischen Staaten – zum Präsidenten der Interpol (Organisation der Internationalen Kriminalpolizei) gewählt. Unter diesem Mandat unternahm die Interpol weder etwas gegen den Terrorismus, noch gegen die Welle der Flugzeugentführungen und das Massaker an den israelischen Sportlern bei der Münchner Olympiade 1972.“ (S. 34)
In Anlehnung an den ehemaligen italienischen Ministerpräsidenten Cossiga, der den Schutz palästinensischer Terroristen und die Duldung von Angriffen auf israelische und jüdische Ziele einräumte, stellt Bat Ye’or fest: „Die palästinensischen Terror-Organisationen profitierten von dem engagierten Mitgefühl und Zuspruch von zahllosen Ex-Nazis, korrumpierten Beamten, früheren Ministern, Diplomaten, Offiziellen, Intellektuellen und sonstigen Propagandisten, die sich in den Nachkriegsgesellschaften Europas in einflussreiche Positionen einschleusten. Indem sie die Verbindungen zu den in den Nahen Osten geflohenen Kriegsverbrechern aufrecht erhielten, knüpften sie ein komplexes Netzwerk politischer Solidaritäten und wirtschaftlicher Interessen, das zum Aufbau eines zukünftigen Eurabia beitrug.“ (S. 33f.)
Vor diesem Hintergrund ergab sich ein zentraler Ansatzpunkt für die euro-arabische Kollaboration aus der tradierten Judenfeindlichkeit, die nunmehr als weltanschaulich-politische Basis der Allianz gegen Israel wirkte. Die Autorin behandelt zahlreiche, hier in den Einzelheiten nicht näher verfolgbare Facetten der „Palästinisierung“ und antiisraelischen Ausrichtung der EU-Politik, die von der Verharmlosung des islamistischen Terrors mit Verweis auf die israelische Besatzungspolitik bis hin zur Gewährung umfangreicher Wirtschaftshilfe für die terroraffinen arabo-islamischen Staaten reichen.
Im Einzelnen werden u. a. folgende Institutionen behandelt:
- Die 1974 gegründete Parliamentary Assoziation for Euro-Arab Cooperation (PAEAC), die im Grunde die Forderungen der Arabischen Liga an den Europarat und die EU-Kommission vermittelte, verfolgte von Beginn an zwei programmatische Hauptziele: Erstens eine gegen Israel und die USA gerichtete propalästinensische Politik sowie zweitens die Förderung einer muslimischen Immigration gemäß den Forderungen der arabischen Länder nach Verbreitung des Islam und der arabischen Sprache in Europa. Dazu gehört das Drängen auf eine unkritische, „islamgerechte“ Gestaltung der Lehrbücher der europäischen Schulen und Universitäten, die schönfärberische Verklärung der islamischen Zivilisation und nicht zuletzt „die Benennung von muslimischen Immigranten für die Übernahme einflussreicher und sichtbarer Positionen in Politik, Bildung und Medien“. (S. 146)
- Die 2005 gegründete Anna-Lindh-Stiftung[5] fungiert als Dachverband eines Netzwerkes für Organisationen der Euro-Mediterranen Partnerschaft, der neben den EU-Staaten 10 südliche, außer Israel durchgängig islamisch hegemonierten Mittelmeerländer angehören: Marokko, Algerien, Tunesien, Ägypten, Libanon, Jordanien, das palästinensische Autonomiegebiet, die Türkei und Syrien. Ziel dieser Stiftung und ihres Organisationsspektrums ist die Beeinflussung der Öffentlichkeit in den europäischen Staaten im Sinne einer kulturrelativistisch-multikulturalistischen Ideologie, die auf die Überwindung nationaler europäischer Kulturen/Identitäten und deren Aufhebung in einer diffusen globalen Mischkultur abzielt. In diesem Zielsetzungshorizont dient „Diversität“ als Chiffre für eine prinzipien- und kriterienlose „Kulturvermischung“ mit der letztendlichen Konsequenz der ebenso unkritischen wie asymmetrischen Übernahme islamischer Fremdkultur bei gleichzeitiger Akzeptanz der islamischen Ablehnung der eigen westlich-kulturellen Tradition als „niedere Kultur der Ungläubigen“. Dabei gibt der muslimische Kulturimperialismus vor, die eigentliche kulturelle Gebärmutter europäischer Kultur zu sein („Cordoba-Mythos“). Als subjektives Einfalltor für diesen muslimischen Kulturimperialismus soll vermittels einer spezifischen medialen „Erziehung zur Toleranz gegenüber inkommensurablen Kulturen“ eine passförmige Mentalität auf Seiten der nichtmuslimischen Europäer erzeugt werden, für die kritisch-hinterfragendes Denken in Bezug auf alle Kulturen, vor allen anderen aber der islamischen, ein Tabu bzw. Sakrileg darstellt.
- Ein ausgeprägtes Beispiel dafür, wie sich hinter wohlklingenden Erklärungen und rituellen Dialogbeschwörungen dubiose Absichten verbergen, ist die auf UN-Initiative 2005/06 erfolgte Konstituierung der „Allianz der Zivilisationen“ (AZ). Ideengeber waren der damalige spanische Ministerpräsiden Zapatero und der türkische Ministerpräsident Erdogan, dessen antidemokratisch-islamistische Position seither immer klarer zu Tage getreten ist und aktuell zu schweren inneren Unruhen in der Türkei geführt hat. Anlass für dieses sozialdemokratisch-islamistische Projekt war das Bemühen, angesichts der islamisch inspirierten Terroranschläge von Madrid eine kritische Reflexion bezüglich des Verhältnisses von Islam und Gewalt in der europäischen Öffentlichkeit zu verhindern. Die Autorin vermerkt hierzu: „Faktisch kam das Projekt von der OIC und nicht von Zapatero, der nur als deren Repräsentant für Europa auftrat.“ (S. 98)
Das noch unter Kofi Annan im September 2005 eingesetzte Beratergremium der AZ mit dem hochtrabenden Titel „High-Level-Group“ (Hochgradgruppe/HGG) ) und durchsetzt mit islamophilen Autoren (Karen Armstrong, John Esposito) und Gestalten wie dem früheren iranischen Präsidenten Khatami oder dem israelfeindlichen Erzbischof Desmond Tutu, erarbeitete „Empfehlungen“, die im Kern darauf abzielen, unter dem rhetorischen Rauchvorhang einer „Annäherung der westlichen und islamischen Zivilisation“ die islamische Geschichtssicht zu oktroyieren und die Schuld für Konflikte einseitig dem Westen (Kolonialismus) und Israel (Zionismus) in die Schuhe zu schieben, während der islamische Djihad-Imperialismus seit dem 7. Jahrhundert völlig verdrängt wird. Vermittelt werden soll dadurch – gewissermaßen als Dekret für die europäischen Bildungssysteme und Medien – eine Haltung kritikloser Akzeptanz gegenüber religiös-irrationalen und menschenrechtsfeindlichen Herrschaftsformationen, die als „Respekt vor verschiedenen Kulturen“ verbrämt wird.
Generell besteht der absurde und deshalb unakzeptable Charakter der HGG-Empfehlungen und anderer „Dialog-Gremien“ darin, einerseits im Jargon der Gegenseitigkeit aufzutreten, de facto aber einseitige muslimische Forderungen zu erfüllen, wie zum Beispiel die Zielsetzung, „die Durchdringung anderer Gesellschaften mit der zeitgenössischen muslimischen Kultur zu erleichtern und damit die Sache des Dialogs und gegenseitigen Verstehens voranzubringen.“ (S. 109) Demgegenüber entfällt die parallele/reziproke Notwendigkeit, die westliche Kultur der Aufklärung und Säkularität in den muslimischen Ländern zu verbreiten.
Darüber hinaus enthalten die Empfehlungen der HGG die übliche verordnete Lobhudelei der muslimischen Immigranten sowie die Errichtung eines systematischen medialen Kritikverbots gegenüber Muslimen. Nicht zuletzt soll die proislamische Dekonstruktion der westlichen Gesellschaften abgerundet werden durch die ostentative Einsetzung von Muslimen in einflussreiche Positionen der westlichen Aufnahmeländer.
Hart aber gerecht fällt Bat Ye’ors Gesamturteil über die HGG-Empfehlungen aus, ein Papier, das Klischee an Klischee reiht: „Es fällt schwer, sich einen flacheren, primitiveren, mit noch mehr Verdrehungen angefüllten Text auszudenken, als dieser Bericht einer Organisation, die sich mit dem hochtrabenden Namen einer ‚Allianz der Zivilisationen’ schmückt.“ (S. 99ob).
Generell lässt sich feststellen, dass die Form der Kollaboration und Interessenverflechtung zwischen europäischem Kapitalismus und islamisch fundiertem Herrschaftssystem zwei Verlierer erzeugt: Die Kultur der Aufklärung und säkularen Demokratie einerseits sowie die „Klasse“ der einheimischen europäischen Werktätigen und Steuerzahler andererseits, die durch eine postdemokratische EU-Bürokratie mit ihren undurchsichtigen Kommandoinstitutionen um ihre Souveränitäts- und Mitgestaltungsrechte betrogen und obendrein einer kulturrelativistischen Gehirnwäsche unterzogen werden. Dabei ist die verordnete Unterwerfung unter die antireligionskritische Dogmatik des Scharia-Islam Teil des Great Deals zwischen westlichem Groß- bzw. Exportkapital und muslimischen Herrschaftsträgern, die als Handelspartner, Rüstungsimporteure und Kapitalanleger islamgerechte Forderungen stellen. Schon ist es so weit, worauf Bat Ye’or hinweist, dass in Schulen mit muslimischer Schülermehrheit die Lehrer auf die Vermittlung der Shoa verzichten, die als „europäischer Unterricht“ auf die Verachtung und Feindseligkeit der islamischen Immigranten stößt. „Muslimische Schüler von ausländischen Eltern diktieren also die schulische Erziehung in Bezug auf eine europäische Tragödie von globaler Dimension.“ (S. 189).
Ein weiteres Beispiel für die europäische Selbstdeformation ist die englische Sprachregelungspolitik infolge islamischer Lobbyarbeit. So „berichtete ein Artikel der London Times, dass man staatliche Führungskräfte in Hunderten von Broschüren aus dem Jahre 2007 unterwies, wie sie über Terrorismus zu reden hatten, ohne die Muslime zu beleidigen. Eine von Beamten des Innenministeriums verfasste Anleitung legt nahe, die Wörter muslimischer bzw. islamischer Terrorismus zu meiden und stattdessen ‚gewaltsamer Extremismus‘ zu benutzen. Ebenso sollte vermieden werden, von westlichen bzw. muslimischen Gemeinschaften zu sprechen und durch ‚Diversitäten‘ zu ersetzen, weil sich ansonsten wieder die Vorstellung einer homogenen Muslimwelt verstärken könnte.“ (S. 53)
Bat Ye’or betrachtet abschließend die derzeitige Situation als Wiederholung der Zeit nach den islamischen Eroberungen und der Etablierung des Dhimmitums der unterworfenen nichtmuslimischen Bevölkerungen. Den subjektiven Angelpunkt dieses aktuellen Dhimmitums sieht sie „in einer Mischung aus Furcht, Feigheit, Korruption, Hass und kurzfristigem Ehrgeiz“ (S. 192).
Obwohl die Autorin verkennt, dass die europäische Kultur primär auf der griechischen und römischen Antike, der neuzeitlichen Erschütterung und Überwindung der christlichen Herrschaftsmythen sowie insbesondere der Aufklärung als Generator der kulturellen Moderne beruht, liegt sie im Hinblick auf die Erfassung der proislamischen Dekadenz der westlichen Herrschaftsträger richtig, wenn sie festhält, dass „ein sich hassendes Europa dabei (sei), sich selbst Schaden zuzufügen und sogar an der eigenen Vernichtung zu arbeiten.“ (S. 9) Allerdings handelt es sich primär weniger um Selbsthass, als vielmehr um strukturelle Amoralität und Wertenihilismus der expansiven Kapitaleiger einerseits und um die ideologischen Pathologien des Kulturrelativismus und Postmodernismus andererseits, die den spätmodernen Medien- und Politikbetrieb durchdringen und gleichschalten.
Hartmut Krauss, Osnabrück (März 2014)
[1] Zur Islamischen Weltliga vgl. Johannes Grundmann: Islamische Internationalisten. Strukturen und Aktivitäten der Muslimbruderschaft und der Islamischen Weltliga. Wiesbaden 2005, S. 75ff.
[2] Zur Kritik dieses proislamischen Gesinnungsterrors vgl. Hartmut Krauss (Hrsg.): Feindbild Islamkritik. Wenn die Grenzen zur Verzerrung und Diffamierung überschritten werden. Osnabrück 2010.
[3] Al-Husseini drängte sich den Nazis förmlich auf und wies aus seiner Sicht auf die großen Übereinstimmungen zwischen nationalsozialistischer Ideologie und dem Islam hin. Letztendlich ging es ihm darum, dass möglichst viele Juden vor der hitlerfaschistischen Kriegsniederlage getötet werden sollten. In diesem Sinne agitierte er massiv gegen die Auswanderungsaktionen von Juden – insbesondere nach Palästina. Vgl. hierzu ausführlich: Klaus Gensicke: Der Mufti von Jerusalem und die Nationalsozialisten. Eine politische Biographie Amin el-Husseinis, Darmstadt 2007.
[4] Zur Münchner Moschee vgl. Ian Johnson: Die Vierte Moschee. Nazis, CIA und der islamische Fundamentalismus. Stuttgart 2011 und Stefan Meining: Eine Moschee in Deutschland. Nazis, Geheimdienste und der Aufstieg des politischen Islam im Westen. München 2011.
[5] Namensgeberin ist die 2003 von einem geistig Verwirrten durch eine Messerattacke getötete ehemalige schwedische Politikerin, Außenministerin und Ratspräsidentin der EU Anna Lindh. In der Sicht von Bat Ye’or war sie „die feindseligste aller Israelkritiker in Europa“ (S. 74).