Islamophile Linke und marxistische Alternativen
Auszug aus:
Marxismus gegen Islamisierung (MAGIS):
Von einer schonungslosen Lageeinschätzung zu einer Neuausrichtung
der Arbeiterinnenbewegung
Osnabrück 2018. 154 Seiten. ISBN 978-3-9820336-1-7. *15,00 €. S. 115 – 143
Islamophile Linke und marxistische Alternativen
Auch bezüglich Massenzuwanderung und Islamisierung betreiben Sozialdemokratie und die so genannte „Linke“ eine Nachtrabpolitik gegenüber dem neoliberalen Globalisierungsestablishment. Sie haben oftmals ein gestörtes Verhältnis zur einheimischen Arbeiter/innen/klasse bei gleichzeitiger Beschönigung von reaktionären „exotischen“ Kulturen. Die Fixierung vieler „Antirassist/inn/en“ auf eine Wiederholung des Faschismus im selben Gewand macht sie oft blind für die immer realere Bedrohung durch einen faschistischen Islamismus. Was sind die marxistischen Alternativen dazu?
Eigene und fremde Kultur
Der Großteil der „Linken“ in den Grünen, der Sozialdemokratie und der studentischen linken Szene ist in den letzten Jahren als Anhängsel der Zuwanderungspolitik des Establishments aufgetreten und manchmal sogar als Speerspitze davon; sie haben sich, völlig abgehoben von der Arbeiter/innen-/klasse, in diesen Fragen massiv verrannt. Im Gegensatz dazu ist es die Aufgabe einer marxistischen Analyse, die Realitäten wahrzunehmen. Das betrifft einerseits die Interessen und Ziele hinter der Politik der Massenzuwanderung nach Europa (wie wir sie in „Gangs of New York“ analysiert haben) und andererseits die wahrscheinlichen Folgen dieser Politik (siehe „Multikulturalismus, Kalifat oder Bürgerkrieg?“). Wer sich diese Fragen nicht stellt, wird im Propaganda-Nebel der herrschenden Klasse dahinirren und nicht in der Lage sein, einen eigenen Klassenstandpunkt zu entwickeln. Nur wer, jenseits von Multikulturalismus-Illusionen, eine schonungslose und unideologische Analyse der Situation bewerkstelligt und die Tatsachen anerkennt, hat zumindest die Grundlage, um eine Politik im Sinne der Lohnabhängigen zu entwickeln.
All die kleinbürgerlich-akademischen Linken und Liberalen sind gefangen in der Pro-Migration-Propaganda der herrschenden Klasse, die sehr geschickt Humanität und Antirassismus für ihre Interessen instrumentalisiert (so wie sie schon Antifaschismus für die Angriffskriege gegen den Irak und Jugoslawien missbrauchten, indem sie Saddam Hussein als neuen Hitler hingestellt und bezüglich des Kosovo von KZs gesprochen haben). Diese Linken und Liberalen sind aber auch gefangen in ihrer eigenen Ideologie und Propaganda. Aus dem berechtigten und richtigen Protest der 1968er-Aktivist/inn/en gegen die Nazi-Kontinuitäten in Konzernen, Staatsapparat und Universitäten entstanden in den 1970er und 1980er Jahren Bewusstsein und Aufarbeitung. Mit den Niederlagen der Arbeiter/innen/bewegung gegen den neoliberalen Kapitalismus, der Defensive des Marxismus und der Integration der 68er in das herrschende System und ihrer Entwicklung zur neuen intellektuellen „Elite“ (an Uni, in Medien etc.) wurde der Bogen allerdings weit in die andere Richtung überspannt.
Der Nazismus wurde in der von Staaten und Stiftungen geförderten Ideologieproduktion immer mehr seines Klasseninhaltes entkleidet. Immer mehr universitäre „Forschungen“ führten absurderweise dazu, dass immer weniger verstanden wurde, dass das deutsche und teilweise auch internationale Großkapital die Nazis finanzierten, damit diese mit ihrer kleinbürgerlichen und lumpenproletarischen Massenbasis die Arbeiter/innen/bewegung zerschlagen und so die Profitinteressen (und Kriegsinteressen) der Konzerne durchsetzen. Verantwortlich für Faschismus/Nazismus sind in der neuen linksliberalen Ideologie nicht mehr die Kapitalist/inn/en, die maßgeblichen Teile des Staatsapparats (die dann nach 1945 auch noch weitgehend von den britischen und US-amerikanischen Besatzern übernommen wurden) und die etwa 15 Prozent der Bevölkerung, die Mitglied der NSDAP waren, sondern „die Deutschen“, das deutsche Volk als Kollektiv, dass zum „Tätervolk“ schlechthin definiert wurde. Die Wurzel des Faschismus wurde nicht mehr in Kapitalinteressen und kleinbürgerlicher Bewegung gesehen, sondern in der deutschen Kultur und Geschichte, die in zunehmend anachronistischer Weise als besonders reaktionär gedeutet wurden. Im Zuge dessen entwickelten universitär geprägte deutsche und österreichische Linke (die dann teilweise auch Funktionärsposten in Sozialdemokratie und Grünen ergatterten) immer mehr ein gestörtes Verhältnis zu Bevölkerung und Kultur des eigenen Landes. Im Fall der so genannten Antideutschen, die auf Unis und bei den Grünen erheblichen Einfluss haben, nimmt diese spezifisch deutsche und besonders gründliche Form der Autoaggression hochgradig pathologische Züge an; eine politische Strömung reif für die Psychiatrie.
Die pathologische Spitze des antideutschen Eisbergs sind Bekenntnisse wie „We love Volkstod“, „Deutschland, du mieses Stück Scheiße“, „Deutschland verrecke“ oder „Deutschland, haltʼs Maul“ und Forderungen wie „Ausländer, lasst uns mit den Deutschen nicht allein“. Noch viel weiter verbreitet im akademischen Milieu und der kleinbürgerlichen Linken sind eine grundlegende Verachtung der Kultur des eigenen Landes und eine gleichzeitige Verklärung von exotischen fremden Kulturen. Da wird einheimische Volksmusik lächerlich gemacht, weil sie konservativ sei (und teilweise auch ist), und gleichzeitig Ethno-Konzerte von Balkan-Roma, die meist eine extrem patriarchale Kultur pflegen, als schick befunden. Da können Studierende massiv in Rage geraten, wenn ein Einheimischer in einer Vorlesung die geschlechtergerechte Sprache vergisst, begeistern sich aber für Hiphop, Rap oder Reggae und überhören den oftmals offensiven Sexismus und die massive Homophobie in diesen Musikrichtungen. Kleinbürgerliche Linke kritisieren indigene Arbeiter, wenn sie breitbeinig dasitzen, und erläutern ihnen gespreizt, was Manspreading sei, finden dann aber Latino-Machismo eine feurige und interessante fremde Kultur. Militante Veganer/innen, die in jedem Restaurant nachfragen, ob da nun wirklich kein Ei in der Speise enthalten ist, werden plötzlich ganz still, wenn es um die muslimische Schächtung von Tieren geht, wollen sie doch nicht in den Geruch kommen, keine Toleranz gegenüber anderen Kulturen zu haben. Alternative Linke lehnen den Katholizismus und sein hierarchisches System (zu Recht) ab, finden dann aber den Dalai Lama und den tibetanischen Buddhismus attraktiv und ignorieren, dass es sich dabei um eine Klerikaldiktatur handelt. Kritische Liberale beklagen den auch heute noch bestehenden gesellschaftlichen Einfluss der christlichen Kirchen und deren konservative Ideologie, beschönigen aber gleichzeitig die noch deutlich reaktionärere Ideologie des Islam, seine noch massiveren Eingriffe in das Leben von Individuen und seine noch stärkeren politischen Ansprüche – und warnen mit besorgter Miene vor „Islamophobie“. Viele humanistische Akademiker/innen achten bei der Entwicklung ihres Nachwuchses nachdrücklich auf völlige Gewaltfreiheit und sind ehrlich entsetzt, wenn ein Volksschüler mit einem Ast so tut, als würde er schießen, finden aber keine klaren Worte zum archaischen Recht des Stärkeren, das die Kultur der meisten Asylwerber aus Afrika, dem Nahen Osten und Afghanistan prägt.
Refugee welcome und das linke Kleinbürgertum
Eine griechische marxistische Historikerin hat dieses vorherrschende Agieren der Asylwerber in Athen als „Sozial-Kannibalismus“ beschrieben. Nun könnte man natürlich mit Recht sagen, dass der gesamte Kapitalismus ein Sozial-Kannibalismus ist, wo einige Starke profitieren und die große Mehrheit irgendwie unter die Räder des Systems gerät. Gleichzeitig hat sich aber in vielen fortschrittlichen Ländern auf der Grundlage von gemeinsamer Kultur, Wohlstand, Sozialstaat und insbesondere Arbeiter/innen/bewegung in der Bevölkerung auch eine Kultur herausgebildet, die im alltäglichen Umgang – neben der kapitalistischen Konkurrenz – auch mit Aspekten wie Solidarität, Rücksichtnahme und Respekt einhergeht. In den rückständigen Kulturen in Afrika, Indien sowie Zentral- und Südwestasien existieren solche Aspekte höchstens in sehr hierarchischer Form im tribalen oder religiösen Rahmen, ansonsten stehen dort eben auch im tagtäglichen Leben das Recht des Stärkeren, aggressiv-gewalttätige Konfliktaustragung und unmittelbarster Eigennutz im Vordergrund. Der Hintergrund dafür ist die ökonomische und kulturelle Rückständigkeit.
Diese Kultur trifft im Zuge der Massenzuwanderung aus diesen Regionen in Österreich und Deutschland auf eine „fortschrittliche“ Mittelschicht, die von „Toleranz“ bis zur Selbstaufgabe gekennzeichnet ist. Die von Medien, Kirchen und Schulen propagierte und in den entsprechenden Milieus mit gegenseitiger gesellschaftlicher Anerkennung belohnte „Hilfe“ gilt dabei nicht den einheimischen Lohnabhängigen, die an der Armutsgrenze leben, sondern exotischen „Fremden“. In Deutschland hatten 2016 gut 31 Prozent der Bevölkerung weniger als 1.000 Euro für unerwartete Ausgaben in Reserve, fast fünf Millionen mussten beim Essen sparen – Ergebnis der jahrelanger Spar- und Verarmungspolitik (auch von SPD-Grünen mit den Hartz-Gesetzen). Da wurden keine Milliarden zur Versorgung investiert oder große Hilfskampagnen organisiert.
Im Winter 2014/15 konnten in Österreich 268.000 Menschen ihre Wohnungen nicht angemessen heizen, wovon besonders viele Kinder betroffen waren. Ihnen wurden keine öffentlich finanzierten neuen Unterkünfte zur Verfügung gestellt (was dann für die Asylwerber ab 2015/16 passierte) oder zumindest die Heizkosten übernommen. Von den tausenden bessergestellten Helfer/inne/n, die seit 2015/16 Asylwerber/inn/en in ihren Wohnungen oder Häusern Wohnraum zur Verfügung stellten, ist wohl kaum jemand auf die Idee gekommen, in diese Räumlichkeiten eine einheimische Alleinerzieherin mit ihren Kindern, die sich das Heizen nicht leisten kann, oder einen alleinstehenden einheimischen Mann, der nach einer Scheidung ohne Wohnung und womöglich ohne Job dasteht, einziehen zu lassen. Und es gab auch nicht tausende lokale und schulische Initiativen zur sozialen und materiellen Unterstützung von deklassierten Indigenen.
Dabei geht es nicht darum, diese Hilfe an verschiedene Gruppen gegeneinander auszuspielen, sondern darum, die Ideologie hinter diesem Zustand zu hinterfragen. Neben der Refugee-Welcome-Propaganda des Establishments, hinter der die Interessen der herrschenden Klasse stehen, spielen dabei noch andere Aspekte eine Rolle. Besonders zu nennen ist eine Haltung, die – in der tief inhalierten Logik der kapitalistischen Leistungsgesellschaft – letztlich davon ausgeht, dass Einheimische, die in Armut landen, irgendwie selbst schuld daran sind, weil ja in unserem Sozialstaat ohnehin für alle gesorgt sei. Das werden die meisten linken/liberalen Flüchtlingshelfer/innen nicht so sagen, aber implizit ist das die Grundlage für das unterschiedliche Agieren. Dazu kommt dann die oben beschrieben Verklärung von exotischen Kulturen bei gleichzeitiger Verachtung der einheimischen und die antideutsche Ideologie von der Kollektivschuld aller Deutschen bzw. Österreicher/innen. Angehörige dieses Volkes, die womöglich auch noch traditionelle einheimische Kulturformen praktizieren und sich nicht politisch korrekt ausdrücken, haben dann irgendwie nicht dieselbe Hilfe verdient.
Das Ergebnis hat einen klaren Klassencharakter. Während den einheimischen proletarischen Unterschichten Unterstützung verweigert und Verachtung entgegengebracht wird, gilt die paternalistische Zuwendung den Fremden, denen gegenüber man jedes Verständnis aufbringen muss. Und da die meisten Afrikaner, Araber, Afghanen etc. aus den bessergestellten Schichten kommen, die die Gelder für die Migration eines jungen männlichen Clanmitglieds aufbringen können, kann man pointiert sagen: Die einheimischen liberalen Mittelschichten greifen den muslimischen archaischen Mittelschichten unter die Arme! Ob es sich da um einen kleinbürgerlichen Klasseninstinkt handelt? Sie tun das jedenfalls im Interesse des Großkapitals und seiner strategischen Überlegungen hinter der außereuropäischen Massenzuwanderung.
Klassen und ökonomische Rationalität
Und natürlich wird das von diversen Experten der herrschenden Klasse begleitet, die diese Politik rechtfertigen und „wissenschaftlich“ absichern. Ein Beispiel dafür ist das elende österreichische Wirtschaftsforschungsinstitut WIFO, das jahrelang neoliberale Einsparungspolitik propagiert hat und nun, angesichts der Milliardenkosten für Asylwerber, plötzlich damit hausieren ging, wie toll diese Ausgaben die österreichische Wirtschaft ankurbeln. In dieser Logik hätte man jahrelang höhere Arbeitslosengelder, Mindestlöhne und Sozialleistungen argumentieren können. Solche Maßnahmen im Sinne der Lohnabhängigen wurden von WIFO-„Experten“ natürlich stets bekämpft, stand das WIFO doch in der monetaristischen Tradition von Friedrich Hayek. Und plötzlich, angesichts des strategischen Projekts des Kapitals mit der muslimischen Massenzuwanderung, huldigte das WIFO, wie auf Kommando von Merkel, Sutherland oder Soros, einer keynesianischen Stimulierung der Wirtschaft durch Staatsausgaben. Und diverse etablierte Medien präsentierten diese durchsichtige Propaganda der Öffentlichkeit als „wissenschaftliche“ Bestätigung, wie vorteilhaft die Asylwerber für die österreichische Ökonomie seien.
Die Migrant(inn)en aus Afrika und Südwestasien verhalten sich ökonomisch vollkommen rational, suchen Länder, die ihnen bessere Möglichkeiten bieten als ihre Heimat. Sie stellen deshalb nicht im ersten sicheren Land auf ihrer Migrationsroute einen Asylantrag, denn sie wollen eine Alimentation durch einen möglichst guten Sozialstaat. Ebenso ökonomisch rational ist die Skepsis der europäischen Lohnabhängigen gegenüber der Massenzuwanderung, denn durch die Asylwerber entsteht verstärkt eine deklassierte Unterschicht, die im Bereich der unqualifizierten Arbeiten noch mehr Druck auf Löhne und Arbeitsbedingungen schaffen wird. Und die Lohnabhängigen fürchten zu Recht, dass die Masse an Asylwerbern die Kosten für den Sozialstaat massiv in die Höhe treibt und damit die Leistungen für die hiesige Arbeiter/innen/klasse, die von der herrschenden Klasse ohnehin seit Jahren gekürzt werden, weiter bedroht. Und natürlich ebenfalls ökonomisch rational verhalten sich das Großkapital, die Konzernbesitzer/innen, die Großspekulant/inn/en und Großaktionäre/innen, die mit der Massenzuwanderung eine Deregulierung der globalen Arbeitsmärkte, die nachhaltige Fragmentierung der Lohnabhängigen und die Vertiefung der EU-Integration durch Aufbrechen der Nationalstaaten betreiben.
Aber wie sieht es mit dem Kleinbürgertum und insbesondere den (akademischen) Mittelschichten aus, die sich in den letzten Jahren für Multikulturalismus und Zuwanderung hervorgetan haben? Verhalten sie sich ebenfalls ökonomisch rational? Bei ihnen ist die Antwort ambivalent. Anders als bei der Masse der Lohnabhängigen können Hochqualifizierte von einem globalisierten Arbeitsmarkt profitieren, denn sie konkurrieren als relativ kleine Gruppe auf einem erweiterten, tendenziell globalen Arbeitsmarkt, auf dem sie auf vergleichsweise wenig Konkurrenten treffen. Die Nachfrage nach ihren Diensten steigt und ihre Entlohnung nimmt überproportional stark zu. Darüber hinaus profitieren sie (infolge der Deregulierung für die Lohnabhängigen in der globalen Produktion) durch sinkende Preise für Konsumgüter, und die Masseneinwanderung ermöglicht dem Kleinbürgertum eine bessere und günstigere Verfügung über unqualifizierte Arbeit von Hilfskräften in Haushalt, Pflege, Garten, Bau etc.
Dazu kommen die in diesen Milieus geschätzten „bunteren“ Konsummöglichkeiten und spezielle Phänomene wie das von meist 40-70-jährigen Frauen aus der Mittelschicht, die für sexuelle Dienstleistungen junge knackige Asylwerber aushalten und sich „um deren Integration kümmern“ (und die mittlerweile als „Sugar Mamas“ bezeichnet werden, in Anlehnung an die älteren wohlhabenden „Sugar Daddys“, die für Sex junge mittellose Frauen finanzieren). Und es gehört in den Wohlstandszonen der Mittelschicht zum prestigeträchtigen Wohlgefühl ihrer Bewohner/innen, großzügig und „human“ zu sein und den „armen Flüchtlingen“ zu helfen und den eigenen Reichtum zu „teilen“ (wo sich dann linke Akademiker/innen und christliche Aktivist/inn/en ideologisch treffen); der berühmte SPD-nahe deutsche Historiker und Bundesverdienstkreuzträger Heinrich August Winkler sprach gar von deutschen Narzissten, die sich als Bessermenschen selbst vergötzen.
Längerfristig wird sich die global flexible Verfügbarkeit von Arbeitskraft inklusive Massenmigration für große Teile der Mittelschichten in Europa aber als nicht überwiegend vorteilhaft herausstellen. Wirklich ökonomisch profitieren werden nur die sehr hochqualifizierten Spezialist/inn/en, denn in Asien, vor allem in China und Indien, wachsen gut qualifizierte und hoch gebildete Schichten rasant an und werden weltweit ihre europäische Konkurrenz massiv überflügeln (nach UN-Berechnung wird die nach Einkommen definierte „Mittelschicht“ von 2009 bis 2020 in Asien von 525 auf 1.740 Millionen anwachsen, in Europa hingegen nur von 644 auf 703 Millionen, im Rest der Welt auch nur geringfügig). Die Deregulierung von Arbeitsmärkten trifft auch die (akademischen) Mittelschichten, die in der Tendenz Prekarisierung ausgesetzt sind. Aus ihren Steuern muss außerdem eine immer größere Zahl von unqualifizierten Migrant/inn/en alimentiert werden. Auch wenn sich manche private Gesundheitsversicherungen leisten können, werden viele Kleinbürger/innen von den Verschlechterungen des Gesundheitswesens betroffen sein. Auch wenn die multikulturell orientieren Akademiker/innen in besseren Vierteln wohnen, werden sie von Gewaltkriminalität und sexuellen Übergriffen von Afrikanern, Arabern oder Afghanen im öffentlichen Raum nicht unbeeinflusst bleiben. Auch wenn sie ihre Kinder in Privatschulen schicken, werden diese irgendwo auf archaische Konfrontationen mit türkischen, arabischen, afghanischen, afrikanischen oder tschetschenischen Burschen stoßen. Und die Hoffnungen der Sugar Mamas auf Sex und Liebe werden enttäuscht werden, sobald der Aufenthaltsstatus ihrer Schützlinge verfestigt ist, die jungfräulichen Bräute nachgeholt und sie selbst als „alte Huren“ abserviert werden. Wenn so die partiellen ökomischen Vorteile immer mehr in den Hintergrund treten, was wird das für die politische Stimmung in diesen Milieus bedeuten? Was wird das für das Helfer-Wohlgefühl in den kleinbürgerlichen Wohlstandszonen bedeuten?
Faschismus historisch und aktuell
Klarerweise drücken sich wirtschaftliche und soziale Interessen nicht immer linear im Denken von Menschen aus; vielmehr haben Ideologie und Politik auch ein Eigenleben (das sogar auf soziale und ökonomische Verhältnisse zurückwirkt). Das gilt auch und besonders für die oben beschriebene paternalistische Verklärung fremder Kulturen durch die Mehrheit der heimischen Intellektuellen bei gleichzeitiger Verachtung der Kultur des eigenen Landes. Verbunden ist das bei ihnen meist auch mit einem gestörten Verhältnis zur eigenen Geschichte. Alle progressiven und rebellischen Elemente der deutschen oder österreichischen Geschichte (etwa die Bauernkriege, die 1848er Revolution, die starke Arbeiter/innen/bewegung, die Revolution von 1918/19, der Widerstand gegen den Faschismus…) werden von diesen Leute ausgeblendet oder verdreht, die ganze Geschichte auf anachronistische Weise nur noch durch die Brille der späteren NS-Erfahrung gesehen, alles andere oft nur noch als Vorgeschichte des Holocaust gedeutet – als wären die Nazi-Herrschaft und der Holocaust irgendwie in der Kultur und einer Art „Nationalcharakter“ der Deutschen eingeschrieben, als wären „die Deutschen“ eine Art negativ auserwähltes Volk, das ewige Böse. In dieser halbreligiösen Sichtweise ist dann natürlich kein Platz mehr für ein marxistisches Verständnis, das den Aufstieg der Nazis als Ergebnis von imperialistischen Rivalitäten, Kapitalinteressen und Ergebnissen des Klassenkampfes begreift.
Während ein marxistischer Blick auf die deutsche und österreichische Geschichte einem eigenen Text vorbehalten bleiben muss, kann hier festgehalten werden: Es ist der herrschenden Kapitalist/inn/enklasse sehr gut gelungen, sich selbst aus der Verantwortung für das NS-Regime zu nehmen und die Schuld allen Deutschen umzuhängen (hier sind für die herrschenden Ideolog/inn/en plötzlich wieder „echte“ Deutsche und Österreicher/innen von Migrant/inn/en mit hiesiger Staatsbürgerschaft unterscheidbar). Und diese angeblich kollektive Schuld wird von Großkapital und seinen politischen Prokurist/inn/en instrumentalisiert, um jede Kritik an ihrem Projekt an außereuropäischer Massenzuwanderung und der Schaffung einer multikulturellen Bevölkerung abzuschmettern. Die traumatische Erfahrung der deutschen Gesellschaft mit dem Nazismus wird so schamlos missbraucht und dieser Missbrauch von der Mehrheit der Intellektuellen an den Unis und in den Redaktionsstuben propagandistisch unterstützt.
Das Nazi-Trauma der deutschen und österreichischen Gesellschaft und seine Instrumentalisierung durch die Herrschenden führen in großen Teilen der Intellektuellen zu Problemen bei der Realitätswahrnehmung. Ihre Fixierung auf den historischen Faschismus und besonders den historischen Nationalsozialismus macht sie blind für aktuelle Entwicklungen und Bedrohungen. Tatsächlich treten historische Erscheinungen selten zwei Mal im selben Gewand auf. Wirklich faschistische Gruppierungen, die auf Straßenterror und eine Zerschlagung der bürgerlichen Demokratie setzen, sind heute in Europa Randphänomene. In Deutschland blieb die NPD eine isolierte Kraft, in Ungarn war Jobbik in seiner faschistischen Phase eine Kleinpartei und selbst im krisengeschüttelten Griechenland kann Chrysi Avgi nicht annährend die Machtfrage stellen. Ein klassischer Faschismus a la Mussolini oder Hitler hat nicht nur keine relevante gesellschaftliche Basis, sondern steht zurzeit auch nicht auf der Tagesordnung der herrschenden Klasse und hat deshalb momentan keine wirkliche Bedeutung. Parteien wie die FPÖ, die AfD oder der Front National sind natürlich prokapitalistisch, haben aber aktuell von keinem relevanten Großkonzern Unterstützung. Sie stehen politisch im Gegensatz zum Establishment und setzen auf Wahlen und Reformen im System, etwa eine Aufstockung der Polizei oder eine restriktivere Zuwanderungspolitik.
Autoritäres Projekt der Eliten und die Linke
Autoritäre Gefahren gehen in der Gesellschaft momentan überwiegend von anderen Seiten aus. Natürlich ist es im Kapitalismus grundsätzlich so, dass wesentliche politische Entscheidungen vom Großkapital in seinen Netzwerken (siehe unseren Text „Gangs of New York“) getroffen und über Lobbyverbände in Parlamenten und Regierungen durchgesetzt werden. Dennoch gibt es noch demokratische Wahlen (und in manchen Ländern sogar Volksabstimmungen). Auf diese wirkt das Kapital mit seinen Finanzmitteln und der Förderung von Parteien, über die von ihm kontrollierten Medien und mit Drohungen (etwa Betriebsschließungen bei zu vielen Steuern oder Sozialleistungen) massiv ein. Trotzdem kann bei solchen Wahlen (oder Abstimmungen) die Bevölkerung noch Einfluss nehmen und verhält sich dabei auch nicht immer im Sinne des Kapitals. Deshalb arbeiten das Großkapital und seine Handlanger in EU und Regierungen seit Jahren daran, immer mehr Entscheidungen von den Nationalstaaten und der dortigen demokratischen Mitbestimmung der Bevölkerung auf transnationale Ebenen und ungewählte Gremien, die von den Herrschenden kontrolliert werden, zu verlagern. Das betrifft etwa TTIP und CETA, durch die private Schiedsgerichte Sozial- oder Umweltgesetze oder andere politische Entscheidungen von Ländern aushebeln können sollen. Das betrifft aber auch die Tendenz, etwa durch EU-Recht immer mehr die Entscheidungsspielräume von Staaten und ihren Bevölkerungen einzuschränken. Und es betrifft die generell intensivierte Praxis des wirtschaftlichen und politischen Establishments, missliebige politische Entscheidungen (etwa in Fragen des Klassenkampfes oder auch in der Frage der Massenzuwanderung) durch Urteile von ungewählten Gerichten (etwa von Verfassungsgerichten), in denen die Herrschenden ihre Leute hineingesetzt haben, für ungültig erklären zu lassen.
Und auch die Meinungsfreiheit wird von den herrschenden Eliten zunehmend angegriffen. In den Betrieben gab und gibt es dieses bürgerliche Grundrecht ohnehin nicht; da herrsch(t)e die blanke Diktatur des Kapitals, die „politische Propaganda“ untersagt und über Vorgesetzte, Werkschutz und teilweise auch Gewerkschaft aufmüpfige Kolleg/inn/en sanktioniert. In den letzten Jahren ist dem Establishment aber auch die freie Meinungsäußerung im Privatbereich zunehmend ein Dorn im Auge. Das liegt vor allem daran, dass die von Kapital und Regierungen kontrollierten Medien ihr Informationsmonopol immer mehr verloren haben an alternative Nachrichtenportale im Internet, kritische Homepages, Blogs, Youtuber etc. Konkrete Beispiele für diesen Kontrollverlust waren etwa die Mehrheitsmeinung der deutschen Bevölkerung zur Ukraine 2014/15, die in Kontrast zur pro-NATO-Linie fast sämtlicher Medien stand oder Skepsis gegenüber der muslimischen Massenzuwanderung im Großteil der österreichischen Bevölkerung, die sich deutlich von der Linie der allermeisten Medien unterschied. Um solche Kontrollverluste einzuschränken, setzen EU, Regierungen, Parteien und offizielle Medien zunehmend auf Zensur im Internet, konkret auf Strafparagraphen gegen „Hass-Postings“ und „Fake News“, die recht willkürlich gegen Kritiker/innen eingesetzt werden können, die Druck machen auf Sperren auf Facebook, Youtube etc.
Obwohl sich diese Tendenzen nicht nur gegen die einfache Bevölkerung und ihre Ausdrucksmöglichkeiten richten, sondern auch gegen die Arbeiter/innen/bewegung und Kapitalismuskritiker/innen, werden sie von vielen Linken tendenziell unterstützt. Das liegt einerseits daran, dass viele Linke Teil des Systems geworden sind (mit Posten auf Unis, in Sozialdemokratie und Grünen, in von Stiftungen und Staaten subventionierten NGOs…) und um ihre Pfründe fürchten. Andererseits hat diese Linie auch eine ideologische Grundlage, denn für viele Linke, die den Kampf gegen Großkonzerne und Kapitalismus in der Praxis längst nicht mehr führen, sind „Antirassismus“, Unterstützung von Massenmigration und politische Korrektheit ihre letzten Existenzberechtigungen. Sie befinden sich de facto in einem Bündnis mit den kapitalistischen Eliten und haben eigentlich Angst vor der Masse der Lohnabhängigen, die sie als dumpf, primitiv und rassistisch verachten. In der Folge haben viele Linke eine skeptische oder ablehnende Haltung gegenüber einer Ausweitung von Volksabstimmungen, weil sie „falsche“ Ergebnisse fürchten. Sie stellen sich damit nicht nur gegen die Tradition der Arbeiter/innen/bewegung, die für mehr demokratische Rechte der Bevölkerung steht, sondern sie haben damit auch den Kampf um die Herzen und Hirne der einfachen Leute aufgegeben und wollen lieber die Eliten in ihrem Sinne und über die Bevölkerung hinweg beeinflussen. Zumindest informell gibt es in Österreich seit den guten Wahlergebnissen für die FPÖ mittlerweile sogar etliche Linke, die verzweifelt über eine notwendige Einschränkung des Wahlrechtes nachdenken, um es den ausreichend Gebildeten oder denen, die eine Prüfung bestehen, vorzubehalten und den unreifen Pöbel auszuschließen. Solche Vorstellungen werden sicherlich nicht mehrheitsfähig werden (vielmehr wird die Bedeutung von Wahlen noch mehr reduziert), aber sie zeigen, wie so manche aufgeregte Warner/innen vor autoritären Entwicklungen selbst bei ziemlich autoritären Positionen gelandet sind – als Anhängsel und Hilfstruppe der kapitalistischen Eliten.
Islamischer Faschismus?
Und in ihrer Fixierung auf eine drohende Wiederholung des Nazismus im alten Gewand, übersehen die meisten Linken weitgehend die politischen Kräfte, von denen nicht nur autoritäre, sondern wirklich faschistische Gefahren ausgehen – nämlich die Islamist/inn/en. Eine genauere Analyse von Charakter und Entwicklung von Islam und Islamismus muss einem eigenen Text vorbehalten bleiben, aber wir können vorwegnehmen, dass der Islamismus zumindest etliche nazistische/faschistische Züge trägt. Auf der ideologischen Ebene sind Gemeinsamkeiten offensichtlich: Faschismus und Islamismus sind totalitär, antimarxistisch, antiliberal und mörderisch militant. Wie der Nazismus ist auch der Islamismus nicht nur rabiat antisemitisch, sondern stützt sich auch auf eine Herrenmenschenideologie (Arier beziehungsweise gläubige Muslime) zur Begründung von Herrschafts- und Expansionsansprüchen gegenüber „Minderwertigen“; beide habe Ausmerzungskonzepte gegenüber Andersdenkenden („Volksfeinde“ bzw. „Ungläubige“). Wie der Faschismus stützen sich die Islamisten (sowohl in ihren Herkunftsländern als auch in Europa) als soziale Basis auf kleinbürgerliche und lumpenproletarisch-deklassierte Schichten. Sie nutzen diese Basis zur Mobilisierung auf der Straße und bewaffnete Gruppen zur Terrorisierung von politischen Gegner/inne/n. Die Muslimbrüder hatten auch bereits in der Zwischenkriegszeit Mussolini als Vorbild und kooperierten dann mit den Nazis. (Zu den Ähnlichkeiten von historischem Faschismus und Islamismus siehe auch das informative Buch von Hamed Abdel-Samad: Der islamische Faschismus. Eine Analyse[1].)
In marxistischer Theorietradition werden faschistische Strömungen dann zur akuten Gefahr für die gesamte Gesellschaft, wenn sie von wesentlichen Teilen des Großkapitals unterstützt werden – ist das bei den Islamisten der Fall? In gewissem Ausmaß sicherlich. Das türkische und saudische Kapital unterstützt islamistische Regierungen in den jeweiligen Ländern, Kapital und Staat von Katar haben enge Verbindungen mit den Muslimbrüder (die in über 70 Ländern aktiv sind), alle drei unterstützen auch Islamisten und die Islamisierung in Europa. Und auch in Ländern wie Pakistan oder Indonesien haben Kapitalisten und Regimes beste Beziehungen mit islamistischen Kräften. Anders als in der Zwischenkriegszeit sind es heute also nicht die herrschenden Klassen von imperialistischen Ländern (damals Italien und Deutschland), die direkt faschistische Kräfte unterstützen, aber doch (wie damals) das Kapital von international zu kurz gekommenen Staaten, das nach Expansion strebt und das im aktuellen Fall dazu Demographie, Religion und islamischen Faschismus benutzt. Und schließlich muss auch gesagt werden, dass der globalistische Mainstream des EU-Kapitals (siehe „Gangs of New York“) mit der Kooperation mit der Türkei und den Saudis, mit der Förderung muslimischer Massenzuwanderung und mit dem Wohlwollen gegenüber einer zunehmenden Islamisierung Europas indirekt ebenfalls den islamischen Faschismus unterstützt.
Nun sind wohl weder Saudi-Arabien noch die Türkei voll entwickelte faschistische Systeme, Elemente davon haben aber beide; in der Türkei etwa kann die kurdische und Arbeiter/innen/bewegung seit Jahrzehnte ein Lied davon singen, wie mörderisch der so genannte „tiefe Staat“, also Polizei, Armee und Geheimdienste in Kooperation mit faschistischen „Grauen Wölfen“ oder Islamisten, vorgeht. Historisch und in der klassischen marxistischen Analyse setzt die herrschende Klasse dann wirklich auf eine faschistische kleinbürgerliche Massenbewegung und letztlich auf eine faschistische Herrschaft, wenn sie sich durch eine starke Arbeiter/innen/bewegung in ihrer Macht bedroht fühlt. Das ist heute in Europa offensichtlich nicht der Fall, aber Geschichte wiederholt sich eben auch nicht immer 1:1; es ist nicht auszuschließen, dass kapitalistische Staaten (etwa die Türkei oder Saudi-Arabien) eine faschistische Bewegung (wie die Islamisten) für ein anderes zentrales Projekt (ihre Expansionspolitik) benutzen. Und letztlich ist auch nicht das Etikett entscheidend, das man einem politischen Phänomen anheftet, sondern die Einschätzung der Charakteristika. Und unabhängig vom Etikett hat der Islamismus sehr starke Übereinstimmungen mit dem klassischen Faschismus.
Aber sind die islamistischen Kräfte aktuell eine Gefahr in Europa (wo doch Muslime hier bislang nur eine Minderheit sind)? Für Kritiker/innen des Islam oder der Türkei sind Islamisten durch Drohungen und Angriffe auch in Europa heute schon eine Gefahr, ebenso für die türkische Exil-Arbeiter/innen/bewegung oder für Kurd/inn/en. Angesichts von etwa 5.000 Islamisten in der EU, die von den Behörden als „Gefährder“ eingestuft werden (real sind es wohl deutlich mehr), besteht permanent die Gefahr von Anschlägen auf öffentlichen Plätzen, in öffentlichen Verkehrsmitteln und bei Großveranstaltungen. Durch Islamisten und ihre Kategorisierung von Frauen in Anständige mit Kopftuch und „Huren“ wird auch die Situation von Frauen im öffentlichen Raum zunehmend gefährlich.
Aber auch jenseits von offener Gewalt sind die Islamisten in vielen europäischen Ländern am Vormarsch, ihre Präsenz in der Öffentlichkeit, ihr Druck auf Politik und Justiz und ihr Einfluss in der Gesellschaft steigen. In Deutschland war schon 2016 sogar offiziell von 43.000 radikalen Islamist/inn/en die Rede, 2017 sollen die Salafist/inn/en allein (also eine von mehreren islamistischen Strömungen) über 10.000 Muslime umfasst haben. Insgesamt sind in der muslimischen Community die konservativen und religiösen Strömungen seit 15 Jahren in der Offensive, in den meisten Ländern machen sie 70-80 Prozent der Muslime aus (siehe unseren Text „Multikulturalismus, Kalifat oder Bürgerkrieg?“). Und in diesem muslimischen Mehrheitsmilieu gibt es eine weitverbreitete Toleranz gegenüber Aktivitäten von den härteren islamistischen Kräften. In Kombination damit, dass die Muslime – bei ungebrochener Entwicklung – in vielen europäischen Ländern Ende des Jahrhunderts die Mehrheit sein werden, ist die autoritär-faschistische Gefahr durch den Islamismus mehr als deutlich. Mit seinem paternalistischen „Antirassismus“, seiner naiven „Toleranz“ und seiner beschönigenden Islamophilie macht sich das linke und liberale Kleinbürgertum in Deutschland und Österreich zum Helfer dieser Entwicklung. Die Ironie daran ist, dass sich die deutschen und österreichischen Mittelschichten damit zum zweiten Mal in einem Jahrhundert als kleinbürgerliche Masse für ein reaktionäres Projekt des Kapitals benutzen lassen und zum zweiten Mal einer faschistischen Diktatur den Weg bereiten – diesmal im „antirassistischen“ Gewand.
Linke und Islamismus
Die europäische Arbeiter/innen/bewegung spielt im Kampf gegen eine perspektivisch drohende islamisch-faschistische Diktatur bislang keine relevante Rolle, im Gegenteil betätigen sich etliche ihrer offiziellen Vertreter/innen (auf Stimmenfang für sozialdemokratische Parteien) als „nützliche Idioten“ für muslimische Kräfte. Die SPÖ etwa, besonders in Wien, kooperiert nicht nur seit langem mit AKP-Vereinen, sondern hat(te) auch islamistische Aktivisten von Mili Göros und den Muslimbrüdern in ihren Reihen. Diese Entwicklung ist auch einer von zwei wesentlichen Gründen für ihren Niedergang. Der erste ist selbstverständlich, dass die Sozialdemokratie noch weniger als früher Arbeiter/innen/interessen gegenüber dem Kapital konsequent vertritt (sondern als konzern- und bankfreundliche Systemverwalterin agiert). Der zweite Grund ist aber eben die Tatsache, dass die SPÖ von der Mehrheit der einheimischen und aus Osteuropa zugewanderten Arbeiter/innen als die Partei der Islamisierung wahrgenommen wird. Solange sich an diesen beiden Dingen – fehlende Klassenkampfpolitik und Förderung der Islamisierung – nichts ändert, wird der Niedergang von SPÖ/SPD weitergehen und sind diverse Marketingdebatten der Parteiführungen sinnlos.
Diese Parteiführungen bestehen schon lange nicht mehr aus Arbeiter/innen, die irgendwann Gewerkschafter/innen geworden und schließlich in der Sozialdemokratie aufgestiegen sind. Es handelt sich hingegen fast durchgehend um Managertypen aus der Wirtschaft oder dem Bildungssektor und um ehemalige studentische, mehr oder weniger linke Aktivist/inn/en, die dann im sozialdemokratischen Apparat Karriere gemacht haben. Sie sind auf den Unis und von der dortigen Ideologie politisch geprägt und unterscheiden sich kaum mehr von den Funktionär/inn/en der Grünen. Ihre gemeinsame Ideologie des Multikulturalismus geht davon aus, dass das Ergebnis der außereuropäischen Massenzuwanderung eine bunte Vielfalt von ethnischen Gruppen und Kulturen mit einem grenzlosen Mix an Identitäten sein werde, was dann gerne als „Diversity“ bezeichnet wird. Diversity ist ein kapitalistische Managementkonzept, dass die Vielfalt der „Human Ressources“ für den jeweiligen Konzern nutzbar machen will und das schließlich ideologisiert auf die Gesellschaft umgelegt wurde. Sozialdemokratie, Grüne und linke Szene haben in den letzten Jahrzehnten eine klassenkämpferische Ausrichtung auf die Arbeiter/innen/klasse längst durch so genannte „Identitätspolitik“ ersetzt. Dabei wird jede nationale, kulturelle, religiöse, altersmäßige, geschlechtliche und lebensstilspezifische Identität als positiv und schützenswert angesehen – außer die ethnokulturelle Identität der einheimischen österreichischen oder deutschen Bevölkerung, die infrage oder in ein reaktionäres Eck gestellt und verhöhnt wird. Sozialdemokratische Repräsentant/inn/en können das mit Rücksicht auf ihre Basis weniger offen, aber ihr Grundverständnis unterscheidet sich kaum von dem der Grünen und dem Großteil der linken Szene. Zu einer marxistischen Herangehensweise im Sinne der Lohnabhängigen (siehe unseren Text „Über Selbstbestimmungsrecht und ‚We love Volkstod‘“) sind sie alle nicht in der Lage oder willens.
Insgesamt befindet sich die Linke (in Sozialdemokratie, Grünen, NGOs und linker Subkultur) heute in einer Art „Querfront“ mit dem Großkapital. Für sie geht es kaum mehr um den Kampf der Lohnabhängigen gegen die Konzerne und Banken, sondern viele von ihnen definieren „Linkssein“ vorrangig über „Antirassismus“ und „Refugee Welcome“. In der Folge sind die in der Theorie linksradikalen Kritiker/innen des Kapitalismus de facto in einem Bündnis mit den aggressivsten neoliberalen Teilen des Kapitals und den herrschenden Cliquen von Merkel, Juncker, Sutherland und Soros gelandet – als ideologische Nachhut und schrille Hilfstruppe. Ein Großteil dieser linken Milieus wird wohl nicht leicht mit dem neoliberalen Kapital und seinem aktuellen Projekt brechen, denn sie sind nicht nur ideologisch, sondern auch materiell (über Posten in Parteien und auf Unis, Förderungen für NGOs etc.) daran gebunden, und die meisten sind so weit von der Arbeiter/innen/klasse abgehoben, dass sie den gegenteiligen Druck von dieser Seite kaum spüren. Erst dann, wenn die kleinbürgerlich-liberalen Wohlfühlzonen und die linken Subkulturen selbst von islamistischen Übergriffen (gegen Frauen, gegen Homosexuelle etc.) betroffen sein werden, wird sich das teilweise ändern.
Linke Dogmen und Diskussionsverbote
Wie festgefahren die Linke hier ist, zeigt auch ihre mangelnde Diskussionskultur zu diesen Fragen. Zuwanderer/innen und besonders Muslime werden fast durchgängig (auf eine paternalistische Weise) als arme Opfer dargestellt, die nie Böses im Sinne haben; das reicht bis zu diversen Fernsehkrimis, wo schlussendlich nie die islamischen Migrant/inn/en die Täter sind, sondern irgendwelche einheimischen Halb-Nazi-Fieslinge. Naive orientalistische Beschönigungen mischen sich mit Verdrängungen von all den reaktionären Elementen der muslimischen Kulturen; frauenfeindliche, homophobe, antisemitische, gewalttätige und religiös-extremistische Einstellungen und Verhaltensweisen von Muslimen werden (immer unglaubwürdiger) verschleiert. Statt offener Auseinandersetzung regieren bei den meisten Linken moralisierende Diskussionsverbote. Wer an diesen linken, halbreligiösen Tabus rüttelt, dem droht soziale Ausgrenzung, der wird, ohne auf sachliche Argumente einzugehen, sehr schnell und emotionalisiert in das Eck von Rassismus oder gar Nazismus gestellt. Diese Mechanismen gehen weit über die linke Szene hinaus; in vielen Bereichen (im Bildungs- und Kultursektor sowieso, aber auch im öffentlichen Dienst oder in Firmen, in denen kleinbürgerlich-studierte Milieus den Ton angeben) sind kritische Dinge über den Islam oder die Merkelsche Zuwanderungspolitik kaum sagbar. Es drohen Stigmatisierung, Zerstörung der beruflichen Existenz bis hin zu gewaltsamen Übergriffen.
Das beschriebene totalitäre Klima in der heutigen „liberalen“ Gesellschaft trifft auch prominente Personen, wenn sie sich in diesen Fragen gegen das Establishment stellen. Das gilt auch und besonders dann, wenn diese Personen aus der Linken kommen – gerade dann soll offenbar ein Exempel statuiert werden, das andere davon abhalten soll, die vorgegebenen Multikulturalismus-Dogmen öffentlich zu hinterfragen. Beispiele sind etwa der ehemalige SPD-Politiker Thilo Sarrazin oder Rolf Peter Sieferle (ehemaliger marxistischer SDS-Aktivist, Uniprofessor, Spezialist für Energie- und Umweltgeschichte und Berater der deutschen Regierung für den Atomausstieg), die nach der Veröffentlichung ihrer zur Migrationspolitik kritischen Bücher „Deutschland schafft sich ab“ bzw. „Das Migrationsproblem“ zu Rechtsextremisten erklärt und geächtet wurden.
Ein prominenter Vertreter dieser öffentlichen Ächtung von Islamisierungskritikern ist Deniz Yücel. Der Welt-Journalist, der früher für die antideutsche Jungle World gearbeitet hatte und für den die Merkel-Regierung bevorzugt interveniert hatte, um ihn aus türkischer Haft zu befreien, schrieb 2011 in der TAZ als Reaktion auf Sarrazins Buch: „Der baldige Abgang der Deutschen ist Völkersterben von seiner schönsten Seite. Mit den Deutschen gehen nur Dinge verloren, die keiner vermissen wird. Etwas Besseres als Deutschland findet sich allemal.“ Über Sarrazin selbst äußerte der gefeierte Vorzeige-Journalist Yücel: „Buchautor Thilo S., den man, und das nur in Klammern, auch dann eine lispelnde, stotternde, zuckende Menschenkarikatur nennen darf, wenn man weiß, dass dieser infolge eines Schlaganfalls derart verunstaltet wurde und dem man nur wünschen kann, der nächste Schlaganfall möge sein Werk gründlicher verrichten.“ Sämtliche etablierte Parteien und System-Medien, die die Zensur-Gesetze von Heiko Maas gegen angeblichen Hate-Speech von Kritiker/innen unterstützen, verteidigten Yücels Aussagen als angebliche „Satire“ und journalistische Freiheit.
Wie weit die politisch-mediale Stigmatisierung von Kritiker/inne/n der Merkelschen Politik geht, zeigen die Fälle von Schwarzer und Wagenknecht. Die Feministin Alice Schwarzer, die die Islamisten als „die Faschisten des 21. Jahrhunderts“ bezeichnet hatte, wurde umgehend von etlichen in die Ecke des Rechtspopulismus gestellt. Um hier nicht falsch verstanden zu werden: An etlichen Positionen von Schwarzer gibt es (ebenso wie an den Büchern von Sarrazin und Sieferle) etliche Dinge zu kritisieren (und zwar nicht nur den fehlenden Klassenstandpunkt), aber sie sollten sachlich diskutiert werden, statt ihnen mit schriller Empörung zu begegnen oder den Leuten einen Schlaganfall-Tod zu wünschen. Selbst Sahra Wagenknecht (Die Linke), eine der wenigen Personen mit marxistischem Selbstverständnis, die der Massenmigration nach Deutschland kritisch gegenüber stand, wurde von vielen Linken inner- und außerhalb ihrer Partei sofort reflexartig in die Nähe der AfD gerückt.
Durch diese Methoden werden bisherige Linke, die Kritik am Multikulturalismus üben, wie Ketzer/innen behandelt und in ihrer Isolation in die Arme der Rechten getrieben (was den Inquisitor/inn/en der Refugee-Welcome-Linken dann als Bestätigung dient, dass man Recht gehabt habe, dass das ja wirklich arge Rechte seien). Das trifft sogar Politiker/innen oder Autor/innen, die selbst aus dem islamischen Kulturkreis stammen, sich aber kritisch äußerten, etwa den ehemaligen Grünen-Politiker Efgani Dönmez, der schließlich bei der ÖVP gelandet ist, die Feministin Zana Ramadani, die angesichts der Ablehnung seitens der Linken Mitglied der CDU ist, oder den erfolgreichen linken Filmemacher Imad Karim, der nach seiner Islamkritik und seiner darauffolgenden gesellschaftlichen Ächtung bei der Bundestagswahl 2017 AfD wählte.
Statt mit Islamkritiker/innen (genannt seien auch Necla Kelek, Ralph Ghadban, Ahmad Mansour, Bassam Tibi oder Hamed Abdel-Samad), die aufgrund von Drohungen von Islamisten oftmals unter Polizeischutz leben müssen, zu diskutieren und ihnen eine Bühne zu geben, behandeln große Teile der multikulturalistischen Linken und Liberalen die Vertreter/innen von reaktionären Islamverbänden als ihre Gesprächspartner/innen und werten sie immer mehr auf. Während diese religiösen Eiferer so zunehmend mehr Raum in der Gesellschaft bekommen, gehen soziale Ausgrenzung und Stigmatisierung der Skeptiker/innen der Islamisierung weiter. Innerhalb der Linken ist vielfach kaum eine offene und sachliche Diskussion möglich; wie in religiösen Sekten ist moralische Entrüstung vorherrschend. Das hat zwar kurzfristig den gewünschten Effekt, dass die sozialen Kosten einer kritischen Meinungsäußerung hoch gehalten werden und so manche deshalb ihr Unbehagen lieber doch nicht äußern. Längerfristig wird das für die Dogmatiker/innen in diesen linken Szenen allerdings fatal sein, denn die Realitäten werden sich immer weniger verschleiern lassen, die Multikulturalist/inn/en werden immer mehr zu einer weltfremden Sekte mutieren (wenn sie sich nicht völlig dem Islam anpassen) und zu immer fanatischeren Durchhalteparolen Zuflucht nehmen – bevor ihre Diversity-Illusion zwischen erstarkendem Islamismus und Widerstand der europäischen Indigenen und säkularen Migrant/inn/en zerbricht.
Marxistische Alternativen
Widerstand gegen die zunehmende Islamisierung wird stattfinden, getragen von großen Teilen der einheimischen (überwiegend lohnabhängigen) Bevölkerung, von osteuropäischen Immigrant/inn/en und auch von säkularen Islamismus-Gegner/innen aus muslimischen Ländern. Die Frage ist, in welche politische Richtung er gehen wird. In diesem Widerstand wird es sicherlich konservative Kräfte geben, die das christliche Abendland verteidigen wollen, aber auch fortschrittliche Kräfte, denen es um Säkularität, Frauenrechte etc. geht. Welche Kräfte werden dominieren? Da sich die Linke und die offizielle Arbeiter/innen/bewegung nicht in diesen Kampf einbringen, sind bislang eher die konservativen Strömungen vorherrschend. Wie Didier Eribon in seinem Buch „Rückkehr nach Reims“ schreibt, haben die „linken Parteien mit ihren Partei- und Staatsintellektuellen“ immer mehr für die und mit den Regierenden gesprochen und ist die Hinwendung zu FN, AfD oder FPÖ „eine Art politische Notwehr der unteren Schichten“, ein Versuch der Verteidigung kollektiver Identität und Würde – gegen Globalismus und Islamisierung. Die allermeisten Linken haben sich in ihrer Praxis nicht nur von der Arbeiter/innen/klasse verabschiedet, kaum eine/r von ihnen bringt den Mund gegen das globalistisch-neoliberale Projekt des Multikulturalismus auf. Von der sozialdemokratischen, grünen und universitär geprägten linken Szene ist auch kaum eine Änderung ihrer Haltung zu erwarten.
Es wird deshalb viel davon abhängen, ob es marxistischen Kräften gelingen kann, hier – unabhängig von der politisch und teilweise auch materiell an das Establishment gebundenen Linken – einen eigenständigen politischen Pol zu bilden, Teile der Arbeiter/innen/klasse um sich zu formieren und den Kampf gegen die Islamisierung mit Klassenkampf gegen das Großkapital und sein politisches Establishment zu verbinden. Dabei wiederum stellt sich die Frage, um welche politische Linie ein solcher Pol gebildet werden muss. Abgesehen von einer Kritik an der herrschenden Politik und der Ausrichtung der Linken und offiziellen Arbeiter/innen/bewegung (die wir mit diesem und anderen Texten zu leisten versuchen), sind auch positive Alternativen notwendig, die wir hier zu skizzieren versuchen. Da konkrete Taktiken und detaillierte Forderungen der Tagespolitik immer vom Kräfteverhältnis der beteiligten politischen Strömungen abhängen müssen, können wir hier nur Grundlinien angeben.
Die Voraussetzungen einer marxistischen Position sind das Anerkennen und Verstehen der wesentlichen Realitäten, insbesondere der Hintergründe der neoliberalen Migrationspolitik und die Interessen des Kapitals (siehe „Gangs of New York“) und der – bei ungebrochener Entwicklung – wahrscheinlichen Perspektive einer Islamisierung Europas (siehe „Multikulturalismus, Kalifat oder Bürgerkrieg?“). Das wiederum erfordert Positionierungen zu Islam/Islamismus, Massenmigration und einem Recht auf ein ethnokulturelles Überleben der europäischen Völker. Der Islamismus muss als eine totalitäre, faschismusartige Bewegung verstanden werden (wir haben das in diesem und anderen Texten bereits angedeutet und werden das noch genauer ausführen). Warum Marxist/inn/en und die Arbeiter/innen/bewegung das nationale Selbstbestimmungsrecht auch für die europäischen Völker anerkennen sollten, haben wir in unserem Text „Über Selbstbestimmungsrecht und ‚We love Volkstod‘“ erklärt.
Anders als die Pro-Migrations-Lobbys es darstellen, ist Massenmigration überwiegend nichts Positives. Für die Migrierenden hat der Aufenthalt in Europa zwar materiell Vorteile, ist aber auch mit Risiken, einer Trennung vom bisherigen Umfeld und meist einem sozialen Abstieg verbunden. Für die Herkunftsländer gibt es zwar einen Devisentransfer, aber auch den Abgang von jungen fitten Männern durch eine Art Ventil, die Verzögerung von notwendigen gesellschaftlichen Kämpfen zur Modernisierung und letztlich die fortgesetzte Stagnation der dortigen Gesellschaften. Für die Zielländer bedeutet die außereuropäische Massenimmigration vor allem enorme Kosten und massive gesellschaftliche Konflikte. Marxist/inn/en sind gegen diese von der imperialistischen Ausbeutung dieser Länder ausgelöste und vom Establishment der EU und der USA geförderte Massenmigration. Die „Hilfe für Flüchtlinge“ entpuppt sich bei genauerem Hinsehen überwiegend als Alimentierung von jungen, fitten Männer aus der Mittelschicht, deren Clans die Migration nach Europa finanzieren konnten.
Demgegenüber sollten Marxist/inn/en dafür eintreten, dass diese Gelder vor Ort in den armen Ländern eingesetzt werden, wo mit denselben Summen die 30-50-fache Anzahl von Menschen versorgt und wo vor allem nicht in erster Linie die dortige Mittelschicht, sondern die Lohnabhängigen und die ganz Armen erreicht werden können. Aus Bürgerkriegsländern sollte eine sozialistische Flüchtlingspolitik die Ärmsten der Armen in Sicherheit bringen, nämlich Kinder, Frauen, Alte, Kranke und Verletzte aus der Arbeiter/innen/klasse und anderen armen Schichten. Letztlich sollte die Migration unter Arbeiter/innen-Kontrolle gestellt werden, unter die direkt-demokratische Kontrolle im Rahmen einer marxistischen Arbeiter/innen/bewegung (nicht unter die von neoliberalen sozialdemokratischen Funktionären!). Islamist/inn/en und ihrer konservativ-islamischen Peripherie sollte hingegen die Einwanderung verwehrt werden – auch im Sinne des Selbstbestimmungsrechts der europäischen Völker, auch zum Schutz der säkularen Migrant/inn/en, die sich vor islamistischer Verfolgung tatsächlich ins laizistische Europa gerettet haben. Die Kosten für die Asylwerber/innen (in Österreich etwa 2 Milliarden Euro pro Jahr) sollten nicht durch die Allgemeinheit getragen werden, sondern durch die Konzerne, die das Elend in der Welt verursachen; und insbesondere sollte das Vermögen von Staaten, die die Bürgerkriege verursacht haben (also von Saudi-Arabien, der Türkei oder den USA) enteignet werden.
Und vor allem sollte die Arbeiter/innen/bewegung dafür eintreten, die Fluchtursachen in den betroffenen Ländern zu bekämpfen, dort gute Lebensbedingungen zu schaffen und in Bürgerkriegen sozialistische Milizen der Arbeiter/innen/klasse zu unterstützen oder aufzubauen. Notwendig sind dabei eine Reihe von politischen Forderungen, speziell im Verhältnis Europas zu Afrika und dem islamischen Raum. Die Arbeiter/innen/bewegung muss gegen die ökonomische Ausbeutung dieser Länder durch westliche Konzerne auftreten, für das Ende der Handelsabkommen, die dort Landwirtschaft und Fischerei ruinieren, für Rückzug aller westlichen Truppen aus islamischen und afrikanischen Ländern, für eine Beendigung der westlichen Unterstützung für die Regime in Saudi-Arabien, der Türkei etc. Mit abgeschöpften Milliarden aus Spekulations- und Konzerngewinnen sollten die ökonomische Entwicklung der rückständigen Länder und die Grundversorgung für die wirklich armen Bevölkerungsteile sichergestellt werden. Mit einer Förderung von staatlichen Anreizen sollten in den afrikanischen und islamischen Ländern eine Bevölkerungspolitik nach chinesischem Vorbild (wenige Kinder, garantierte medizinische und Lebensmittelversorgung) unterstützt werden, um Kindersterblichkeit, Armut, demographischen Druck und die ökologischen Folgen zu bekämpfen.
Klassenkampf gegen Islamisierung
Von diesen Grundpositionen ausgehend stellt sich die Frage, wie und mit welchen Methoden demokratische und soziale Errungenschaften der Lohnabhängigen, der Frauen, das ethnokulturelle Selbstbestimmungsrecht der europäischen Indigenen usw. gegen den aggressiven Islamismus verteidigt werden können. Zuallererst ist es wichtig, sich das marxistische Grundverständnis in Erinnerung zu rufen, dass nicht irgendwelche deklassierten, lumpenproletarischen Schichten oder ein Sammelsurium von zivilgesellschaftlichen Individuen die Subjekte für eine Überwindung der kapitalistischen Ausbeutung sind, sondern die Arbeiter/innen/klasse, insbesondere in den großen Betrieben.
Für die Arbeiter/innen/klasse ist es wichtig, den Widerstand gegen die Islamist/inn/en in eine klassenkämpferische Richtung zu entwickeln. Das heißt erstens, sie darf den Widerstand gegen das Globalisierungsestablishment nicht auf die Fragen von Islamisierung und Selbstbestimmungsrecht beschränken, sondern muss sie mit einem Kampf gegen den globalen neoliberalen Kapitalismus verbinden; Marxist/inn/en müssen unter den Lohnabhängigen klar machen, dass die geförderte Massenmigration und die Islamisierung nur ein Teil des Angriffs der globalistischen Kapitalist/inn/enklasse auf die Arbeiter/innen sind und nicht für sich genommen besiegt werden können.
Und zweitens hat das Folgen für die Kampfmethoden: Natürlich ist ein kombinierter Kampf gegen Islamisierung und den neoliberalen globalisierten Kapitalismus ziemlich vielschichtig. Er darf, um im Sinne der Lohnabhängigen erfolgreich zu sein, nicht auf Wahlen und politische Propaganda beschränkt bleiben, sondern muss insbesondere die Selbstorganisation der Arbeiter/innen, Streiks und andere Klassenkampfaktivitäten gegen die Großkonzerne beinhalten, denn das sind die Dinge, die die Kapitalist/inn/en im Kern treffen, nämlich bei ihrem Profit. Auch beim Widerstand gegen islamistische Machtansprüche im öffentlichen Raum, gegen Gewaltkriminalität und sexuelle Übergriffe von Banden junger Muslime sollte die Arbeiter/innen/klasse auf Selbstorganisation setzen, etwa auf Selbstschutzgruppen aus Aktivist/inn/en der Arbeiter/innen/bewegung, darunter möglichst viele Frauen und möglichst auch fortschrittliche Menschen mit Wurzeln in Afghanistan, der Türkei oder arabischen Ländern.
Der Islamismus, der mit politischen Ansprüchen auftretende Islam, sollte von den europäischen Gesellschaften und insbesondere der Arbeiter/innen/bewegung als das behandelt werden, was er ist, nämlich eine faschismusartige Bewegung. Ebenso wie neonazistische Gruppierungen muss der Islamismus zerschlagen werden, also islamistische Verbände, Vereine etc. aufgelöst und islamistische Aktivitäten unterbunden werden. Das würde wohl einen Großteil der islamischen Strukturen betreffen, all jene, die in der Realität die Vorschriften des Korans, das Gebot zur weltweiten Ausdehnung des Islam und die Scharia über die Fundamente der säkularen Gesellschaft stellen. Sämtliche Personen, die sich daran nicht halten, sollten des Landes verwiesen oder inhaftiert werden.
Mit wem sind im Widerstand gegen einen islamistischen Faschismus und bei der Verteidigung des ethnokulturellen Überlebens der europäischen Völker für marxistische Kräfte Bündnisse möglich? Mit bürgerlichen Kräften, die sich diesen Widerstand auch auf die Fahnen geschrieben haben, sollte die Arbeiter/innen/klasse das nur in gemeinsamen Aktivitäten wie Demonstrationen oder Abstimmungen tun, sie muss aber immer ihre politische Eigenständigkeit aufrechterhalten. Das heißt, solche Bündnisse dürfen nicht den Charakter einer „Volksfront“ annehmen, sie dürfen keine politische Unterordnung unter die bürgerlichen Kräfte zur Folge, sondern die beteiligten Organisationen der Lohnabhängigen müssen ihre Klassenkampfmethoden beibehalten. Nur wenn die bürgerlichen Kräfte das zulassen und die politische Eigenständigkeit der Arbeiter/innen/organisationen anerkennen, sind zeitweilige taktische Bündnisse gerechtfertigt.
Eine sehr wichtige Rolle im Kampf gegen eine Islamisierung der Gesellschaft können Exilorganisationen der Arbeiter/inn/enbewegung und säkulare Kräfte aus muslimischen Ländern spielen. Im Gegensatz zu vielen naiven europäischen Linken wissen sie nur zu genau, was es bedeutet, wenn Islamisten an die Macht kommen. Sie haben in ihren Herkunftsländern den Terror der Islamisten hautnah erlebt und sind auch in Europa unter den ersten, die als „Verräter“ von den hiesigen islamistischen Netzwerken bedroht werden. Bei den letzten Nationalratswahlen in Österreich 2017 haben etliche säkulare und so manche eigentlich linke Türk/inn/en oder Kurd/inn/en sogar FPÖ gewählt – als verzweifelte Notwehrmaßnahme gegen eine SPÖ-Politik, die den Verbänden der AKP und der Muslimbrüder den Weg bereitet. Für eine marxistische Arbeiter/innen/bewegung, die wirklich gegen den Islamismus vorgeht, wären viele der säkularen Immigrat/inn/en aus der Türkei, dem Iran oder dem arabischen Raum sicherlich ansprechbar. Viele von ihnen würden zu den konsequentesten und kämpferischsten Aktivist/inn/en gegen die islamistischen Faschist/inn/en zählen. Besonders wichtig sind dabei natürlich Exilorganisationen der Arbeiter/innen/bewegung (aus der Türkei, dem Iran…), die nicht nur Erfahrungen haben, sondern auch über Strukturen verfügen. Und durch konsequenten Klassenkampf in den Betrieben, um die gemeinsamen Interessen von Lohnabhängigen, können zumindest in der Minderheit der Muslime, die erwerbstätig ist, manche vom religiösen Konservativismus weg für die Arbeiter/innen/bewegung gewonnen werden.
Wichtig sind aber auch säkulare und linke Intellektuelle wie Bassam Tibi, Ahmad Mansour, Hamed Abdel-Samad, Ralph Ghadban oder Necla Kelek (und selbst Efgani Dönmez oder Zana Ramadani), die unerfreuliche Wahrheiten über die Islamisierung viel offener aussprechen als die meisten einheimischen Intellektuellen – ihnen müssen Marxist/inn/en die Hand reichen, um sie für eine fortschrittliche Bewegung gegen den Islamismus zu gewinnen. Exilorganisationen der Arbeiter/innen/bewegung und die genannten Intellektuellen können gemeinsam noch weitere wichtige Dinge beitragen: Einerseits können sie gemeinsam, als Teil einer breiteren marxistisch-säkularen Bewegung der Arbeiter/innen/klasse gegen den Islamismus, einen Bezugs- und Anziehungspunkt für Menschen aus muslimischen Ländern sein, denen die Islamist/inn/en auch nicht zusagen, und vielleicht sogar welche aus der Peripherie des Islamismus gewinnen. Andererseits wäre die prominente Beteiligung von diesen marxistischen und säkularen Aktivist/inn/en an einer anti-islamistischen Bewegung ein klares Statement, dass der Kampf gegen einen islamischen Faschismus nichts mit Rassismus gegen Menschen mit Wurzeln in muslimischen Ländern zu tun hat.
Ein weiterer bedeutender Faktor ist die Arbeiter/innen/bewegung im islamischen Raum. In Ländern wie Ägypten, der Türkei oder Indonesien gibt es immer wieder Arbeiter/innen/kämpfe. Zurzeit ist nicht absehbar, dass die Lohnabhängigen dort die Machtfrage stellen und damit die regressive vormoderne islamische Perspektive in der Gesellschaft durch eine sozialistische ersetzen können. Aber immerhin zeigen diese Kämpfe, dass es auch in muslimischen Ländern positive Kräfte der Arbeiter/innen/bewegung gibt, die von der Arbeiter/innen/bewegung in Europa unterstützt werden sollten. Diese Unterstützung durch europäische Gewerkschaften und andere Arbeiter/innen/organisationen sollte eine materielle, juristische und politische Ebene haben und insbesondere Arbeitskämpfe verteidigen und fördern. Wenn es der Arbeiter/innen/bewegung in den muslimischen Ländern gelingt, auf die soziale Frage klassenkämpferische Antworten zu entwickeln und den Ausgebeuteten zunehmend eine sozialistische Perspektive zu geben, wäre das auch ein wichtiges politisches Gegengewicht zu den Islamist/inn/en. Eine solche Entwicklung in einigen islamisch geprägten Ländern wäre nicht nur für die Menschen dort ein positiver Ausweg aus der rückwärtsgewandten Sackgasse des Islamismus, sondern könnte auch bei den muslimischen Migrant/inn/en in Europa die politische Großwetterlage verändern.
Die Voraussetzung ist aber da wie dort, dass die Arbeiter/innen/bewegung eine klare Frontstellung gegen den faschistischen Islamismus einnimmt und konservativ-islamische Vorstellungen nicht länger als kulturelle Eigenart beschönigt. Dabei kann sich jede/r Einzelne mit einem antikapitalistischen Selbstverständnis entscheiden, ob er/sie Teil des Problems oder Teil der Lösung ist.
(verfasst im Januar und Februar 2018, einige spätere Ergänzungen)
[1] Anmerkung der Redaktion: Vgl. hierzu Hartmut Krauss: Ist der Islam faschistisch? Oder ist er aus sich selbst heraus ohne europäische Begriffsanleihe genügend negativ bestimmt? https://www.atheisten-info.at/downloads/Krauss37.pdf