Gewalt und sexuelle Unterdrückung in christlichen Einrichtungen: Religiöse Subjektzurichtung zwischen Repression, Perversion und Scheinheiligkeit

 In Religionskritik

Grundsätzliche Anmerkungen

Die internationale Enthüllungswelle über sexuellen Missbrauch und repressiv-gewalttätige Erziehungspraktiken in christlichen Einrichtungen, die aktuell noch ergänzt wird durch das inhumane Abtreibungsverbot in Nicaragua[1] 1 , erschüttert nachhaltig die angeblich noch verbleibende Legitimations- und Identitätsressource des Religiösen: die Moral. Im Schlaglicht dieser Ereignisse sind aus der Perspektive eines herrschaftskritisch-emanzipatorischen Humanismus folgende prinzipiellen Wesenszüge des Christlich-Religiösen ins spätmoderne Gedächtnis zu rufen:

Pathogene Sexualethik
Autoritäre Brechung, Demütigung und Überwältigung des Individuums
Scheinheiligkeit und Doppelmoral

Die Entkoppelung von Religion und Moral
2

Vor diesem Hintergrund war der moralische Überlegenheitsgestus des Religiösen[2] immer schon obsolet und ist im Grunde längst von der modernen Einsicht in die Entkoppelung von Religion und Moral abgelöst worden:

1) Im Gegensatz zur idealisierenden Selbstbespiegelung war und ist allen Formen religiöser (streng gläubiger) Lebensführung in der Vergangenheit wie auch in der Gegenwart schon aufgrund ihrer vielfältigen Einbindung in die antagonistische Zivilisationsgeschichte der Menschheit ein hohes Potential an Herrschaftssucht, kriegerischer Aggressivität und Sittenlosigkeit inhärent. Hervorzuheben ist in diesem Kontext insbesondere die repressiv-antihumanistische ‚Sexualethik‘, die nicht nur eine pathogenetische Verformung der menschlichen ‚Triebnatur‘ und des ‚Seelenlebens‘ hervorruft, sondern geradezu gesetzmäßig das Phänomen der Doppelmoral bzw. des Widerspruchs zwischen sittlichem Bekenntnis und realer Praxis aus sich hervortreibt, indem durch rigide Keuschheitsgebote sexuelle Bedürfnisse zur obsessiven Begierde ‚übersteigert‘ werden. Schon Pierre Bayle (1647-1706)[3] verwies mit Nachdruck darauf, dass die Religion mit ihrem strengen Sittencodex nicht imstande sei, die menschlichen Leidenschaften im Zaume zu halten.

„Es war eine Zeit, wo man den Priestern und Mönchen in Deutschland gegen eine gewisse jährliche Abgabe an ihren Prälaten erlaubte, sich Beischläferinnen zu halten. Gewöhnlich hält man die Habsucht allein für den Grund dieser schändlichen Nachsicht. Aber es ist wahrscheinlich, daß man die Keuschheit der ehrbaren Frauen wenigeren Gefahren aussetzen und ihre Männer beruhigen wollte, deren Rache zu verhüten im Interesse der Geistlichkeit lag. Seht, so wenig war die christliche Religion imstande, die Unzucht zu bezähmen, daß man sich genötigt sah, ihr einen Teil der Weiber aufzuopfern, um den anderen zu retten und durch ein geringeres ein größeres Verbrechen zu verhüten, das aber dessenungeachtet ein sehr gemeines geworden“ (Bayle, zit. n. Feuerbach 1967, S. 60).

2) Die Nichtidentität von ‚frommer‘ und ‚guter‘ Lebensführung impliziert die sehr reale Möglichkeit der Verknüpfung von Frömmigkeit und ‚Schlechtigkeit‘ bzw. von Gläubigkeit und unsittlicher Praxis, wie sie nicht zuletzt den fundamentalistischen bzw. streng gläubigen Religionseiferer „auszeichnet“. Denn, so Bayle (ebenda, S. 73), „ein Mensch, der überzeugt ist, daß er durch die Ausrottung der Ketzer das Reich Gottes fördert …, ein solcher Mensch, sage ich, wird alle Gesetze der Moral mit Füßen treten, und weit entfernt, durch die Vorwürfe des Gewissens im Zaum gehalten zu werden, wird er vielmehr durch sein Gewissen selbst dazu angetrieben, alle Mittel ohne Unterschied anzuwenden, um nur dadurch zu bewirken, daß der heilige Name Gottes nicht mehr gelästert wird, und so auf den Ruinen der Ketzerei oder Götzendienerei die Orthodoxie aufzupflanzen. Was für Verwüstungen verursacht solcher Religionseifer in einem Staate!“

3) Da die Wirkungsmacht der religiösen Weltanschauung nicht auf subjektiv ‚freier‘ ethischer Reflexion und Entscheidung basiert, sondern auf autoritärer Tradition, sozialisatorischer Indoktrination und repressiver Sozialkontrolle[4], entwickelt sich eine ‚formalistische‘, ethisch „leere“ Frömmigkeit reiner Pflichterfüllung. Die Vorschriften der Kirche, der Geistlichkeit, der Schriftgelehrten, der Autoritäten, die pflichtschuldige Einhaltung der rituellen Praktiken, die Befolgung der Glaubensgesetze etc. rücken ins Zentrum des religiösen Lebens. Auf diese Weise kommt es zum subjektinternen ‚Schisma‘ von äußerlich konformer (pflichtbewußter) Gläubigkeit und tatsächlicher ethischer Praxis bzw. zur individuellen Reproduktion des ‚Bruchs‘ zwischen Religiosität und Sittlichkeit. „Gott wird zu einem förmlichen Pflichtobjekt, die Religion zur Darbringung eines schuldigen Opfers, einer Ehrenbezeigung, einer Abgabe an den König der Könige“ (ebenda, S. 80). Die sittlichen Pflichten im zwischenmenschlichen Verkehr werden nicht „um ihrer selbst willen, sondern um Gottes willen, weil er sie befiehlt, also aus einem ihnen äußerlichen Grunde erfüllt, und es entfremdet so notwendig sich das Gemüt dem sittlichen Geiste, daher die Erfahrungen, daß der schlechteste Charakter sich mit religiösem Herrendienste verträgt, keine zufällige(n), sondern aus der Natur der Sache hervorgehende Erscheinungen sind“ (ebenda, S. 81).

4) Da der religiöse Glaube in evidenter Weise weder die menschlichen ‚Leidenschaften‘ zu zügeln noch das ‚Gute‘ zu stimulieren vermag, bedarf er eines apologetischen Konstrukts, um den quälenden Widerspruch zwischen Anspruch und Wirklichkeit zu eliminieren oder doch zumindest abzumildern. Dieses geistliche ‚Lösungsmittel‘ liefert die Theologie mit ihrem Dogma von der Grundverdorbenheit der auf sich selbst verwiesenen menschlichen Natur. Danach vermögen die Menschen sich nur vermittels der göttlichen Gnade infolge eines gottgeweihten Lebens von ihrer ‚Erbsündigkeit‘ zu reinigen. Mit Hilfe dieser Konstruktion lässt sich das ‚Gute‘ dem Christen, dem Moslem, dem frommen Juden etc. zuschreiben und das ‚Schlechte‘ dem ungläubigen Menschen. Dem durch fromme Lebensführung gereinigten und damit ‚gut‘ gewordenen Menschen gebührt das himmlische Paradies[5], dem ungläubigen und damit ‚schlecht‘ gebliebenen bzw. in seiner natürlichen Verdorbenheit verharrenden Menschen bleibt nur die Hölle. Diese ‚hermetische‘ Leugnung der autonomen (von Gott unabhängigen) Existenz des ‚Guten‘[6] sowie der selbständigen menschlichen Empfindungsfähigkeit für das ‚Gute‘ versperrt letztendlich den Weg in das emanzipatorische Möglichkeitsfeld der kulturellen ‚Moderne‘. Denn, so ist in ungebrochener Aktualität mit Feuerbach hervorzuheben: „Solange daher die Menschheit dieses Dogma glaubt, solange bleibt sie innerlich grundschlecht, jede gründliche Besserung des Menschen unmöglich. Die Tugendhaftigkeit wird enterbt, wo die Sünde ein heiliges Erbrecht hat, das einzige Gute im Menschen – der Glaube an das Gute – ausgerottet. Nur da dringt das Gute in den Menschen selbst ein, wo es als sein eignes innres Wesen, als seine wahre Natur gefaßt und der Glaube an die Sünde als die größte Sünde erkannt wird. So reißt die Theologie die Ethik mit der Wurzel aus, indem sie das Gute außer den Menschen hinausschiebt; so nimmt sie dem Menschen sein Bestes seinen wahren Gott, um ihm dafür einen äußerlichen, welschen Gott zu geben“ (ebenda, S. 85f.).

Religiös-patriarchale Subjektzurichtung als Erzeugung des ‚autoritären Charakters‘

‚Sexueller Missbrauch‘ ist nur eine Ausdrucksebene religiös vermittelter Psychopathologie. Sie ist oftmals untrennbar verknüpft mit einer weiteren zentralen Dimension religiöser Subjektzurichtung, nämlich der autoritären Charakterformung und der dieser zugrunde liegenden repressiv-patriarchalen Beziehung zwischen Erzieher und Zögling.

Das zentrale Interaktionsmerkmal innerhalb des Systems autoritär-patriarchaler Beziehungen ist die gewaltgestützte Vermittlung und Überwachung von Geboten und Verboten (Verhaltensregeln), darin eingeschlossen massive Denk- und Handlungshemmungen, im Sinne der gesellschaftlich herrschenden Legitimationsideologie. Dabei bildet der absolute Gehorsam, d. h. die fraglose und strikte Befolgung der oktroyierten Normen bei Strafe physischer und psychischer Sanktionen, den integralen Leitwert.

Bei näherer Betrachtung haben sich gerade christliche Erziehungsinstitutionen als weitgehend „ungeschorene“ Stätten der Tradierung faschistischer Ordnungspraxen im westlichen Nachkriegsdeutschland erwiesen. So wird zum Beispiel die Zuchtanstalt des evangelischen Windsbacher Knabenchors von einem Betroffenen als „Kinder-KZ“ beschrieben, dem man nur durch Tod oder Abitur entrinnen konnte. „Ältere Schüler seien dazu angehalten worden, jüngere zu unterdrücken und zu schlagen. T. habe einen Schüler, der den Ton nicht vollkommen traf, mit dem Schuh brutal in den Oberkörper getreten. Die anderen Jungen hätten sich nicht getraut, dem Mitschüler zu helfen. T. habe die Kinder häufig mit Handkantenschlägen verprügelt, bis sie hilflos am Boden lagen.“[7] Ein ehemaliger Schüler schildert in seinen Briefen, „wie er und seine Klassenkameraden von dem Lehrer und dem damaligen Internatsleiter, einem evangelischen Pfarrer, regelmäßig geschlagen wurden. So habe der Internatsleiter vornehmlich nach dem Mittagessen einzelne Jungen in sein Büro geholt, dessen Tür doppelt gepolstert gewesen sei – ‚damit die Schreie der Gepeinigten nicht an die Öffentlichkeit drangen‘. Dort habe er ihnen die Wahl zwischen Nilpferdpeitsche und Rohrstock gelassen und die Kinder anschließend verprügelt.“[8]

Im Rahmen dieser Interaktionsstruktur ist zu berücksichtigen, dass ein gehorsames bzw. autoritätsunterwürfiges Verhalten kein ausschließlich erzwungenes Verhalten darstellt, sondern, wie Fromm (1987, S. 79) feststellt, „zu einem jeden Autoritätsverhältnis die gefühlsmäßige Bindung einer untergeordneten zu einer übergeordneten Person oder Instanz (gehört).“ Da nämlich das heranwachsende Kind als zunächst pflegebedürftiges, nach emotionaler Zuwendung und später Anerkennung verlangendes Subjekt aufwächst, entwickelt es tendenziell immer auch eine affektive Bindung an die Autoritäten und erfährt diese subjektiv nicht ausschließlich als „normative Diktatoren“, sondern immer auch – in verschiedenster Gradualität – als libidinöse Bindungsobjekte. Insofern ist von Seiten des patriarchalisch unterworfenen Subjekts von einem psychisch ambivalenten Verhältnis zur Autorität auszugehen, und zwar in dem Sinne, dass immer auch ein korrumpierbarer emotionaler Bindungsanteil gegenüber dem/den noch so repressiven Erzieher/n in Rechnung zu stellen ist. Genau dieser emotionale Bindungsanteil ist auch dafür verantwortlich, dass die oktroyierten Normen nicht lediglich „äußerlich“ aufgrund von Strafangst befolgt, sondern vom Heranwachsenden verinnerlicht werden, so dass eine fremdbestimmte innere Gewissensinstanz entsteht, die im Anschluss an Sigmund Freuds psychoanalytische Instanzenlehre als „Über-Ich“[9] bezeichnet wird. „Durch das Über-Ich wird die äussere Gewalt transformiert und zwar, indem sie aus einer äusseren in eine innere verwandelt wird. Die Autoritäten als die Vertreter der äusseren Gewalt werden verinnerlicht, und das Individuum handelt ihren Geboten und Verboten entsprechend nun nicht mehr allein aus Furcht vor äusseren Strafen, sondern aus Furcht vor der psychischen Instanz, die es in sich selbst aufgerichtet hat“ (ebenda, S. 84).

Bildet die affektive Bindung des Heranwachsenden an die Erziehungsperson(en) die innere (moralisch ausbeutbare) Ressource der patriarchalischen Autorität, so fungiert die herrschende religiöse Weltanschauung als unverzichtbare übergeordnete Legitimationsfolie der autoritären Subjektzurichtung. Denn mit Hilfe der Berufung auf eine höhere (göttliche) Instanz, die rational nicht hinterfragt werden kann und moralisch nicht hinterfragt werden darf, sind die Autoritätspersonen stets in der Lage, ihre unmittelbar ausgeübte Herrschaftsposition in psycho-ideologischer Hinsicht massiv „aufzurüsten“ und weitgehend unangreifbar zu machen: Widerstand gegen die Autorität fiele nunmehr mit ‚Ketzerei‘ bzw. ‚Gotteslästerung‘ zusammen. So ist es nur konsequent, dass die fraglose Übernahme der religiösen „Glaubenswahrheiten“ sowie die daraus abgeleiteten Vorschriften und Nomenkataloge im Kontext der autoritär-patriarchalischen Sozialisation eine zentrale Rolle spielt.

Zunächst geht es um die Einübung eines religiösen Habitus in Form der Gewöhnung an religiöse Rituale als wesentliche Mittel der Charakterformung: Beten, Niederknien, sich zu Boden werfen, Fasten, sich kasteien etc. Dabei handelt es sich nicht nur um rein religiöse Gesten und Handlungen, sondern gleichzeitig um Verhaltensformen, die Unterwürfigkeit und Ehrerbietung ausdrücken und „fließend“ auf weltliche Herrschaftsbeziehungen übertragen werden können. Die Einübung von Gesten der Ehrfurcht, Ehrerbietung und Selbsterniedrigung gehört somit zum Grundinventar der Erziehung zu absolutem Gehorsam. „Der Niedrigstehende weiß, daß der Zorn seines Herrn ihn vernichten kann, er versucht daher, sich seines guten Willens durch Selbsterniedrigung zu versichern. Und der Machthaber ist nur allzu gern bereit, die Symbole der Selbstdemütigung zu erzwingen und in eine feste Form zu bringen“ (Wittfogel 1962, S. 203).

Doch führt nicht nur die kontinuierlich wiederholte Bezeugung von Gottes- und Herrschaftsunterwerfung in äußerlichen Verhaltensakten zur Herausbildung eines autoritätsfunktionalen religiösen Bewusstseins. Darüber hinaus zielt christlich-religiöse Indoktrination mit der ihr innewohnenden Sündenlehre immer auch auf die Erzeugung eines schlechten Gewissens der Glaubensunterworfenen ab. „In der Gottesvorstellung“, so Reich (1933, S. 206), „erscheint das eigene Gewissen, die verinnerlichte Mahnung oder Drohung der Eltern und Erzieher objektiviert.“ Während der Islam auf die rigide Einhaltung und äußerliche Überwachung eines detaillierten Vorschriftenkatalogs setzt, hat sich im Christentum die Beichte als institutionalisiertes Schuldeingeständnis gegenüber einer kirchlichen Autoritätsperson, dem Beichtvater, etabliert und wirkt in dieser Form als geistig-sittliches Disziplinierungsinstrument und wesentlicher Mechanismus religiöser Normenverinnerlichung (religiöses „Supra-Überich“).

Religiöse Erziehung als grundlegende Dimension autoritärer Subjektentwicklung zeichnet sich weiterhin durch die Vermittlung einer rigiden Sexualmoral aus. Untrennbarer Bestandteil dieser religiös-patriarchalen Sexualmoral ist ein Angst einflößender Strafkatalog für den Fall der Nichteinhaltung der entsprechenden Vorschriften. In tiefenpsychologischer Perspektive geht es hierbei nicht einfach nur um die Unterdrückung, sondern um die gleichzeitige religions- und autoritätskonforme, d. h. herrschaftsstabilisierende Kanalisierung und Sublimierung aufbrechender sexueller Triebregungen. Dabei stehen folgende ‚Vergehen‘ im Zentrum der monotheistisch-patriarchalen Verbots- und Verdammnistafel:

1) Die Verdammung von vorehelichem und außerehelichem Sex bzw. Sex zwischen Unverheirateten als strafwürdiges Vergehen[10].

2) Die Erklärung der Selbstbefriedigung zur „Sünde“ mit krankhaften Folgen.

3) Die Verteufelung der Homosexualität als „Verbrechen“.

Die Basis der religiös-patriarchalen Sexualmoral[11] bildet freilich die Dämonisierung des weiblichen Körpers und der weiblichen Sexualität. Da von den Reizen der Frau eine verführende Macht über Männer ausgehe, müsse diese einer strengen Keuschheitserziehung und sittlichen Kontrollherrschaft unterworfen werden. Riesebrodt (1990, S. 172) sieht hierin „den typischen Eva-Mythos patriarchalisch geprägter Gesellschaften, demzufolge die Frau die mit nahezu magischen Kräften ausgestattete potentielle Verführerin des Mannes zur Sünde ist.“ Als kontrollherrschaftlich funktionales Gegenmodell zum „Eva-Mythos“ hat die religiös-patriarchalische Ideologie ein normatives Paradigma entwickelt, in dem die Frau als züchtige, dem Ehemann untertänige Gattin und Mutter erscheint, die auf Haus- und Familienarbeit festgelegt bzw. festzulegen ist. Im Kern geht es dabei um die „passgenaue“ Domestizierung und sexuelle Reduzierung der Frau auf die Rolle der Gebärerin und dem Manne dienstbare Ehefrau und Hausmutter. Eine radikale Zuspitzung hat diese kulturell-normative Ausschaltung der Frau als selbstbestimmungs- und entwicklungsfähiges Wesen im ultrapatriarchalischen Diskurs des orthodoxen Islam gefunden, wo sie sich nur in Ganzkörperverhüllung und in männlich-verwandtschaftlicher Begleitung der Öffentlichkeit zeigen darf. „Zur Stütze der Familie“, schreibt Reich am Vorabend des hitlerfaschistischen Machtantritts (1933, S. 157), „gehört die Ideologie des ‚Segens des Kinderreichtums‘ nicht nur aus den objektiven Zwecken des kriegerischen Imperialismus, sondern auch ganz wesentlich aus der Notwendigkeit, die Sexualfunktion der Frau gegenüber ihrer Gebärfunktion in den Schatten zustellen.“

Der Islam, so der Mufti von Jerusalem, Amīn al- Husainī, in seiner Rede vor den Imamen der bosnischen SS-Division am 4.10.1944, „ermutigt die Befruchtung, verbietet die Abtreibung, und ist für kinderreiche Familien“ (Höpp 2004, S. 221).

Von entscheidender psychodynamischer’ Bedeutung ist nun, dass der von den Tabus, Verboten und „Reinheitsvorstellungen“ der religiös-patriarchalen Sexualmoral durchdrungene und geprägte Mensch unter dem Druck des religiös überformten „Über-Ichs“ permanent gegenüber seinen eigenen Bedürfnissen und unterschwelligen aggressiven Affekten (gegen die repressiven Autoritäten) in ‚Selbstfeindschaft‘ gerät, indem er diese verbotenen/unreinen Regungen unter Zuhilfenahme eines ganzen Arsenals von Abwehrmechanismen immer wieder verdrängen muss. Dabei kommen nun folgende Wirkungsaspekte zum Tragen:

Einerseits ist hier die dialektische Tragik der religiösen Sexualmoral hervorzuheben: Sie erzeugt durch äußere und innere (antihumanistische) Repression natürlicher Bedürfnisse selbst erst die übersteigerten und perversen Leidenschaften, die sie vorgängig als Schreckensgemälde an die Wand malt und potenziert auf diese Weise den Verdrängungsaufwand hin zum Pathologischen.

Andererseits fungieren die religiösen Instanzen und Autoritäten mit ihrer repressiven Normendiktatur zwar als eigentliche Verursacher von Ängsten und Schuldgefühlen, bieten sich gleichzeitig aber immer wieder als „Erlöser“ mit dem „Heilsversprechen“ an, eben jene Ängste und Schuldgefühle beheben zu können. Wie Erich Fromm betont, führt die religiös-autoritäre Verpönung natürlicher Bedürfnisse gesetzmäßig zur Produktion von Angst und Schuldgefühl. „Diese auf solche Weise ständig produzierte Angst wirkt einschüchternd und lähmend auf das Ich und verstärkt damit die Bedeutung der Rolle von Über-Ich und Autorität für das Individuum. Die Autorität wird aber in einer Gesellschaft mit starker Sexualverpönung auch aus dem Grunde gestärkt, dass sie vor allem in religiöser Gestalt die Möglichkeit hat, die Menschen von einem Teil ihres Schuldgefühls wieder zu befreien, eine Erleichterung, die allerdings mit erstärkter Unterwürfigkeit und Anhänglichkeit an die Autorität notwendig verbunden ist (Fromm 1987, S. 104)

Diese dynamische Schwächung des autoritätsgebundenen Ichs bzw. Selbstuntergrabung des Subjekts als potentiell selbstbestimmungsfähiges und mündiges Individuum ist eine unverzichtbare Voraussetzung für alle Formen absoluter und totalitärer Herrschaft, in denen die Unfreiheit der Einzelnen/Subalternen die unabdingbare Voraussetzung für die gesellschaftliche Beherrschung der Gesamtbevölkerung ist. In diesem Sinne bildet, wie Wilhelm Reich sich ausdrückt, „die religiöse Verseuchung die wichtigste massenpsychologische Massnahme (…), die den Grund für die Aufnahme faschistischer Ideologie in der Krise legt“ (1933, S. 170). Schon die Papenregierung hatte in einem Erlass zur Erziehung der Jugend vom Frühjahr 1932 den unverzichtbaren Stellenwert der religiösen Unterweisung für das deutsche Volk hervorgehoben:

„Weichlichkeit und zu weit getriebene Rücksicht auf jede individuelle Neigung sind unangebracht gegenüber einer Jugend, die vom Leben einmal hart angepackt wird. … Die Erziehung zur Staatsgesinnung und zum Volksbürgertum empfängt ihre stärkste innerliche Kraft aus den Wahrheiten des Christentums … Treue und Verantwortung gegenüber Volk und Vaterland haben ihre tiefste Verankerung im christlichen Glauben. Deshalb wird es stets meine besondere Pflicht sein, das Recht und die freie Entfaltung des christlichen Schule und die christliche Grundlage aller Erziehung zu sichern“ (ebenda, S. 171).

Über ihren grundlegenden Beitrag zur Formung ich-schwacher, unterwerfungsbereiter, autoritätsfixierter und auf Erlösung von oben durch eine messianische Gestalt hoffende Menschen hinaus konnte Hitler unmittelbar an der religiös-patriarchalen Sexualmoral anknüpfen, indem er die „blutschänderische“ Vereinigung mit fremden Rassen, insbesondere mit der „kulturzerstörerischen jüdischen Rasse“ als „Sünde wider den Willen des ewigen Schöpfers“ brandmarkt. Insgesamt betrachtet, adaptiert und reformuliert die hitlerfaschistische Bewegung zentrale christlich-religiöse Bedeutungsmomente und ist darum bemüht, sich rituell und institutionell als „neue Kirche“ zu formieren[12]. Von herausragender Bedeutung ist hierbei die vielschichtige Inszenierung eines Führerkultes um die Person Adolf Hitlers, der übernatürliche und übermenschliche Kräfte zugeschrieben werden und die de facto als Lichtgestalt eines Neuen Messias verklärt wird. Erst im Gefolgschaftsverhältnis zum „Führer“, diesem heilsbringenden Gott-Menschen, erhält die völkisch-rassische Gemeinschaft Lebenssinn, Gestalt und Ordnung. Notierte Thomas Mann bereits im April 1933 in sein Tagebuch, dass der als Popanz vergötzte Hitler „Millionen eine neue Religion bedeutet“, so hat Hitler tatsächlich „bei den verwirrten Eliten und verstörten Massen sehr schnell das Image eines von der Vorsehung an die Spitze des Volkes und der Nation gestellten Erlösers bekommen und auch sehr lange behalten“ (Bédarida 1997, S. 158). Darüber hinaus manifestierte sich der „neukirchlich“-religiöse Charakter des Nationalsozialismus in der Durchführung zahlloser liturgisch organisierter Aufmärsche, Kundgebungen und Zeremonien, vom Hitlergruß bis zur Blutfahne, vom Märtyrerkult bis zur SS-Weihe, die vor einem Hitler-Bildnis praktiziert wurde, das auf einem mit Hakenkreuzen geschmückten Altar stand.

Dieser objektiv-religiöse Charakter des Nationalsozialismus spiegelt sich auch in der subjektiven „Struktur des Faschisten“, die sich nach Reich (1933, S. 122) „durch metaphysisches Denken, Gottgläubigkeit, Beherrschtheit von abstrakten, ethischen Idealen und Glauben an die göttliche Bestimmung des ‚Führers‘“ auszeichnet. Als innere Grundlage dieser geistig-ideologische Verfasstheit dient wiederum eine starke psychische Disposition zur Unterwerfungsbereitschaft gegenüber herrschaftlich gesetzten Autoritäten. Wie kommt es nun aber zur Herausbildung dieser Disposition?

Als psychogenetische Keimzelle dieser unterwerfungsbereiten Subjektivität ist die bereits angesprochene ambivalente emotionale ‚Grundeinstellung‘ des heranwachsenden Individuums gegenüber den unmittelbaren elterlichen Autoritäten anzusehen, wobei dem patriarchalischen Vater die entscheidende Rolle zukommt. Die elterliche/väterliche Autorität tritt mit ihren autoritär vermittelten Normenvorgaben und strengen Gehorsamanforderungen nämlich nicht nur als „bedürfnisversagende“ Macht auf, sondern fungiert – trotz aller Repression – gleichzeitig mit ihrer Überlegenheit immer auch als „gewährleistende“, „schutzgebende“ und „zuteilende“, im Endeffekt: existenzsichernde Instanz. Gerade indem autoritäre Verhaltensvorgaben und Gehorsamsanforderungen geflissentlich erfüllt werden, lernt das heranwachsende Subjekt im Rahmen sich ständig wiederholender und deshalb antizipierbarer Anforderungs-Erwartungs-Schleifen durch gehorsames, d. h. eigene Bedürfnisse verdrängendes, selbstrepressives Handeln a) zumindest Bestrafungen zu vermeiden und eine zwar fremdbestimmte und kommandierte, aber erträgliche Balance zu den Autoritäten aufrecht zu erhalten und b) vielleicht sogar Lob, Zuwendung, Anerkennung (Belohnung) seitens der Autoritätsperson zu erheischen. Insofern wird die Bereitschaft zur Unterwerfung unter die autoritären Verhaltensvorgaben angesichts fehlender oder nur schwer zu realisierender Alternativen subjektiv funktional, obwohl der Autoritätshörige damit seine persönlichen Entwicklungsinteressen verrät und so auf altersmäßig wachsender Stufenleiter in Feindschaft zu sich selbst gerät.

Aus dieser dem autoritären Interaktionsverhältnis zugrunde liegenden ambivalenten Konstellation ergeben sich nun für das unterworfene Subjekt folgende psychischen Verarbeitungsnotwendigkeiten, um die eigene (eingeschränkte) Handlungsfähigkeit unter den fremdbestimmt-repressiven Bedingungen zu bewahren:

a) Es muss die aus dem autoritären Unterdrückungserleben zwangsläufig auftretenden, gegen die Autoritäten gerichteten Aggressionsimpulse entweder ‚zielverschieben‘ (auf Ersatzobjekte bzw. „Sündenböcke“ umlenken) und/oder in ihr Gegenteil verkehren (Identifikation mit dem Aggressor und damit Sublimierung von Aggression in ‚Unterwerfungslust‘).

b) Es muss die vollzogene Unterwerfung und konstante Gehorsamsbereitschaft gegenüber sich selbst und Anderen rationalisieren, was neben der Übernahme der ohnehin indoktrinierten religiösen Weltanschauung die subjektive Öffnung“ für herrschaftslegitimierende Ideologien beinhaltet.

c) Es muss die aus der Selbstfeindschaft immer wieder hervorbrechenden psychischen Labilisierungen abwehren. Denn der Versuch, durch gehorsame Unterwerfung unter allmächtig erscheinende Autoritäten seine restriktive Handlungsfähigkeit zu wahren, impliziert, vom betroffenen Subjekt aus betrachtet, die beständige Verdrängung, Leugnung, Mystifizierung etc. aller Aspekte der individuellen Lebensrealität, aus denen hervorgehen kann, dass es durch Selbstbeteiligung an der eigenen Unterdrückung die Beeinträchtigungen der individuellen Lebensführung mit zu verantworten hat.

Den aus dieser restriktiv-psychologischen Ambivalenzverarbeitung hervorgehenden Persönlichkeitstypus hat Erich Fromm in Anlehnung an psychoanalytische Studien als „autoritär-masochistischen“ Charakter folgendermaßen beschrieben. „Er ist glücklich, wenn er Befehlen folgen kann, falls nur diese Befehle von einer Instanz kommen, die er infolge ihrer Macht und der Sicherheit ihres Auftretens fürchten, ehrfürchten und lieben kann. Dieser Wunsch, Befehle zu erhalten und nach ihnen handeln zu können, sich einem Höheren in Gehorsam unterzuordnen, ja ganz in ihm aufzugehen, kann so weit gehen, dass er auch die Züchtigung und Misshandlung durch den Stärkeren geniesst“ (Fromm 1987, S. 115f.). Allerdings bedarf der „autoritär-masochistische Charakter“ auch der Freigabe der in ihm aufgestauten und verdrängten, ursprünglich gegen die nunmehr „geliebten“ Autoritäten gerichteten Wut- und Hasspotentiale. Als Kompensationsobjekt eigen sich vor allem sowohl ideologisch definierte innere und äußere Feinde wie zum Beispiel die Götter fremder Religionen, die Leitfiguren fremder Völker, Andersgläubige, fremde „Rassen“ etc. als auch Rangniedere und Schwächere. Ganz in diesem Sinne bietet die Aufbaulogik autoritär-hierarchischer Herrschaftssysteme die passgerechten Verwirklichungs- und Befriedigungsräume für die ambivalente Triebstruktur der autoritär-masochistischen Persönlichkeit: Gegenüber den Übergeordneten lassen sich die masochistischen Anteile befriedigen, gegenüber den Untergeordneten die umgelenkten bzw. zielverschobenen aggressiven (sadistischen) Anteile ausleben. „Alles was an Feindseligkeit und Aggression vorhanden ist und was dem Stärkeren gegenüber nicht zum Ausdruck kommt, findet sein Objekt im Schwächeren. Muss man den Hass gegen den Stärkeren verdrängen, so kann man doch die Grausamkeit gegen den Schwächeren geniessen“ (ebenda, S. 117).

Der generelle herrschaftsfunktionale Grundzug des „autoritär-masochistischen Charakters“ besteht nicht zuletzt darin, dass er aufgrund der entscheidend mitkonstituierenden Ich-Schwäche und kognitiven Unselbständigkeit (Unfähigkeit zu eigenständiger Urteilsbildung) die objektive zwischenmenschliche Herrschaftsordnung als unabänderliches Schicksal bzw. natürliche Seinsordnung ansieht und erlebt und sich dieser nicht nur willig, sondern positiv-zustimmend unterwirft. Auch in diesem Kontext spielt die Verinnerlichung religiöser Weltanschauung eine ausschlaggebende Rolle:

„Das menschliche Leben untersteht den Gesetzen einer höheren Gewalt und kann ihrer Herrschaft niemals entweichen. Die Bestimmung der Religiosität als des Gefühls der schlechthinnigen Abhängigkeit und zwar einer nicht zu überwindenden, sondern zu geniessenden ist die Bestimmung des masochistischen Weltgefühls überhaupt; die Idee der Erbsünde, die alle zukünftigen Geschlechter in unabänderlicher Weise belastet, ist für die masochistische Moral charakteristisch“ (ebenda, S. 119).

Dabei bedeutet unterwürfige Schicksalsergebenheit nicht Passivität, sondern Aktivität im Sinne ehrfürchtiger Selbstbeteilung an der Reproduktion autoritärer Herrschaft und Entfremdung. Somit erweist sich der „autoritäre Charakter“ als unverzichtbarer, ja organischer Reproduktionsbestandteil repressiver Herrschaftsverhältnisse.

Ausblick

Die Enthüllungswelle über sexuelle Übergriffe und repressiv-gewalttätige Erziehungspraktiken in christlichen Einrichtungen ist nur eine Facette im globalen Offenbarwerden der aggressiven, reaktionären und antihumanistischen Auswüchse des Religiösen. Sie reiht sich ein in den Vormarsch radikalislamischer Kräfte, die Aktivierung christlich-fundamentalistischer Kräfte in den USA und Lateinamerika, die Virulenz irrationalistischer Bewegungen in Afrika und neuer Hexenverfolgungen im Kontext der hinduistischen Kastenideologie etc. Vor dem Hintergrund dieser religiösen Pestwelle stellt der Versuch, die säkular-demokratischen Grundsätze moderner Gesellschaftsverhältnisse zu Gunsten des Religiösen in Richtung auf einen postsäkularen Staat zu verschieben, in dessen Rahmen das Religiöse gegenüber nichtreligiösen Weltanschauungen und Wertorientierungen zunehmend reprivilegiert werden soll, eine ernsthafte Bedrohung dar. Ein aktuelles Beispiel hierfür ist das Berliner Gebetsraumurteil und dessen parteiliche verfassungsideologische Verteidigung. So erklärte der konservative Bundesverfassungsrichter Udo di Fabio, die Entscheidung des dortigen Verwaltungsgerichts reihe sich ein in Urteile, die der Glaubens- und Religionsfreiheit im Zweifel Vorrang vor anderen Verfassungsnormen einräumen. „Das passt zu der Liberalität und der Toleranz“ und treffe „den Grundton unserer Verfassung“, wird er zitiert[13]. Gegenüber dieser antisäkularen und antidemokratischen Vorrangstellung des Religiösen sowie der offensichtlichen Verletzung negativer Religionsfreiheit und Herabsetzung nichtreligiöser Weltanschauungen wäre eine neue aufklärungshumanistische Bewegung ins Leben zu rufen, die den „Grundton“ wieder in eine der kulturellen Moderne angemessene Form bringt:

„Niemand soll wegen seiner Anschauungen, selbst religiöser Art, belangt werden, solange deren Äußerung nicht die durch das Gesetz begründete öffentliche Ordnung stört.“[14]

Dieser „Grundton“, dessen noch zu erringende Geltung in Deutschland viele Probleme erledigen würde, lässt nicht nur für eine Privilegierung des Religiösen keinen Raum (mehr), sondern stellt es unter den notwendigen expliziten Vorbehalt der Gesetzeskonformität. Mehr noch: Religiöse Anschauungen werden nicht mehr als etwas bevorzugt zu Behandelndes betrachtet, sondern als etwas gerade noch unter bestimmten Bedingungen zu Ertragendes eingestuft.

Um diesem „Grundton“ auch in Deutschland endlich zum Durchbruch zu verhelfen, ist allerdings Folgendes zu berücksichtigen:

‚Recht‘ ist letztendlich immer nur der gesetzlich fixierte bzw. kodifizierte politische Handlungs- und Gestaltungswille durchsetzungsfähiger Akteure/Subjekte. Verfehlt wäre deshalb ein politischer Handlungsansatz, der sich darauf beschränken würde, mit Hilfe von Gutachten die wohl unrettbar verbildete Heerschar von postmodernen Fachjuristen von der Gefährlichkeit zu überzeugen, die von der remobilisierten religiösen Herrschaftskultur ausgeht. Einzutreten wäre deshalb vielmehr für die Herausbildung einer politischen Bewegung, die sich die Verteidigung und den Ausbau einer an den Prinzipien von Aufklärung, Humanismus und säkularer Demokratie ausgerichteten Gesellschaftsordnung zur Aufgabe machte.

Literaturverzeichnis:

Bédarida, François: Nationalsozialistische Verkündigung und säkulare Religion. In: Ley, Michael, Schoeps, Julius H. (Hrsg.): Der Nationalsozialismus als politische Religion. Bodenheim bei Mainz 1997, S. 153-167.

Feuerbach, Ludwig: Gesammelte Werke, Band 4 (Pierre Bayle. Ein Beitrag zur Geschichte der Philosophie und Menschheit), Berlin 1967.

Fromm, Erich: Sozialpsychologischer Teil. In: Horkheimer, Max; Fromm, Erich; Marcuse, Herbert u. a.: Studien über Autorität und Familie. Forschungsberichte aus dem Institut für Sozialforschung. Lüneburg 1987, S. 77 – 135.

Holzkamp, Klaus: Grundlegung der Psychologie. Frankfurt am Main/New York 1983..

Holzkamp-Osterkamp, Ute: Grundlagen der psychologischen Motivationsforschung 2. Die Besonderheit menschlicher Bedürfnisse – Problematik und Erkenntnisgehalt der Psychoanalyse. 2. korr. Aufl. Frankfurt am Main, New York 1978.

Höpp, Gerhard (Hrsg.): Mufti-Papiere. Briefe, Memoranden, Reden und Aufrufe Amīn al- Husainīs aus dem Exil, 1940-1945. Berlin 2004.

Krauss, Hartmut: Islam, Islamismus, muslimische Gegengesellschaft. Osnabrück 2008.

Reich, Wilhelm: Massenpsychologie des Faschismus. Kopenhagen Prag Zürich 1933.

Riesebrodt, Martin: Fundamentalismus als patriarchalische Protestbewegung. Amerikanische Protestanten (1910-28) und iranische Schiiten (1961-79) im Vergleich. Tübingen 1990.

Wittfogel, Karl A.: Die orientalische Despotie. Eine vergleichende Untersuchung totaler Macht. Köln 1962.

[1] http://www.amnesty.de/2010/2/25/nicaragua-abtreibungsverbot-bedroht-das-leben-schwangerer-krebspatientin?print=1
[2] Betrachten wir die islamische Form des Religiösen, so ist es damit anders, aber nicht besser, sondern eher noch schlechter bestellt. Vgl. Krauss 2008.

[3] Als ein herausragender Vertreter der Frühaufklärung trat Bayle nicht nur für Konfessions- und Religionsfreiheit ein, sondern für umfassende Gedanken und Weltanschauungsfreiheit. Er forderte Toleranz auch für Atheisten und hielt – für damalige Verhältnisse eine Sensation – eine tugendhafte Gesellschaft auf atheistischer Grundlage für möglich.

[4] „Die wegen ihrer Religiosität, wegen ihres festen Glaubens gepriesenen Zeiten waren die Zeiten, wo überhaupt jede Abweichung von der hergebrachten Regel in üblem Geruche stand, wo sich mit jedem, der eine Veränderung wagte, der Begriff eines leichtsinnigen, eigenmächtigen, unzufriedenen, aufrührerischen, frivolen, undankbaren, seinen Vätern untreuen Menschen verband, wo jede Verbesserung eine Störung der guten Ordnung war, wo selbst die Gedanken nicht zollfrei waren, wo man bei jedem neuen originellen Einfall das beleidigte Publikum demütigst um Verzeihung bitten mußte, Geist ein Verstoß gegen das Dekorum war. Aber nicht die Religion war die Macht und der Grund der Beschaffenheit jener Zeiten, sondern die Macht des Altvätertums; die Macht der Religion nur eine besondere Erscheinung von dieser“ (Feuerbach 1967, S. 82f.).

[5] Das verheißene Paradies als Lohn für ein gottgefälliges Leben offenbart, dass hinter dem frommen Leben letztlich das Streben nach empirischer Glückseligkeit steckt. Die sittlichen Handlungen und Gesinnungen der Gläubigen „haben daher keinen rein sittlichen Grund; diesen hätten sie nur, wenn das Gute in seiner absoluten Selbstständigkeit, rein an und für sich selbst dächte“ (Feuerbach 1967, S. 105).

[6] „Die Idee des Guten ist stets das Apriori, das Maß, das Gesetz ihrer selbst, Gott gibt uns nicht die Idee des Guten, sondern die Idee des Guten gibt uns Gott, wir denken ihn durch die Idee, nicht die Idee durch ihn“ (Feuerbach 1967, S. 315).

[7] http://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/0,1518,684604,00.html

[8] http://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/0,1518,684604,00.html

[9] Ohne hier näher auf die Überich-Theorie eingehen zu können, teile ich die Auffassung von Ute Holzkamp-Osterkamp (1978, S. 354f.), die im Rahmen ihrer kritischen Reinterpretation der Freudschen Psychoanalyse festgestellt hat, „daß ‚Überich‘-Bildung nicht mit individueller Vergesellschaftung überhaupt gleichzusetzen ist, sondern im Gegenteil eine unter restriktiven Entwicklungsbedingungen der antagonistischen Klassengesellschaft entstehende abwehrbedingte Fehlentwicklung darstellt, durch welche die volle Vergesellschaftung des Individuums geradezu behindert wird“ (Hervorh. i. Original).

[10] „An der Eheinstitution rütteln weder Christentum noch Nationalsozialismus; für jenes ist die Ehe … ‚volle, lebenslängliche Lebensgemeinschaft‘, für den Nationalsozialisten eine biologische Rassenschutzinstitution. Außerhalb der Ehe gibt es für beide kein Geschlechtsleben“ (Reich 1933, S. 174).

[11] Die Unterdrückung der kindlichen und jugendlichen Sexualität ist eine wesentliche Voraussetzung für die adäquate Zurichtung auf die spätere herrschaftsunterworfene Existenz. Denn die Sexualität ist als elementare Möglichkeit der Befriedigung und Beglückung ein gesellschaftlich schwer regulierbares Refugium des individuellen sich Entziehens gegenüber sozialer Repression. „Schon deswegen ist den Herrschenden innerhalb antagonistischer Klassengesellschaften aller Zeiten die Sexualität als Hort nicht formierbarer ‚liederlicher’ Freude tief verdächtig, und es resultieren stets besondere Vorkehrungen zu ihrer Unterdrückung und ‚Entschärfung‘“ (Holzkamp 1983, S.469f.)

[12] Entgegen der Legende, der Nationalsozialismus sei areligiös oder gar antireligiös bzw. atheistisch gewesen, handelt es sich bei ihm tatsächlich um eine antiklerikal-religiöse Bewegung, der es gelang, breite Teile der deutschen Christen und Kirchenfunktionäre auf seine Seite zu ziehen. Der Ehrgeiz der Nazis war demnach darauf konzentriert, nicht etwa die christliche Religion auszulöschen, sondern ein neues, radikalisiertes, ‚hartes‘ Christentum zu schaffen. Oder – psychoanalytisch ausgedrückt -: „An die Stelle des masochistischen, internationalistischen Christentums soll das sadistisch-narzistische des Nationalismus treten“ (Reich 1933, S. 174).

[13] http://www.morgenpost.de/printarchiv/berlin/article1282645/Gebetsraum-Urteil-angemessen.html

[14] Artikel 10 der Französischen Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte vom 26. August 1789.

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